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Wort zum SonntagDas Grundgesetz ist auch der Kirche ein Maßstab des Handelns

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Ein Grundgesetz liegt auf dem Pflaster des Hofes der Nikolaikirche in Leipzig.

Ein Grundgesetz liegt auf dem Pflaster des Hofes der Nikolaikirche in Leipzig.

Das Grundgesetz hat Geburtstag. Das nimmt sich Hartmut Kriege zum Anlass über die Entstehung und Werdung Gedanken zu machen.

Das Grundgesetz hat Geburtstag. Nach langer Vorlaufzeit wurde es am 23. Mai 1949 aus der Taufe gehoben, mit dem ausdrücklichen Versprechen (Präambel), in einem „vereinten Europa, dem Frieden der Welt zu dienen“, und dies „in Verantwortung vor Gott und den Menschen“. Die katholische Kirche machte umgehend Front gegen die neue Verfassung. Trotz intensiver Lobbyarbeit fanden ihre Forderungen beim Parlamentarischen Rat nämlich wenig Gehör.

Allen Ernstes hatten die Bischöfe etwa gefordert, der neue Staat müsse nach den „Bauplänen Gottes geformt und gesetzt“ sein. So sollten die „Heiligkeit der Ehe“, das „Lebensrecht des Kindes und das naturgegebene Erziehungsrecht der Eltern“ verankert werden. Den im Rat vertretenen Parteien, von links bis rechts, saß die Zustimmung zu Hitlers „Ermächtigungsgesetz“ immer noch in den Knochen. Es kam nicht in Frage, erneut nur eine Weltanschauung zu favorisieren.

Aber auch über den Gottesbezug in der Präambel war der Staat nicht erpressbar. Denn diese offene Formulierung beschreibt (nur) die Bindung der Verfassung an überstaatliche Normen. Eine Verpflichtung des Staates auf das Christentum ist daraus nicht ableitbar, wie noch 1999 Jutta Limbach, damals Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, in Erinnerung rief. Das Grundgesetz sei „kein Tugendkatalog“. So könne etwa der Staat der Kirche „nicht zu Hilfe eilen, sollte die Religion an Bedeutung verlieren“.

Heute kann sich die Kirche in Deutschland ein Leben ohne Grundgesetz kaum noch vorstellen, wie man in einer Stellungnahme des Erzbischofs von Berlin nachlesen kann: „Die Grundwerte des Grundgesetzes müssen auch in Zukunft der Maßstab unseres Handelns in Politik und Gesellschaft unseres Landes bleiben.“ Maßstab auch für das Handeln der Kirche?