IS-Anschlagsdrohung gegen die EMWettbewerb um das maximale Grauen

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Polizei vor dem Münchner Stadion, hier bei einem Bundesliga-Spiel: Bei der EM ist mit strengen Kontrollen zu rechnen.

Polizei vor dem Münchner Stadion, hier bei einem Bundesliga-Spiel: Bei der EM ist mit strengen Kontrollen zu rechnen.

Die Terrororganisation „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ droht mit Anschlägen gegen EM-Spiele in Deutschland. Was macht diese Gruppe so gefährlich? 

Berlin, Dortmund, München – „schieß Dein letztes Tor“: An Perversität ist die in Schwarz und Neongrün gehaltene Werbebotschaft der Terrororganisation „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) kaum zu überbieten. Nach den Terroranschlägen im iranischen Kerman und in Krasnogorsk bei Moskau nimmt die Gruppe nun die Fußball-EM ins Visier, und angesichts von allein vier EM-Stadien in NRW ist dieses Bundesland gewiss besonders gefährdet.

Vor dem Erstarken des ISPK hatte der Verfassungsschutz schon vor Jahresfrist gewarnt. Während Al Qaida seit 2015 nicht mehr zu größeren Anschlägen in der Lage zu sein scheint und die IS-Terrormiliz ihr Herrschaftsgebiet im Irak und in Syrien verloren hat, ist der zentralasiatische „Khorasan“-Ableger des IS die Nummer 1 im Wettbewerb islamistischer Terroristen um möglichst viel Renommee durch Grauen.

Russland fällt als Ordnungsmacht in Zentralasien aus

Der Westen hat Afghanistan aufgegeben, zudem profitiert der ISPK vom Ausfall Russlands als Ordnungsmacht in Zentralasien. Turkmenistan, Kirgistan, Tadschikistan: Angesichts des Angriffskrieges gegen die Ukraine hat die russische Führung gar nicht mehr ausreichend verfügbare Mittel, um hier zu schlichten oder auch nur das eigene Staatsgebiet ausreichend zu sichern. Und schon zuvor warb der ISPK unter zentralasiatischen Zuwanderern in Russland um Anhänger und erschloss sich in der Ukraine Rückzugsräume. Bettelarme Migranten ködert man durch Geldzahlungen als Auftragsmörder wie im Fall Krasnogorsk, andererseits bietet der ISPK sich als Plattform für Selbstmordkandidaten an, die sich mit ihrem „letzten Tor“ mörderisch verewigen möchten.

Ein entscheidender Unterschied zur Vorgeschichte der Attentate von Kerman und Krasnogorsk zeichnet sich allerdings ab: Während Teheran und Moskau die US-Warnungen ignorierten, sprechen unsere Politiker und Behörden offen über die Bedrohung. Sie ziehen scharfe Sicherheitsmaßnahmen schon dann durch, wenn – wie im Fall der Dome in Köln und Wien – Hinweise noch vage erscheinen. Auf solche Szenarien, auf unmittelbar vielleicht nicht ganz verständliche Restriktionen müssen wir uns auch bei der EM einrichten und sollten sie akzeptieren. Niemand möchte sich von Terroristen das Feiern verbieten lassen, aber keine Feier rechtfertigt die Gefährdung von Menschenleben.

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