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„Autoritäre und strafende Kultur“Wer stört, bleibt sitzen – Meloni bringt Mussolini-Gesetz an Schulen zurück

Lesezeit 3 Minuten
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Die Regierung der Rechtspopulistin führt in Italien die Betragensnote wieder ein. (Archivbild)

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Die Regierung der Rechtspopulistin führt in Italien die Betragensnote wieder ein. (Archivbild)

Die italienische Regierung führt an Schulen die Betragensnote wieder ein. Wer sich zu schlecht benimmt, soll nicht versetzt werden. Kritik wird laut.

Die italienische Regierung um Ministerpräsidentin Giorgia Meloni führt in Schulen die Betragensnote („Voto di condotta“) wieder ein. Stören Schüler zu oft den Unterricht, sollen sie dem Regelwerk zufolge in Zukunft die Klasse wiederholen müssen – unabhängig von den eigentlichen Schulnoten. Die Maßnahme, die in Italien erstmals 1924 von Benito Mussolinis faschistischer Regierung eingeführt worden war, sei Teil eines Bildungsgesetzes, das nun im italienischen Parlament verabschiedet wurde, berichtet der „Guardian“.

Schülerinnen und Schüler der Mittel- und Oberstufe, die fünf oder weniger von zehn möglichen Punkten für ihr Verhalten bekommen, müssen demnach in Zukunft die Klasse wiederholen. Die schulischen Leistungen sollen daran nichts ändern, berichtete die britische Zeitung weiter.

Postfaschistische Regierungschefin: Meloni führt Betragensnote wieder ein

„Die Reform der Verhaltensnoten stellt die Bedeutung der individuellen Verantwortung wieder her, macht die Achtung der Menschen und der öffentlichen Güter zum zentralen Thema und stellt die Autorität der Lehrer wieder her“, erklärte Giuseppe Valditara, Bildungsminister in Melonis rechtspopulistischer Regierung.

Die Ministerpräsidentin aus den Reihen der postfaschistischen Partei Fratelli d'Italia hatte zuvor betont, die Änderung solle zu mehr Respekt in den Schulen führen. Das Gesetz sieht dementsprechend auch Geldstrafen für Aggressionen oder Gewalt gegenüber dem Schulpersonal vor, die zwischen 500 und 10.000 Euro betragen können.

Mehr Aggressionen gegen Lehrkräfte: Gesetz „ein Schritt nach vorn“?

Das vom italienischen Schulleiterverband ANP befürwortete Gesetz folgt auf einen Anstieg von Aggressionen gegenüber Lehrkräften in Italien um mehr als 110 Prozent seit Anfang des Jahres im Vergleich zu 2023. In vielen Fällen mussten die Lehrkräfte medizinisch behandelt werden, in anderen Fällen waren die Eltern der Schüler die Verursacher, berichtete der „Guardian“. Schüler geraten demnach besonders oft mit ihren Lehrern wegen der Benutzung von Mobiltelefonen aneinander.

„Wir haben von zu vielen Fällen von undiszipliniertem und unüblichem Verhalten gehört“, sagte Antonello Giannelli, Vorsitzender der ANP. „Es ist richtig, dass die Schüler dazu aufgerufen werden, über ihre Verantwortung als Konsequenz ihres Handelns nachzudenken“, führte Giannelli aus. Die Maßnahme sei „ein Schritt nach vorn“, so der Vorsitzende des Schulleiterverbands.

Kritik an Giorgia Melonis Schulgesetz: „Autoritäre und strafende Kultur“

Positiv sehen die neuen Maßnahmen jedoch nicht alle in Italien. Der Schritt ziele darauf ab, „eine autoritäre und strafende Kultur zu verstärken“, erklärte der Vorsitzende der nationalen Studentengewerkschaft, Tommaso Martelli. „Die Möglichkeit, bei Verstößen gegen die Regeln durchzufallen, macht die Benotung des Verhaltens nun zu einem weiteren repressiven Instrument in unseren Schulen“, erklärte Martelli weiter.

Die „Voto di condotta“ war nach der Einführung durch Mussolinis faschistische Regierung noch bis Mitte der 1970er Jahre in Italien in Kraft. Nach Schülerprotesten wurden an der Betragensnote zunächst immer wieder Änderungen vorgenommen, im Jahr 2000 wurde sie schließlich in allen italienischen Schulen abgeschafft.

Angesichts der erstmaligen Einführung durch den faschistischen Diktator Mussolini, der später zum Verbündeten Adolf Hitlers werden sollte, wird auch in der italienischen Politik nun Kritik laut. Die neuen Verhaltensregeln an den Schulen markierten „eine Rückkehr zu einer Zeit, die wir lieber vergessen würden“, zitierte der „Guardian“ mit Anna Ascani eine Vertreterin der Mitte-Links-Partei Partito Democratico. (das)