Die ersten Geiseln wurden im Austausch freigelassen, in Israel blieb bei der Rückkehr „kein Auge trocken“. Ein Hamas-Video löst Kritik aus.
„Nimm deinen Arm von dem Jungen, du Mörder“Hamas-Video zeigt Geiselübergabe an Rotes Kreuz – und sorgt für Empörung
Am zweiten Tag der Feuerpause im Krieg zwischen der islamistischen Hamas und Israel wird am Samstag eine weitere Freilassung von Geiseln erwartet. Wie viele Geiseln und Gefangene im Laufe des Tages freigelassen werden sollen, ist noch ungewiss.
Die israelischen Behörden gaben an, eine Liste der Geiseln erhalten zu haben, die am Samstag den Gazastreifen verlassen dürfen, nannten aber weder die Anzahl noch den voraussichtlichen Zeitpunkt ihrer Freilassung.
Video zeigt Übergabe: Hamas lassen erste Geiseln im Austausch frei
Am Freitag war eine erste Gruppe von Geiseln freigelassen worden: 13 israelische Geiseln, von denen vier auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben, sowie zehn Thailänder und ein Philippiner. Sie wurden von der Hamas in die Hände des Roten Kreuzes gegeben und anschließend zunächst nach Ägypten gebracht. Die Übergabe sei in einem Krankenhaus in Chan Junis im Süden des Gazastreifens erfolgt. Inzwischen sind alle freigelassenen Geiseln in Israel eingetroffen.
Ein von der Hamas verbreitetes zweiminütiges Video zeigte, wie maskierte Männer mit Gewehren und dem grünen Stirnband der Essedin-al-Kassam-Brigaden, des bewaffneten Arms der Palästinenserorganisation, die Geiseln an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz übergaben. Israelische Journalisten wie Suleiman Maswadeh verbreiteten das Video.
Video von Geiselübergabe löst in sozialen Medien Empörung aus
In den sozialen Medien löste das Verhalten der Terroristen im Video, in dem unter anderem zu sehen ist, wie ein Hamas-Terrorist dem 9-jährigen Ohad Monder seinen Arm um die Schulter legt, sowie ein anderes Hamas-Mitglied eine Geisel in hohem Alter zum Übergabefahrzeug trägt, bei Juden zum Teil Empörung aus.
„Nimm deinen Arm von dem Jungen, du Mörder“, schrieb der britische Drehbuchautor Lee Kern auf X, ehemals Twitter. Der Filmschaffende, der unter anderem 2021 für einen Oscar nominiert war, teilte dazu das von der Hamas in den Umlauf gebrachte Video. „Wirklich tröstlich, dass er seine Hand darauf gelegt hat. Wie viel Blut hat [...] er vergossen?“, schreibt der jüdische Musiker Rafael Tetro.
Befreite Geiseln treffen Angehörige wieder – Emotionale Berichte in Israel
Die Befreiung von 13 israelischen Geiseln sorgte in Israel derweil für hochemotionale Szenen. „Kein Auge blieb trocken“, als die Geiseln wieder mit ihren Familien vereint wurden, sagte eine Direktorin des israelischen Gesundheitsministeriums, Shoshy Goldberg, laut dem US-Nachrichtensender CNN auf einer Pressekonferenz.
„The Times of Israel“ berichtete am Samstag über zahlreiche Wiedersehen von befreiten Geiseln mit ihren Familien und zeigte emotionale Bilder, unter anderem vom Wiedersehen der 85-jährigen Yaffa Adar, die nach 49 Tagen in Gaza ihre Angehörigen endlich in die Arme schließen konnte. „Großmutter ist hier, gesund und schön. Danke, Menschen in Israel“, zitiert das Blatt Adriana Adar.
Zugleich macht der Fall klar, dass die Befreiung der 13 Geiseln erst der Anfang war. „Es ist der erste Tropfen auf den heißen Stein, wir warten auf dich, Tamir Adar, wir warten auf alle“, so Adriana Adar. Yaffas Enkel Tamir wurde am 7. Oktober ebenfalls als Geisel nach Gaza verschleppt und befindet sich nach wie vor in Geiselhaft.
Auch die Geschichte der Familie Asher steht exemplarisch für viele andere Schicksale betroffener Familien.
Yoni Asher „glücklich“ über Wiedersehen mit von Hamas freigelassener Frau und Töchter
Yoni Asher hat nach der Freilassung der ersten israelischen Geiseln durch die radikalislamische Hamas seine Frau Doron und seine beiden kleinen Töchter wieder in die Arme schließen können. „Ich bin glücklich, dass ich meine Familie wiederhabe“, sagte Asher in einem kurzen Video, welches das Forum der Angehörigen der Geiseln und Vermissten in der Nacht zum Samstag veröffentlichte.
„Es ist erlaubt, sich zu freuen, und es ist erlaubt, zu weinen“, sagte Asher, fügte jedoch hinzu: „Aber ich feiere nicht, ich werde nicht feiern, bis die letzten Geiseln zu Hause sind.“ Während sich Yoni Asher über die Freilassung der Angehörigen freut, trauert er noch um seine Schwiegermutter. Die Mutter von Doron Katz-Asher war nach Angaben der israelischen Armee noch am Tag des Großangriffs der Hamas auf Israel getötet worden.
Hamas soll am Samstag weitere Geiseln freilassen
So wie Yoni Asher geht es vielen der Angehörigen, die nun befreite Geiseln wieder in die Arme nehmen können. In mehreren Fällen befinden sich weitere Angehörige noch in Gaza oder wurden durch die Hamas getötet.
Yoni Asher hatte seit dem Tag des Überfalls durch die Hamas-Terrororganisation unermüdlich auf das Schicksal seiner Angehörigen aufmerksam gemacht – auch in Berlin, da seine Frau und die beiden Töchter die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.
Am 7. Oktober waren hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas nach Israel eingedrungen und hatten dort Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt, darunter zahlreiche Frauen und Kinder. Nach Angaben der israelischen Regierung wurden etwa 1200 Menschen getötet, rund 240 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.