Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat AfD-Chefin Alice Weidel zum guten Ergebnis ihrer Partei gratuliert. Wahlsieger Merz bedachte der Regierungschef hingegen nicht.
Welcome to the clubViktor Orbán Glückwunsch an Weidel, Schweigen für Merz

Alice Weidel, die Kanzlerkandidatin der Partei Alternative für Deutschland (AfD), und der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán schütteln sich während einer Pressekonferenz nach ihrem Treffen im Regierungssitz in Budapest die Hände.
Copyright: Foto: Szilard Koszticsak/MTI/AP/dpa
Er habe die Zukunft Deutschlands getroffen, verkündete Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán vor nicht einmal zwei Wochen vollmundig, die von ihm Auserkorene gab die Blumen artig zurück. „Ungarn ist das Bollwerk gegen illegale Migration!“, lobte die Gemeinte, AfD-Chefin und Kanzlerkandidatin Alice Weidel, nach dem Treffen mit dem langjährigen Ministerpräsidenten Ungarns in Budapest Mitte Februar.
Viktor Orbán: Vorreiter des erstarkten Rechtspopulismus in Europa
Doch nicht nur in puncto Migrationspolitik gibt es zwischen Orbans Fidesz-Bewegung und der AfD Überschneidungen. Beide Parteien sind Teil der neuen Rechten, die in den vergangenen Jahren Europas etablierte Altparteien angreifen. Fidesz, AfD & Co. haben Europa politisch nach rechts gerückt. Und sie sind noch lange nicht am Ende ihrer Bemühungen angelangt.
Dabei kommt vor allem Viktor Orbán eine Vorreiterrolle zu: Bereits seit 2010 steht er als Ministerpräsident zum zweiten Mal an der Regierungsspitze seines Landes, den Kurs der Fidesz bestimmt der Parteichef, mit kurzer Unterbrechung, sogar seit mehr als 30 Jahren.
Viktor Orbán gilt unter anderem neben dem niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders (Partij voor de Vrijheid, PVV), dem Österreicher Jörg Haider († 2008, Bündnis Zukunft Österreich, BZÖ) und dem Vater-Tochter-Gespann Jean-Marie († 2025) und Marine Le Pen (Front National, FN) als einer der Vorreiter des gegenwärtigen Rechtspopulismus in Europa. Dass die AfD-Chefin Weidel ihn nach dem Zusammentreffen Mitte Februar ein „großes Vorbild“ nannte, kommt nicht von ungefähr.
Viktor Orbán: Glückwunsch an Weidel, Schweigen für Merz
Während ein Teil der deutschen Wählerschaft ob der Ergebnisse noch damit beschäftigt ist, den vorabendlichen Kater zu verarbeiten, nutzt Orbán den Kurznachrichtendienst X, um Weidel zum Wahlergebnis zu gratulieren. 20,8 Prozent hatte die in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei bei der Bundestagswahl 2025 unter Weidels Führung geholt – das beste Ergebnis bisher und eine Verdoppelung des Stimmanteils im Vergleich zu 2021.
„Guten Morgen Deutschland. Welcome to the club!“, grüßt der Ungar am Montagmorgen in einer Mischung aus Englisch und Deutsch und tweetet einen englischsprachigen Artikel der Deutschen Welle.
Doch keinen, der das gestrige Wahlergebnis zum Thema hat. Denn dessen Überschrift lautet: „Germany: Far right decide vote on anti-migration proposal“ – der verlinkte Artikel behandelt den Vorstoß zu einer geänderten Migrationspolitik, den der damalige Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) Ende Januar mit Stimmen der AfD zur Abstimmung gestellt hatte.
Alice Weidel richtet Kampfansage an Merz
Die Botschaft ist klar: Die Deutschen, so das Signal, seien jetzt auch offiziell im Club derer angekommen, zu dem seine Partei längst zählt: den selbsternannten Verteidigern Europas.
In weiteren Tweets schreibt Orbán: „Das deutsche Volk hat in riesiger Zahl für den Wandel gestimmt.“ Und: „Ich möchte Alice Weidel dazu gratulieren, den Stimmanteil der AfD verdoppelt zu haben.“
Eine Gratulation an den Wahlgewinner und zukünftigen Regierungschef Deutschlands, Friedrich Merz, wie unter Amtskollegen und -kolleginnen eigentlich üblich, blieb von Viktor Orbán auch im weiteren Verlauf des Montags aus.
Die Reaktion Weidels lässt nicht lange auf sich warten. Die AfD-Chefin zeigt sich, ebenfalls auf X, erfreut darüber, nun Teil dieses Clubs zu sein.
An Wahlsieger Merz richtete die AfD noch am Wahlabend selbst eine Kampfansage. Dieser könne seine Versprechen - unter anderem zur Migrationspolitik - nicht ohne die AfD erfüllen. „Unsere Hand wird immer ausgestreckt sein für eine Regierungsbeteiligung, um den Willen des Volkes umzusetzen.“
Viktor Orbán sieht sich seit Jahren Kritik ausgesetzt
Viktor Orbán wird seit Jahren vorgeworfen, Ungarn unter anderem durch die Gleichschaltung der Presse und Justiz zunehmend in einen autoritären Staat verwandelt zu haben. Die LGBT+-Community des Landes sieht sich nach einer Reihe neuer Gesetze zunehmender Diskriminierung ausgesetzt. Unter anderem hat die Regierung ein Gesetz erlassen, mithilfe dessen gleichgeschlechtliche Paare anonym bei den Behörden gemeldet werden können.
Orbán und andere Fidesz-Amtsträger sehen sich zudem regelmäßig schweren Korruptionsvorwürfen ausgesetzt, unter anderem wird ihnen die Veruntreuung von EU-Geldern zur Last gelegt.