Die Töne aus Moskau werden drastischer. Während Sergej Lawrow mit Vergeltung droht, gibt es im Staats-TV erschreckende Einblicke.
Bedrohliche Botschaften aus MoskauLawrows kuriose Sprichwortkunde – und neue Drohungen gegen Deutschland
Die Töne aus Moskau werden seit der Freigabe für den Einsatz westlicher Raketen gegen Ziele in Russland für die Ukraine immer rauer. Am Mittwoch kündigte Außenminister Sergej Lawrow erneut eine Reaktion auf die jüngsten Angriffe mit amerikanischen ATACMS-Raketen und britischen Storm-Shadow-Marschflugkörpern an.
„In Russland haben wir viele Sprichwörter, die den Charakter unserer Landsleute widerspiegeln“, erklärte Lawrow auf die Frage eines Reporters nach einer Reaktion auf die ukrainischen Angriffe. Dazu gehöre auch der Spruch „Sieben Mal messen – einmal schneiden“, erklärte Lawrow. Das gelte nun auch für den Kreml, so der Außenminister.
Sergej Lawrows merkwürdige Sprichwortkunde
„Wenn man Geduld dauerhaft auf die Probe stellt, endet sie irgendwann“, kündigte Moskaus Chefdiplomat außerdem an und riet den Politikern im Westen schließlich dazu, sich ein weiteres russisches Sprichwort bewusst zu machen: „Der Russe spannt die Pferde langsam ein, reitet aber schnell.“ Lawrow wollte damit offenbar zum Ausdruck bringen, dass Russland sich für die Vorbereitung einer Reaktion Zeit lässt.
Weniger blumige Worte wählte derweil Lawrows Stellvertreter Sergej Rjabkow. Die USA seien mittlerweile „Partei dieses Konfliktes“ geworden, zitierte die russische staatliche Nachrichtenagentur Ria Novosti den Vize-Außenminister am Donnerstag. „Wir werden dafür sorgen, dass sie erschüttert und verängstigt sind“, fügte Rjabkow an. Die USA müssten „zur Vernunft gebracht werden“, hieß es weiter. „Was jetzt von unserer Seite getan wird, zielt genau darauf ab“, kündigte der Kreml-Diplomat an.
Moskau droht: „Wir werden dafür sorgen, dass sie verängstigt sind“
Die Drohungen aus Moskau folgen auf erneute Angriffe der Ukraine mit amerikanischen Raketen des Typs ATACMS zu Wochenbeginn. In einem sehr seltenen Schritt hatte Russland erfolgreiche Angriffe mit dem US-Waffensystem eingeräumt und Attacken auf Luftabwehrsysteme des Typs S-400 und einen Militärflughafen in der Grenzregion Kursk bestätigt.
Zuvor hatte Russland auf die ersten Angriffe mit ATACMS und Storm Shadow in der Vorwoche mit dem Einsatz einer neuartigen Mittelstreckenrakete reagiert, die auch als Atomwaffe eingesetzt werden kann. Kremlchef Wladimir Putin hatte in der Folge die Serienproduktion der „Oreschnik“ angekündigt.
Schrille Töne von Putins Propagandisten in den TV-Studios
In den russischen Propagandamedien wird seitdem über den Einsatz der Raketen gegen Ziele in Europa debattiert. Manche Sender zeigten Animationen, auf denen die geringe Flugzeit der „Oreschnik“ bis zu europäischen Hauptstädten illustriert wurde.
Auch in dieser Woche kommen wieder schrille Töne aus den Moskauer TV-Studios – an den radikalen Zielen in der Ukraine lassen Putins Propagandisten dabei weiterhin kaum Zweifel aufkommen. „Die Vergeltung wird gerade vorbereitet“, versicherte mit Wladimir Solowjow einer der prominentesten TV-Moderatoren des russischen Staatsfernsehens den Zuschauern seiner Talk-Sendung beim Sender Rossiya-1.
Klare Kriegsziele im Staats-TV: „Die Ukraine wird aufhören zu existieren“
„Die Ukraine hat ihr Schicksal gewählt. Das bedeutet, die Ukraine wird aufhören zu existieren“, führte Solowjow der Übersetzung der amerikanischen Journalisten Julia Davis zufolge aus. Mit ihrem „Russian Media Monitor“ berichtet Davis regelmäßig über die Inhalte in den russischen Staatsmedien.
Formal würden die Angriffe mit ATACMS zwar von der Ukraine ausgeführt, behauptete Solowjow weiter, „aber eigentlichen machen es die Amerikaner“, brachte auch der TV-Moderator Moskaus Lieblingsfeind ins Gespräch. Daher könne Russland nun auch Vergeltung an „Amerikanern, der Nato und all diesen klimpernden Drecksäcken“ üben, polterte Solowjow, der für seine extreme Wortwahl bekannt ist.
Studiogast über Cousin: „Wenn ich ihn sehe, werde ich ihn töten“
Wie sehr die russische Gesellschaft auf Krieg getrimmt ist, unterstrich derweil Studiogast Igor Markow. Der Ex-Politiker empörte sich zunächst darüber, dass die USA sich angeblich weltweit an Kriegen beteiligten, gleichzeitig aber jedes Jahr zwei Truthähne traditionell vom US-Präsidenten begnadigen lassen. Dann folgte ein Einblick in seine Gedankenwelt.
„Ich habe einen Cousin in der Ukraine“, erklärte Markow. Kürzlich habe er herausgefunden, dass sein Verwandter bei der ukrainischen Armee sei. „Jetzt ist er nicht mehr mein Bruder, jetzt ist er mein Feind“, stellte der Ex-Politiker klar. „Wenn ich ihn noch einmal sehe, werde ich ihn ohne jede Reue töten.“ Der Zeitpunkt dafür sei ganz egal, schließlich habe der Verwandte seine Entscheidung getroffen.
Deutschland mal wieder Thema in Moskauer TV-Studios
Neben dem ewigen Feindbild USA und den mitunter erschütternden Einblicken in das gewaltvolle Weltbild der Studiogäste war auch Deutschland in dieser Woche mal wieder Thema bei Putins Propagandisten in den TV-Studios. So brachte einer der Studiogäste die im Zweiten Weltkrieg beschädigte Berliner Gedächtniskirche zur Sprache, die auch als „Hohler Zahn“ bekannt ist.
Man müsse die Deutschen nun also daran erinnern, „wo das alles enden wird“, erklärte der Propagandist. „Es wird mit ‚hohlen Zähnen‘ und zerstörten Häusern enden“, lautete schließlich die Drohung. „Wir sind bereit bis zum letzten Mann zu kämpfen und unser Land, unsere Leute und unsere Unabhängigkeit bis zum letzten Atemzug zu verteidigen“, folgten weitere martialische Worte.
Schließlich versicherte der Studiogast wahrheitswidrig im Gespräch mit Solowjow: „Die Russen haben sich noch nie ergeben und niemand hat die Russen jemals besiegt.“ In Finnland oder Afghanistan, die beide bereits Kriege gegen „die Russen“ gewonnen haben, dürfte man das anders sehen. Vielleicht gibt es dort ja sogar Sprichwörter über Hochmut.