Jugendliche bereiteten einen Gedenkort auf das Pogromgedenken vor, legten Steine für jüdische Familien nieder und begegnen antisemitischen Stimmungen mit Menschlichkeit.
Wort zum SonntagHaltung gegen Antisemitismus muss in jeder Generation neu gelernt werden
Fast zwei Stunden haben die Jugendlichen, 13, 14 Jahre, richtig angepackt. Säckeweise Laub zusammengekehrt, verbeulte Dosen und manch anderen Müll mehr entfernt. Den großen Stein vom Vogeldreck gesäubert und die Menora, den siebenarmigen Leuchter, geschrubbt.
Die Bitte an die 30 Konfirmanden war: den Erinnerungsort an die 1938 zerstörte Synagoge in unserem Stadt-teil säubern, damit dort heute am 9. Novemberabend das Pogromgedenken stattfinden kann. „Das machen wir“ waren die Konfis spontan bereit. Und der Zuspruch der überraschten Nachbarschaft über so viele aktive Jugendliche beflügelte die Aktion zusätzlich.
Am Ende hat jede und jeder einen kleinen Stein auf den großen in der Mitte gelegt in Gedenken an jüdische Familien, die hier früher, sogar Tür an Tür mit den Großeltern einiger Jugendlicher zusammengelebt haben – bis die Nazis kamen. Stolpersteine auf den Gehwegen rings umher nennen ihre Namen.
Eigentlich unglaublich: Jeder Vierte in NRW hat antisemitische Einstellungen, laut einer aktuellen Studie. Und 82 Prozent der Juden in Deutschland sagen, dass sie sich wieder fürchten, hier als Juden erkannt zu werden.
„Nie wieder!“ – das sagt sich so einfach. Aber eine klare Haltung gegen Antisemitismus muss wohl in jeder Generation neu gelernt werden. Unsere Konfirmandengruppe wird demnächst die neue Synagoge in Bonn besuchen. Wir wollen mehr wissen über jüdisches Leben heute und mit Menschen ins Gespräch kommen.
„Wir pflegen die Menschenwürde“, sagt ein Konfirmand einem Passanten, der interessiert fragt, was wir da gerade tun. Das macht Hoffnung. Der Jugendliche hat schon verstanden, um was geht.