Der SPD-Chef sieht in dem Paket für die Stärkung von Verteidigung und Infrastruktur auch ein Zeichen für die politische Kultur in Deutschland.
Reaktionen auf Lockerung der SchuldenbremseKlingbeil nennt Finanz-Einigung „historisches Signal“

14.03.2025, Berlin: Lars Klingbeil, SPD-Fraktionsvorsitzender und Bundesvorsitzender, gibt ein Pressestatement nach der Fraktionssitzung im Bundestag. Die Fraktionsspitzen von Union, SPD und Grünen haben sich nach langen Diskussionen um ein milliardenschweres Verteidigungs- und Infrastrukturpaket geeinigt.
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SPD-Chef Lars Klingbeil hat die Einigung auf ein milliardenschweres Finanzpaket als „historisches Signal“ gewertet. „Das Paket wird Deutschland stärker machen. Das wird Deutschlands Rolle auch in Europa stärken“, sagte er nach der Verständigung mit der Union und den Grünen. „Wenn es am Dienstag gelingt, diese Grundgesetzänderung durchzubringen, dann ist das ein Befreiungsschlag für unser Land.“
Damit werde eine jahrelange Blockade in der politischen Mitte des Landes aufgebrochen, sagte Klingbeil, der auch SPD-Fraktionschef im Bundestag ist. Die Einigung sei auch für die politische Kultur in Deutschland ein wichtiges Zeichen. Regierung und Opposition hätten gezeigt, dass es möglich sei, gemeinsam politische Verantwortung zu übernehmen. „Es sind Brücken gebaut worden in den letzten Tagen“, sagte Klingbeil. „Das war wichtig, dass so manche Verletzung aus dem Wahlkampf auch überwunden werden konnte.
Klingbeil sieht in Einigung wichtiges Zeichen für politische Kultur
Die Grünen haben Union und SPD nach der Einigung auf einen Kompromiss beim Finanzpaket an ihre Verantwortung als voraussichtliche künftige Regierungsparteien erinnert. In den Verhandlungen sei erreicht worden, „dass das Geld in die richtige Richtung gelenkt wird“, sagte Fraktionschefin Katharina Dröge am Freitag in Berlin. Die Grünen hätten Union und SPD die Möglichkeit gegeben, „das Richtige zu tun“, nun müssten sie „ihrer Verantwortung gerecht“ werden.
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Dröge verwies darauf, dass die Grünen als scheidende Regierungspartei künftig in der Opposition säßen und in den kommenden Jahren keine Kontrolle mehr hätten, wofür die vereinbarten Gelder konkret ausgegeben würden. Sie hätten aber die Grundlage geschaffen, dass ein künftiger Wirtschafts- und Energieminister das Richtige tun könne.
Grüne appellieren an Verantwortung von Union und SPD
Union und SPD hatten nach tagelangen Verhandlungen am Freitag einen Kompromiss mit den Grünen über das geplante Finanzpaket erzielt. Die Grünen konnten dabei deutliche Zugeständnisse aushandeln. So wurde eine Erweiterung des Begriffs der Verteidigungsausgaben vereinbart und es gibt die Zusicherung, dass 100 Milliarden Euro aus dem geplanten Sondervermögen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen.
„Wir haben ein schlechtes Paket deutlich verbessert und unsere Kernanliegen verankert“, sagte dazu Grünen-Parteichefin Franziska Brantner der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“. „Jetzt liegt es an Union und SPD, diesem Anspruch auch in der Umsetzung gerecht zu werden.“ Letztlich reiche Geld allein aber nicht, es müssten auch Strukturreformen angegangen werden.
Zur Frage, ob die Grünen am Dienstag bei der geplanten Schlussabstimmung über das Paket im Bundestag geschlossen zustimmen würden, sagte Dröge, eine Probeabstimmung in der Fraktion habe es noch nicht gegeben, aber man habe sehr viele positive Rückmeldungen der Abgeordneten zu dem Verhandlungsergebnis bekommen.
Ökonomen begrüßen Einigung auf Finanzpaket - Wirtschaftsweise übt Kritik
Wirtschaftswissenschaftler haben die Einigung von Union, SPD und Grünen auf ein schuldenfinanziertes Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur begrüßt. Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, sprach am Freitag von einer „guten Nachricht für die deutsche Wirtschaft“. Mit dem Kompromiss werde „sichergestellt, dass notwendige Infrastrukturinvestitionen und Verteidigungsausgaben jetzt schnell auf den Weg gebracht werden können“.
Zugleich werde der wichtigste Kritikpunkt der Grünen aufgegriffen, erklärte Dullien. Die Grünen hatten ihre Zustimmung unter anderem davon abhängig gemacht, dass die Investitionen aus dem Sondervermögen für Infrastruktur ausdrücklich zusätzlich erfolgen müssen - also nicht für laufende Projekte oder Konsumausgaben verwendet werden können.
Dullien erwartet ab 2026 einen Schub für die Konjunktur. „Das deutsche Bruttoinlandsprodukt dürfte dann 2026 dank der Reform der Schuldenbremse um gut 1,5 Prozent wachsen“, erklärte er. „Wenn tatsächlich nun die öffentlichen Investitionen über die kommenden zehn Jahre um 500 Milliarden Euro erhöht werden, könnte das die deutsche Wirtschaftsleistung bis über die Mitte des Jahrhunderts hinaus spürbar erhöhen.“
Schub für Konjunktur in Deutschland erwartet
Die Verständigung ermögliche „umfangreiche Investitionen in die Sicherheit Deutschlands und Europas“, betonte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick. Das sei „wichtig und richtig“. Der Kompromiss zum Sondervermögen stelle überdies „sicher, dass zumindest ein erheblicher Teil für zusätzliche Infrastrukturinvestitionen ausgegeben werden muss“. Schularick warnte allerdings, dass die „Gefahr eines Verschiebebahnhofs von geplanten Investitionen aus dem Haushalt in das Sondervermögen“ lediglich „teilweise gebannt“ sei.
Vor allem im Verteidigungsbereich müssten die Investitionen in Hochtechnologie und der Anteil von Forschungs- und Entwicklungsaufgaben „massiv“ erhöht werden, forderte der IfW-Präsident. Das ergäbe auch „die größten positiven Effekte für Wachstum und Innovation im zivilen Sektor“.
Anke Rehlinger: Investitionspaket bringt „Mega-Impuls“
Die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, kritisierte dagegen Versäumnisse im Finanzpaket. Es sei bedauerlich, „dass man es bei den Verteidigungsausgaben bei der Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts belassen hat, ab der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen werden“, sagte Schnitzer den Zeitungen der „Funke“-Mediengruppe. Die wichtigste Ergänzung zum bisherigen Vorschlag sei, dass aus dem 500 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen für Infrastruktur nur zusätzliche Investitionen bezahlt werden sollen.
Die stellvertretende SPD-Chefin und Saar-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger sieht nach der Einigung von CDU und SPD mit den Grünen auf ein gemeinsames Finanzpaket einen „Mega-Impuls“ kommen. Dieser gelte sowohl für Deutschland als auch für das Saarland, sagte sie in Saarbrücken. „Deutschland investiert so kraftvoll wie nie in die eigene Sicherheit sowie Wirtschaft, Infrastruktur und Klimaschutz.“
Bei dem Kompromiss sei einiges sinnvoll präzisiert worden. „Wichtig ist, dass der Anteil der Länder am Sondervermögen Infrastruktur von 100 Milliarden Euro nicht kleiner geworden ist und keine zeitliche Aufspaltung von Verteidigung- und Infrastrukturausgaben erfolgt.“ Union, SPD und Grüne hatten sich unter anderem auch darauf verständigt, 100 Milliarden Euro aus dem schuldenfinanzierten, 500 Milliarden starken Infrastrukturtopf in den Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen zu lassen. (dpa/ afp)