AboAbonnieren

Wort zum SonntagWas man von Papst Franziskus lernen kann

Lesezeit 2 Minuten
Vatikan, Vatikanstadt: Papst Franziskus kommt zu seiner wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz und hält seine Kappe fest.

Papst Franziskus kommt zu seiner wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz und hält seine Kappe fest.

Papst Franziskus hat erkannt, dass das Weiterleben der Kirche nicht mehr nur ein Um-Denken erfordert, sondern vielmehr ein Anders-Denken, ein Neu-Denken.

Der Mann redet sich noch um Kopf und Kragen. Dieser Satz ist in den letzten Wochen oft zu hören, wenn man auf den Papst zu sprechen kommt. Doch stimmt das?

Auf den ersten Eindruck hin: ja. Papst Franziskus lässt hie und da Bemerkungen fallen, die nicht nur die vatikanischen Diplomaten zum Schwitzen bringen. Auch Bischöfe beschweren sich. Und wenn dann doch ein verbales Zurückrudern fällig wird, vermag selbst das „Gottesvolk“ seinem Ober-Hirten kaum noch zu folgen.

Was dem Papst scheinbar aber so unreflektiert über die Lippen kommt, hat System. Franziskus versucht offenbar mit seinen so leichthin dahergesagten Bemerkungen, das in vielen christlichen Köpfen immer noch verfestigte und unreflektierte Denken von Gewohnheiten, Vorurteilen, Angst und Unkenntnis aufzubrechen. Jorge Bergoglio hat in Südamerika sehr früh und hautnah in den leidvoll durchlebten Erfahrungen der Menschen, die Umbrüche in der Gesellschaft verfolgen können. Noch vor den Europäern, die durch anhaltende Bedrohungen im „Kalten Krieg“ versucht waren, die Augen vor den aufbrechenden gesellschaftlichen Veränderungen zu verschließen. Papst Franziskus hat erkannt, dass das Weiterleben der Kirche nicht mehr nur ein Um-Denken erfordert, sondern vielmehr ein Anders-Denken, ein Neu-Denken.

Traditionen, die, wie der Blick in den Katechismus zeigt, entsprechende enge Parallelen im kirchlichen Gebots- und Verbotsspektrum hatten, haben als tragendes Fundament offensichtlich ausgedient. Auffallendes Beispiel ist die Entwicklung des staatlichen Rechtsdenkens in den zurückliegenden 70 Jahren. Das Jahrhunderte lang immer wieder beschworene „non possumus“ (Uns sind die Hände gebunden) scheint immer noch eine unüberwindbare Hürde zu sein. Der Papst kennt dieses Erbe.

Daher zwingt er der Kirche das propagierte Anders-Denken auch nicht auf. Vielmehr setzt er, etwa mithilfe der anstehenden Synode, auf die selbstheilende Kräfte der Kirche, aus denen sie seit ihrer Gründung lebt. Doch: die Kirche kann nicht gegen die Gesellschaft leben, nur mit ihr. .