Joachim Gerhardt ist Pfarrer an der Lutherkirche in Bonn. Er macht sich Gedanken über die Ehe und was für einen Erfolg nötig ist.
Wort zum SonntagMit „Engelsgeduld“ lässt sich vieles erreichen
58 Jahre verheiratet. Ich bin beeindruckt. Vor mir sitzt das Paar zu Besuch bei meinen Eltern. Viele alte Geschichten werden ausgetauscht. Die Erinnerung hält lebendig. Ein fröhlicher Nachmittag nimmt seinen Lauf. Die großen Lebensfeiern sind besonders vor Augen: Die runden Geburtstage ab 50, das erste Enkelkind und eben die eigene Hochzeit. 58 Jahre ist das her. Im Volksmund „Engelhochzeit“ genannt, erfahre ich.
„Das schaffst du nur mit Engelsgeduld“, sagt die Frau und lächelt weise. „Und wenn du den anderen neben dir als Engel begreifst“, ergänzt ihr Mann, auch mit Augenzwinkern. Viel Lebensweisheit spricht aus diesen Sätzen. Und Dankbarkeit füreinander. Ich höre aufmerksam zu. Man kann ja nur lernen. Ich bin jetzt 23 Jahre verheiratet. Die beiden erzählen, dass sie sich regelmäßig gegenseitig vorlesen, Wichtiges aus der Zeitung, Bemerkenswertes aus einem Buch. „Und wir haben nicht aufgehört, uns dafür zu interessieren, was der andere gerade macht und was ihm wichtig ist“, sagen sie noch. Ihr „Erfolgsrezept“ des Miteinanders. Für Martin Luther war die Ehe ein „weltlich Ding“.
Der Reformator holte die Ehe auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie kann gelingen, sie kann scheitern. Alles menschlich. Das war für Luther aber keine Geringschätzung. Er wollte die soziale Funktion der Ehe stärken, sie aber nicht himmlisch überhöhen. Und darum liegt Segen auf einer Ehe, die durch gute und schlechte Zeiten hindurch hält, Stand hält. Immer wieder auch mit Engelsgeduld und einem Engelslächeln, dass man nicht nur bei Babys sehen kann, sondern auch im hohen Alter. Was für ein Glück.