KommentarDebatte um Seiteneinsteiger an Schulen - Bildungspolitiker haben versagt
- Heinz-Peter Meidinger vom Deutschen Lehrerverband hat die Qualifizierung von Quereinsteigern scharf kritisiert.
- Unser Autor meint: Die Debatte sollte nicht auf Kosten der Lehrer geführt werden.
- Ein Kommentar von Raimund Neuß.
Köln – Ein Verbrechen an den Kindern? Wenn man hört, was der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes über – angeblich – schlecht qualifizierte Seiteneinsteiger im Schuldienst zu sagen hat, möchte man diesen Herrn Heinz-Peter Meidinger um Mäßigung seines Tonfalls bitten.
4800 Lehrer – so viele sind im vergangenen Jahr als Seiteneinsteiger aus anderen Berufen ins Lehramt gewechselt –, 4800 neue Lehrer müssen da erleben, dass ein Vertreter des eigenen Berufsstandes ihre Qualifikation pauschal in Zweifel zieht. Sie alle haben eine fachliche Ausbildung – in aller Regel ein Studium – und eine pädagogische Weiterbildung genossen.
Lehrer müssen Herz am rechten Fleck haben
In der Praxis dürfte für sie gelten, was sich auch bei Inhabern des altmodischen zweiten Staatsexamens oder des hochmodernen Mastertitels stets von neuem zeigt: Ein guter Lehrer muss das Herz auf dem rechten Fleck haben und von seinen Fächern begeistert sein.
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Das bewährt sich immer wieder, ob es ums Rechnen für Grundschulkinder geht oder um Atomphysik. Was also spricht dagegen, dass bewährte Praktiker zum Beispiel an Berufsschulen wechseln (zehn Prozent aller Seiteneinsteiger 2018) oder Mathe und Naturwissenschaften unterrichten (fast 25 Prozent)?
Bundesländer haben bei der Planung versagt
Meidingers Kritik wäre ernster zu nehmen, wenn das eigentliche Problem im Zentrum stünde: Viele Bundesländer haben bei der Planung ihrer Lehrerausbildung versagt. Bemerkenswert, dass das legendär gut verwaltete Land Bayern 2018 erneut ohne Seiteneinsteiger auskam, während die Partyhauptstadt Berlin jeden zweiten Lehrer auf diesem Wege einstellen musste.
Dem dortigen Senat gebührt die Entlassung mit einer dicken Sechs auf dem Abgangszeugnis – aber die Debatte sollte nicht auf Rechnung jener geführt werden, die auch an den Berliner Schulen jetzt die Arbeit machen.