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Dokumenten-Leak und Insider-BerichtSind das Putins gnadenlose Pläne für die Ukraine – und die neue Weltordnung?

Lesezeit 4 Minuten
Der russische Präsident Wladimir Putin spricht während eines Treffens mit Außenpolitikexperten in Sotschi. (Archivbild)

Der russische Präsident Wladimir Putin spricht während eines Treffens mit Außenpolitikexperten in Sotschi. (Archivbild)

Kiews Geheimdienst berichtet von einem Papier, das Kreml-Pläne für die Ukraine enthält. Auch in Moskau melden sich Insider.

Es ist ein gnadenloser Plan, über den gleich mehrere ukrainische Medien übereinstimmend berichten und der vom russischen Verteidigungsministerium ausgearbeitet worden sein soll. Ein russisches Dokument, das dem ukrainischen Geheimdienst nach eigenen Angaben vorliegt, gibt demnach Auskunft über die russische Vision für die „Lage in der Welt bis zum Jahr 2025“, die Moskau angeblich bald an den designierten US-Präsidenten Donald Trump übermitteln will. Und Moskau hat demnach nicht nur für die Ukraine konkrete Vorstellungen.

Der russische Plan sehe vor, die Existenz der Ukraine in ihrer jetzigen Form zu „beseitigen“, berichtete die ukrainische Nachrichtenagentur Interfax. Russland will das Nachbarland, das es seit 2014 angreift, demnach in drei Teile zerschlagen.

Geheimdienst lanciert russischen Plan für die Ukraine

Ein Teil der Ostukraine und die Krim-Halbinsel, von Moskau als „Neue Regionen Russlands“ bezeichnet, sollen gänzlich Russland zufallen. Daneben soll eine „pro-russische staatliche Einheit“ entstehen, zu der ein großer Teil der jetzigen Ukraine inklusive der Hauptstadt Kiew gehören sollen. Moskau will dort offenbar einen treuergebenen Vasallenstaat als Puffer erschaffen, der ähnlich wie Belarus an Moskau gebunden wäre.

Zuletzt sieht der Plan in den russischen Dokumenten einen dritten Teil vor, der als „umstrittene Gebiete“ bezeichnet wird und die jetzige Westukraine umfasst. Über die Zukunft dieses Territoriums könnten die Nachbarstaaten Ungarn, Polen und Rumänien entscheiden, heißt es laut den ukrainischen Geheimdienstquellen weiter in dem Kreml-Dokument.

Angebliches Kreml-Dokument: Vier Szenarien für die Zukunft

Neben der genauen Aufteilung der Ukraine habe Moskau den Unterlagen auch die „Entwicklung der internationalen Prozesse in vier Hauptszenarien“ vorhergesagt. Zwei der Zukunftsvisionen würde der Kreml demnach als günstigen Ausgang für Russland betrachten.

In den Szenarien „Bildung einer multipolaren Welt und Aufteilung der Einflusssphären durch die führenden Akteure“ und „Regionalisierung/Chaos“ ist demnach ein „Sieg über die Ukraine“ und eine davon ausgehende „akzeptable“ Entwicklung der Weltlage vorgesehen.

Einfrieren des Krieges für Moskau offenbar eine Niederlage

Sollte der Krieg in der Ukraine jedoch eingefroren werden oder gar mit einer russischen Niederlage enden, seien die beiden von Moskau als „ungünstig“ betrachteten Szenarien denkbar: Zum einen die „Vorherrschaft der USA und des Westens“, zum anderen „Chinas Aufstieg zur führenden Weltmacht“.

Während in Kiew die vom Geheimdienst offenbar erbeuteten Informationen aus russischen Dokumenten durchsickerten, äußerten sich in Moskau einige Kreml-Insider gegenüber der amerikanischen Nachrichtenagentur Reuters zu den Plänen von Wladimir Putin.

Kreml-Insider schildern Wladimir Putins Bedingungen

Die Angaben der fünf „aktiven und ehemaligen russischen Regierungsvertreter“, auf die Reuters sich bezieht, widersprechen den von Kiew geleakten Geheimdienstinformationen nicht. Der Kremlchef sei für Verhandlungen mit Donald Trump unter der Bedingung bereit, dass Russland große Teile der Ukraine behalten kann und die Ukraine jegliche Nato-Ambitionen aufgibt, erklärten die Insider demnach.

Die jüngste Entscheidung, der Ukraine den Einsatz westlicher Raketen gegen Ziele in Russland zu erlauben, könne Moskaus Forderungen jedoch noch einmal „verschärfen“, berichteten die Quellen. Sicher sei unabhängig aktueller Entwicklungen jedoch, dass Putin die Krim nicht mehr hergeben werde.

Kremlchef bleibt bei seinen Maximalforderungen

Auch den „größten Teil“ der derzeit besetzten ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson betrachte Putin nicht mehr als verhandelbar, hieß es weiter. Sollten diese Gebiete Russland zufallen, könne Putin die russische „Spezialoperation“ in der Ukraine in der Heimat als Sieg verkaufen, erklärten die Kreml-Insider laut Reuters.

Der russische Präsident Wladimir Putin inspiziert in Begleitung des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow militärische Trophäen der Nato, die in den Kämpfen in der Ukraine erbeutet wurden. (Archivbild)

Der russische Präsident Wladimir Putin inspiziert in Begleitung des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow militärische Trophäen der Nato, die in den Kämpfen in der Ukraine erbeutet wurden. (Archivbild)

Ob in den vom ukrainischen Geheimdienst lancierten russischen Plänen oder bei den Quellen innerhalb der russischen Regierung wird klar: Putin hat offensichtlich nicht vor, von seinen Maximalforderungen abzurücken. Die nun berichteten Bedingungen ähneln jenen, die der Kremlchef bereits im Sommer aufgestellt hat – und die einer ukrainischen Niederlage gleichkommen.

„Putin hat gesagt, dass Einfrieren in keiner Weise funktionieren wird“

Auch die Propaganda in den russischen Staatsmedien deutet in diesen Tagen weiterhin auf einen harten Kurs des Kremls hin. Dort wird der Ukraine weiterhin regelmäßig das Existenzrecht abgesprochen. Auch eindeutig faschistische Auslöschungsfantasien werden in den TV-Studios der staatlichen Kanäle mitunter diskutiert. Vom designierten US-Präsidenten Trump erhofft man sich bei den Propagandisten derweil, dass er die russischen Wünsche erfüllen wird.

„Putin hat bereits gesagt, dass ein Einfrieren des Konflikts in keiner Weise funktionieren wird“, lautete derweil der offizielle Kommentar von Kremlsprecher Dmitri Peskow gegenüber Reuters zu den Plänen der russischen Regierung. Inoffiziell, so hieß es von den Quellen im Kreml, sei Moskau weiterhin bereit, die Kämpfe in der Ukraine fortzusetzen, sollten Putins Bedingungen nicht erfüllt werden.