Was ist, wenn Donald Trump die Wahl gewinnt? Bricht dann die Hilfe für die Ukraine zusammen? Und was wird aus der Nato? Die Kölner CDU-Abgeordnete Serap Güler sagt, was sie von den Aussagen im US-Wahlkampf hält - und was Deutschland aus ihrer Sicht tun muss.
Serap Güler zum Republikaner-Parteitag„Ich halte nichts davon, Trump und Vance zu verteufeln“
Frau Güler, was für ein Signal sendet Donald Trump mit der Entscheidung für J. D. Vance als Vizepräsidentschaftskandidat?
Sie ist eine Überraschung, weil Vance ja früher ein Trump-Kritiker war. Sie zeigt aber eben auch, dass Trump versucht, ehemalige Gegner einzubinden. Das ist eigentlich ein positives Zeichen. Ich halte nichts davon, Trump und Vance zu verteufeln. Wir müssen uns vielmehr ernsthaft damit beschäftigen, dass es ja sein könnte, dass Trump die Wahl gewinnt. Wir sollten unsere Vorbehalte ein bisschen runterschrauben, um das Verhältnis mit den USA nicht von Anfang an zu belasten. Das wäre für uns noch mehr von Nachteil als für die USA, gerade sicherheitspolitisch.
Viele Beobachter schauen einfach besorgt auf Aussagen wie die von Herrn Vance, der die Ukraine-Hilfen komplett einstellen will.
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Das ist ja alles richtig, aber wir dürfen nicht vergessen, dass in den USA Wahlkampf herrscht und danach nicht alles so umgesetzt werden wird, wie es jetzt gesagt wird.
Was würde denn unter Trump in Sachen Ukraine geschehen?
Vielleicht bin ich jetzt zu optimistisch, aber ich glaube zwar, dass er die Ukraine-Hilfen zurückfahren würde, aber nicht, dass er gar nichts mehr liefern würde. Auch unter den Republikanern sprechen sich viele für die Ukraine-Hilfen aus. Klar, auch ich erinnere mich daran, wie lange die Republikaner das letzte Hilfspaket im Kongress aufgehalten haben. Andererseits denke ich an den Friedensplan, den Trumps ehemalige Berater Keith Kellogg und Fred Fleitz vorgelegt haben. Trump hat ihn sich nicht zu eigen gemacht, aber sich auch nicht distanziert. Im Kern geht es ja darum, den Ukrainern zu sagen, dass es weitere Hilfen nur gibt, wenn sie zum Verhandeln mit Wladimir Putin bereit sind. Und dann zu Putin: Wenn er das ablehnt, bekommt die Ukraine Unterstützung ohne Limit. Das klingt nach keinem schlechten Plan. Damit könnte man arbeiten.
Und die Nato? Trump hat das Bündnisversprechen in Frage gestellt, Vance interessiert sich erklärtermaßen mehr für Asien als für Europa.
In der Tat. Zwar hat der US-Kongress inzwischen eine Regelung getroffen, nach der der Präsident nicht einfach den Austritt aus der Nato erklären kann. Aber es würde ja schon reichen, zu erklären, der Beistandsartikel 5 interessiere ihn nicht mehr, oder nicht mehr an Gipfeltreffen teilzunehmen. Also: Die Gefahr, dass Trump die Nato schwächt, besteht. Um so sehr ist es für uns Europäer ein Signal, dass wir unserer Verantwortung, unseren Nato-Verpflichtungen auch gerecht werden müssen. Vielleicht ist es nicht einmal so schlecht, dass es ein gewisses Druckpotenzial gibt. Ohne Trumps Drohungen wären heute viele Nato-Mitglieder nicht in der Lage oder nicht bereit, das Zwei-Prozent-Ziel zu erfüllen. Und es ist ja verteidigungspolitisch am Ende auch in unserem Sinne, dass alle ihre Verpflichtungen erfüllen.
Sind wir denn auf ein Szenario mit Trump – und Vance – eingestellt?
Die Bundesregierung wird nicht müde zu betonen, dass es Kontakte zum Trump-Lager und zu den US-Republikanern gibt. Aber sicherheitspolitisch sind wir bei weitem nicht darauf eingestellt. Sonst würde der Verteidigungsetat im Haushaltsentwurf für 2025 nicht nur um 1,2 Milliarden Euro steigen. Wir sind noch nicht darauf eingestellt, dass wir unsere sicherheitspolitischen Interessen vor allem mit einem Präsidenten Trump viel stärker selbst in die Hand nehmen müssen, als das weiter auf Amerika zu delegieren.
Würden Sie als Union der Bundesregierung da die Hand reichen, vielleicht ein zweites Sondervermögen für die Verteidigung zu bilden?
Der Haushaltsentwurf umfasst 480 Milliarden. Das ist einer der größten Bundeshaushalte in der bundesdeutschen Geschichte. Da sollten wir jetzt nicht über weitere Schulden sprechen, und auch Sondervermögen heißt ja nichts anders als Schulden. Wir müssen vielmehr eine echte Priorisierung vornehmen.
Hat die Union ausreichend Kontakte zum Trump-Lager?
Drei von unseren Abgeordneten sind gerade auf dem Parteitag der Republikaner: Jens Spahn, Thomas Silberhorn und unser verteidigungspolitischer Sprecher Florian Hahn. Auch über die Konrad-Adenauer-Sfiftung und die Atlanktik-Brücke pflegen wir Kontakte. Wir sind da gut aufgestellt. Trotzdem sind die Kontakte natürlich auf allen Seiten ausbaufähig, gar keine Frage.