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Kölner CDU-PolitikerinWürde Adenauer heute die Grünen wählen, Frau Güler?

Lesezeit 4 Minuten
Serap Güler im Gespräch

Geht es überhaupt mit den Grünen? Serap Güler sagt, wo es Schnittmengen mit der Konkurrenzpartei gibt — und wo sie große Schwierigkeiten sieht.

CSU-Chef Markus Söder hat seine Absage an jegliches Bündnis mit den Grünen im Bund bekräftigt und unter anderem CDU-Vize Hendrik Wüst kritisiert. Was sagt die Kölner CDU-Politikerin Serap Güler dazu?

Schwarz-Grün sei ein toter Gaul, hat CSU-Chef Markus Söder am Rande seines Parteitags ein Augsburg gesagt. Wer so etwas wie NRW-Minister Hendrik West oder der Kieler Kollege Daniel Günther im Bund nicht ausschließe, begehe einen schweren strategischen Fehler. Was sagen Sie?

Ich sage dazu, dass der mit den Grünen regierende Hendrik Wüst in Umfragen ein höheres Ansehen genießt als Söder in seinem Land. Die Erfolge von Hendrik Wüst, Daniel Günther oder auch von Boris Rhein in Hessen, der ja noch als Chef einer schwarz-grünen Regierung in den Wahlkampf gezogen ist, die zeigen: Söders These besteht den Praxistest nicht.

Aber was heißt das für den Bundestagswahlkampf der Union? Erst wird die große Eintracht beschworen, ein paar Minuten später setzt sich Söder ab – auch vom Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, der gerade noch die Auffassung vertreten hatte, es gehe mit, betont, diesen Grünen nicht, das heißt: Die können sich ja noch ändern.

Das ist ein klassischer Söder. Er wird es schwer haben, sich an seine eigenen Worte zu halten. Wir dürfen uns nicht beirren lassen, auch wenn die Grünen ein schwieriger Koalitionspartner sind – wir sehen es ja gerade in Köln bei Themen wie Ost-West-Achse, der Verkehrspolitik überhaupt, der Migration. Bei der Bezahlkarte für Flüchtlinge, die sie in der Berliner Ampelkoalition mit beschlossen haben und in Köln ablehnen. Trotzdem bin ich gegen Ausschließeritis. Friedrich Merz hat das im Bundesvorstand gerade schön erklärt: Wenn man sich jede andere Koalitionsoption als die mit der SPD verschließt, kann man den Sozialdemokraten auch ein weißes Blatt Papier hinlegen und sie bitten, einfach ihre Forderungen aufzuschreiben. Die muss man dann erfüllen, denn die andere Möglichkeit, die mit den Grünen, die hat man in diesem Szenario ja ausgeschlossen.

Fliegt Habeck alles um die Ohren?

Wir haben gerade über Köln gesprochen – aber was wären bundesweit die härtesten Streitthemen?

In der Außen- und Sicherheitspolitik stehen wir den Grünen näher als der SPD – auch wenn ich wenig von Außenminister Annalena Baerbocks Stil halte, mit dem erhobenen Zeigefinger durch die Welt zu ziehen. Sie ist keine gute Chefdiplomatin. In der Wirtschaftspolitik und in der Migrationspolitik ist es viel schwieriger. Wir müssen abwarten, ob es Robert Habeck gelingt, die Partei in Richtung Pragmatismus zu führen, oder ob ihm das alles um die Ohren fliegt. Deshalb ist es nicht nur ein rhetorischer Kniff zu sagen, eine Koalition mit diesen Grünen ist schwer vorstellbar.

Wäre es denn mit der SPD einfacher?

In der Außen- und Verteidigungspolitik, gerade auch beim Umgang mit Russland, sicher nicht, bei der Inneren Sicherheit eher. Und mir fehlt die Fantasie, wie wir mit der SPD größere Sozialreformen durchsetzen könnten, etwa: Sozialhilfe für die, die sich wirklich nicht anders helfen können, statt Bürgergeld auch für Leute, die nicht wollen oder die man zum Wollen animieren muss.

Aber bei der Außen- und Sicherheitspolitik muss man sich doch auch fragen, ob Ihre eigene Partei bei der Stange bleibt. Ich denke an das Papier der Herren Kretschmer und Voigt gemeinsam mit Herrn Woidke von der SPD zur Ukraine-Politik. Müsste Konrad Adenauer da heute nicht die Grünen wählen?

Konrad Adenauer wäre heute auch klug genug, die Grünen nicht zu wählen, sondern sein Kreuzchen bei der CDU zu machen. Die Grünen haben in der Verteidigungspolitik umgelernt. Das ist nichts, was denen in die Wiege gelegt worden ist. Aber ich will das nicht kleinreden. Sie sind uns da heute tatsächlich näher als ein Großteil zumindest der aktuellen SPD-Fraktion im Bundestag. So, und zu dem Ukraine-Papier kennen Sie auch die Meinung von Friedrich Merz: dass er diesen Artikel so nicht verfasst hätte. Obwohl Kretschmer, Voigt und Woidke auch Richtiges sagen wie Westbindung und Bekenntnis zur Nato. Aber was soll so ein Artikel zum jetzigen Zeitpunkt? Und: Was soll der Vorwurf, die Bundesregierung würde zu wenig bemühen, das Ganze mit Diplomatie zu lösen? Man kann ihr ja viel vorwerfen, aber das nicht. Es gibt nur einen, der kein Interesse an Verhandlungen hat, und der heißt Wladimir Putin.