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Verstoß gegen Menschenrechte?Europäischer Gerichtshof soll Streit um Streikverbot für Lehrkräfte klären

Lesezeit 2 Minuten
Teilnehmer einer Kundgebung der Bildungsgewerkschaft GEW

Die Lehrer berufen sich auf das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und das Verbot der Diskriminierung.

Angestellte dürfen streiken, Beamte nicht - das haben Gerichte immer wieder festgestellt. Vier Lehrerinnen und Lehrer haben dagegen geklagt.

Verstößt es gegen die Menschenrechte, dass verbeamtete Lehrer in Deutschland nicht streiken dürfen? Diese Frage soll der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) an diesem Donnerstag in Straßburg beantworten.

Worum es in dem Fall geht

Geklagt haben drei Lehrerinnen und ein Lehrer aus verschiedenen Bundesländern in Deutschland. Sie streikten 2009 und 2010 für bessere Arbeitsbedingungen. Doch da sie verbeamtet waren, hätten sie ihre Arbeit nicht niederlegen dürfen. Deswegen wurden gegen sie Disziplinarmaßnahmen verhängt.

Sie klagten sich durch die Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht. Das bestätigte jedoch 2018 das Streikverbot für Beamte. Das Beamtenverhältnis fuße auf einem wechselseitigen System von Rechten und Pflichten und das lasse ein „Rosinenpicken“ nicht zu, hieß es damals. Daraufhin klagten die Lehrer vor dem EGMR. Unterstützt werden sie dabei von der Bildungsgewerkschaft GEW und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).

Was der Gerichtshof für Menschenrechte nun entscheiden kann

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz im französischen Straßburg gehört zum Europarat und ist von der EU unabhängig. Europarat und Gerichtshof setzen sich für den Schutz der Menschenrechte in den 46 Mitgliedstaaten ein.

Die Lehrer berufen sich auf ihre Rechte aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, nämlich das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und das Verbot der Diskriminierung. Sie beklagen, dass das Streikverbot unverhältnismäßig und im Vergleich zu den Lehrern ohne Beamtenstatus diskriminierend sei.

Am Gerichtshof wurde der Fall direkt an die Große Kammer verwiesen, wo mehr als ein Dutzend Richterinnen und Richter aus den Mitgliedsstaaten sitzen. Das ist ein Indiz dafür, dass dem Verfahren besondere Bedeutung zugemessen wird. Verfahren aus Deutschland werden nur selten vor der Großen Kammer verhandelt.

In einem ähnlich gelagerten Fall aus der Türkei entschieden die Richter vor einigen Jahren, dass Beamte streiken dürfen, solange sie keine hoheitlichen Aufgaben bei den Streitkräften, der Polizei oder in der Staatsverwaltung wahrnehmen.

Was das Urteil für Deutschland bedeuten könnte

Der EGMR kann keine Urteile von deutschen Gerichten aufheben. Deutschland hat allerdings die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet, über deren Einhaltung der EGMR richtet. Das bedeutet, dass alle Urteile der Straßburger Richter bindend sind.

Die Menschenrechtskonvention muss demnach berücksichtigt werden. Sollte der Gerichtshof den Lehrerinnen und dem Lehrer Recht geben, könnte das für Deutschland unter anderem eine Geldstrafe bedeuten. (dpa)