Vor seinem Abschied äußert sich Joe Biden zu Kremlchef Putin. Moskau verbreitet derweil plumpe Propaganda in Deutschland.
Krieg der Worte um die UkraineBiden verhöhnt Putin zum Abschied – Lawrow bedient sich bei Goebbels
Die Amtszeit von US-Präsident Joe Biden geht dem Ende zu – kurz vor seinem Abschied aus dem Weißen Haus am 20. Januar hat der Demokrat nun noch einmal gegen Kremlchef Wladimir Putin ausgeteilt. „Als Putin in die Ukraine einmarschierte, dachte er, er könne Kiew innerhalb weniger Tage erobern“, sagte Biden am Montag in Washington. „Die Wahrheit ist, dass ich seit Beginn des Krieges der Einzige bin, der im Zentrum von Kiew gestanden hat, nicht er. Putin hat das nie getan“, fügte der US-Präsident an und bekam dafür regen Beifall.
Fast drei Jahre nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine habe Putin weiterhin mit enormen Verlusten an Ausrüstung, Kämpfern und einem schwächelnden Rubel zu kämpfen, führte Biden aus. „Als Putin mit seiner Invasion begann, hatte ich zwei Aufgaben: Die eine war, die Welt zu versammeln, um die Ukraine zu verteidigen, und die andere, einen Krieg zwischen zwei Atommächten zu verhindern“, sagte er. „Wir haben beides geschafft. Wir haben das Fundament für die nächste Regierung gelegt, damit sie die glänzende Zukunft des ukrainischen Volkes schützen kann.“
Donald Trump: „Ich weiß, dass Putin sich gerne treffen würde“
Inwieweit Bidens Nachfolger Donald Trump das auch tun wird, ist allerdings offen. Der Republikaner hat angekündigt, den Krieg in der Ukraine schnell beenden zu wollen. Immer wieder werden Befürchtungen laut, dass Trump die US-Hilfe für die Ukraine einstellen könnte, um so eine „Verhandlungslösung“ von Kiew und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu erzwingen.
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Zuletzt hat es jedoch auch Berichte gegeben, wonach Trump auf einen „harten Kurs“ gegenüber dem Kreml setzen könnte. Der designierte Präsident hat seine Pläne bisher selbst nicht erläutert. In der letzten Woche stellte Trump jedoch ein baldiges Gespräch mit Kremlchef Putin in Aussicht. Ein Treffen könnte nach seiner Amtseinführung schnell stattfinden, sagte der Republikaner in Mar-a-Lago auf die entsprechende Frage eines Journalisten. Den genauen Termin könne er nicht sagen. „Aber ich weiß, dass Putin sich gerne treffen würde.“
Krieg der Worte: Johnson beleidigt Putin – Lawrow nutzt alte Methode
Trump äußerte zudem die Hoffnung, dass der Krieg mindestens innerhalb eines halben Jahres beendet sein werde. „Ich hoffe, lange bevor sechs Monate rum sind“, sagte er. Damit ruderte Trump im Vergleich zu vorherigen Ankündigungen bereits kräftig zurück. Im Wahlkampf hatte der Republikaner erklärt, er werde den Krieg innerhalb von 24 Stunden nach seiner Wahl beenden. Davon rückt der designierte Präsident nun bereits ab. Bidens Worte über eine „glänzende Zukunft des ukrainischen Volkes“ dürften somit auch an Trump gerichtet gewesen sein.
Worte spielen seit Kriegsbeginn ohnehin eine große Rolle im Ringen um die Deutungshoheit, sowohl im Westen, als auch in Russland. Während westliche Politiker zuletzt den Kremlchef mit Hohn – oder wie der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson sogar mit Beleidigungen – bedacht haben, setzt Moskau weiterhin auf Drohungen und Propaganda.
Unwahrheiten über Ukraine: Lawrow setzt auf „Spiegelpropaganda“
So kamen zuletzt Einschüchterungen in Richtung Baltikum aus der russischen Staatsduma. Nun hat Außenminister Sergej Lawrow nachgelegt – und seine Worte vom X-Account der russischen Botschaft in Deutschland verbreiten lassen. Die Ukraine sei „unfähig“, sich an das „humanitäre Völkerrecht zu halten“, erklärte Moskaus Außenminister dort, während Russland unerlässlich einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt.
Lawrow warf der Ukraine zudem gezielte „Angriffe auf Zivilisten“ vor und versuchte gleichzeitig die russische Armee reinzuwaschen. „Zivile Infrastruktur anzugreifen gehört nicht zu unserer Politik“, verkündete Lawrow, obwohl es immer wieder zu Todesfällen unter Zivilisten und Angriffen auf zivile Infrastruktur in der Ukraine durch russische Raketen und Drohnen kommt. Mehrfach bereits hat Russland dabei auch Wohnhäuser und Kliniken attackiert, darunter ein Kinderkrankenhaus in Kiew.
Propaganda-Methode geht auf Goebbels und Nazi-Zeit zurück
Lawrow, der nun der Ukraine derartige Angriffe vorwirft, ohne Belege dafür vorzulegen, nutzt bei seinen Ausführungen eine Propaganda-Technik, die auch als „Accusation in a Mirror“ („Gespiegelte Anschuldigungen“, auch als „Spiegelpropaganda“ bekannt) beschrieben wird. Laut dem amerikanischen Juristen und Regierungsbeamten Kenneth L. Marcus geht der Begriff auf ein Dokument zurück, das beim Genozid in Ruanda 1994 gefunden worden war und als „Handbuch rhetorischer Methoden“ beschrieben wird.
Anleihen nimmt die Anleitung dabei Marcus zufolge auch bei den Ideen von Joseph Goebbels, Reichspropagandaleiter unter Adolf Hitler, und beim Gründer der Sowjetunion, Wladimir Lenin. „Im Wesentlichen ist die ‚Gespiegelte Anschuldigung‘ eine gängige Technik zur Aufstachelung zum Völkermord, indem man die anvisierten Opfer genau der Verbrechen beschuldigt, die man an ihnen begehen will“, beschreibt Marcus die Propaganda-Methode im „Chicago Law Journal“.
Lawrow bekommt Spott und Häme bei X für Äußerungen über Ukraine
Goebbels habe die Technik in den 1930er Jahren eingesetzt, erinnert der US-Beamte. „Goebbels schrieb schon früh über fiktive jüdische Pläne zur Sterilisation von Deutschen, während die Deutschen in Wirklichkeit Tausende von jüdischen Opfern sowie Menschen mit verschiedenen Behinderungen sterilisierten“, führt der US-Beamte weiter aus. Beim Genozid in Ruanda sei die Methode schließlich wiederverwendet worden, um die Bevölkerung zum Massenmord an ihren Landsleuten anzustacheln, erklärt Marcus.
In Lawrows aktuellem Fall scheint die plumpe Propaganda jedoch ihre Wirkung zu verfehlen. In zahlreichen Reaktionen wurden Lawrow bei X mitunter „Lügen, die an Dreistigkeit nicht zu überbieten sind“ vorgeworfen. Auch Bilder aus von Russland vollständig zerstörten Städten wie Bachmut, Mariupol oder Awdijiwka prangen unter Lawrows Worten.