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Vermittler Türkei bloßgestelltSchüsse auf Odessa lassen Getreideabkommen wackeln

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Erdogan während einer Rede.

Istanbul – Während russische Kalibr-Marschflugkörper im Hafen von Odessa einschlugen, ließ sich Recep Tayyip Erdogan noch als erfolgreicher Vermittler im Ukraine-Krieg feiern. Das nächste Ziel nach dem Istanbuler Getreide-Abkommen vom Freitag sei ein Friedensschluss zwischen Moskau und Kiew, kündigte der türkische Präsident am Samstag bei einem Auftritt in der türkischen Provinz selbstbewusst an. Doch nun könnte der Getreide-Deal von Istanbul scheitern, bevor das erste Schiff losgefahren ist.

Odessa ist einer von drei ukrainischen Häfen, aus denen laut dem Istanbuler Vertrag bald Getreide exportiert werden soll. Zwei Kalibr-Geschosse wurden nach ukrainischen Angaben über der Stadt abgefangen, zwei weitere trafen den Hafen. Bei dem Angriff gab es demnach Verletzte und Sachschäden. Die ukrainische Regierung erklärte, im Hafen von Odessa lagere Weizen für den Export.

Neue und alte Unsicherheit

Dennoch arbeitet Kiew nach eigenen Angaben an der Umsetzung der Istanbuler Vereinbarungen. Sie sehen Sicherheitsgarantien für Frachter vor, die ukrainisches Getreide ausführen, aber keinen Waffenstillstand. Ein Befehlszentrum in Istanbul mit Vertretern der UN, der Türkei und der beiden Kriegsparteien soll die Ausfuhren koordinieren. Geführt werde die Zentrale auf dem Gelände der Militärakademie in Istanbul von einem türkischen Admiral, meldete die Zeitung „Hürriyet“.

Nach dem Beschuss ist aber unsicher, ob das Zentrum seine Arbeit aufnehmen kann. Erdogans Regierung gab zunächst ein Dementi des Kremls weiter: Russland habe ihm versichert, nichts mit dem Beschuss zu tun zu haben, sagte Verteidigungsminister Hulusi Akar. Als ehemaliger Generalstabschef muss Akar allerdings gewusst haben, dass an der Darstellung etwas nicht stimmen konnte: Nur die russischen Streitkräfte verfügen über Kalibr-Marschflugkörper.

Moskau stellt die Türkei bloß

Gestern folgte die Bestätigung. „Militärische Infrastruktur im Hafen von Odessa“ sei zerstört worden, erklärte das Moskauer Außenamt. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, die von Schiffen abgefeuerten Raketen hätten ein ukrainisches Kriegsschiff und US-Waffenlieferungen an die Ukraine im Hafen getroffen. Moskau stellte die türkische Regierung damit bloß. Die Türkei steht als Vermittler da, der sich entweder vom Kreml täuschen lässt oder russische Angriffe leugnet.

Das Schicksal der Istanbuler Vereinbarung ist nach dem Angriff von Odessa ungewiss. Moskaus Stellungnahmen machten deutlich, dass es sich nicht um ein Versehen handelte – deshalb sind nach Ansicht von Experten weitere Angriffe möglich. Falls sie wie der Beschuss vom Samstag mit der Zerstörung „militärischer Infrastruktur“ begründet werden, würden sie jedoch nicht den Buchstaben des Vertrages widersprechen: Er verpflichtet Ukrainer und Russen lediglich, keine Schiffe oder Hafenanlagen anzugreifen, „die an dieser Initiative teilnehmen“. Derzeit werden aber noch keine Schiffe für den Export beladen.

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Russland könnte versuchen, mit dem Beschuss anderer ukrainischer Häfen den Start der Getreide-Lieferungen zu verhindern, meint Serhat Güvenc, ein türkischer Sicherheitsexperte. Nach Zerstörung weiterer Hafenanlagen könnte die russische Regierung dann argumentieren, dass ukrainische Getreide-Exporte „technisch“ unmöglich geworden seien.

Sollte Russland an der ukrainischen Küste weiter angreifen, werde die Türkei als Vermittler in eine schwierige Lage geraten, so Güvenc. Ankara müsste dann versuchen, Druck auf Russland zu machen, um den Istanbuler Vertrag vor dem Scheitern zu bewahren, hätte aber kaum Möglichkeiten dazu. Darauf wies auch Aaron Stein von der US-Denkfabrik FPRI auf Twitter hin: „Weder die Türkei noch die UN können Sicherheitsgarantien für die Ukraine abgeben.“