Kommentar zum Prozess um Pfarrer U.Von der Kirchenleitung müsste viel mehr kommen
Das Entsetzen steigt von Verhandlungstag zu Verhandlungstag. Die beiden Tatkomplexe, wegen der Priester Hans-Bernhard U. bisher vor dem Kölner Landgericht angeklagt war, stellen nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Katalog der Sexualtaten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen dar, die ihm mittlerweile zur Last gelegt werden. Jetzt geht es auch um einen Vorgang aus dem Jahr 2019.
Wir erinnern uns: 2011 hatte die Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungen gegen U. eingestellt, auch das Erzbistum Köln sah von weiteren Schritten ab und übernahm sogar einen Teil von U.s Anwaltskosten. Ansätze, die Untersuchungen weiterzuführen, gab es. Statt dessen vergingen acht Jahre, in denen U. neue Taten begangen haben soll.
Das Entsetzen darüber erfasst wohl jeden nicht völlig abgestumpften Beobachter, und das müsste erst recht für die gelten, die mit U. zu tun hatten. Von Gemeindemitgliedern, die einst nichts gegen merkwürdige Übernachtungen von Kindern im Pfarrhaus einzuwenden hatten, bis zu hohen Amtsträgern.
Man könne die Uhr leider nicht zurückdrehen, hören wir da. Ein anderer Prälat, der als Personalchef damals entscheidend verantwortliche heutige Erzbischof von Hamburg, will sich „jetzt und hier“ gar nicht äußern, wie er unserer Zeitung ausrichten lässt. Die derzeitige Kölner Bistumsleitung hat die Fehlentscheidung von 2011 nicht zu verantworten, aber auch von ihr müsste mehr, viel mehr kommen als nur ein Satz über tiefe Erschütterung. Das Versagen ihrer Vorgänger hat dazu geführt, dass –wenn sich die Vorwürfe bestätigen – Kinder nach 2011 einem mutmaßlichen Serientäter zum Opfer fielen. Soviel zu einer Kirche, die ein Ort der Zuflucht sein sollte.