Die in Teilen rechtsextreme AfD liegt in der Sonntagsfrage des Forsa-Instituts erstmals auf Platz eins. Über die Gründe sprach die Rundschau mit Forsa-Chef Manfred Güllner.
Forsa-ChefWarum wächst der Zuspruch zur AfD immer weiter, Herr Güllner?

Die AfD legt in Umfragen immer weiter zu.
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Was ist seit der Bundestagswahl passiert, das die Umfragewerte der AfD weiter so in die Höhe hat steigen lassen?
Den Zuwachs der AfD schon im Verlauf des Wahlkampfs und nach der Wahl kann man nach dem Ende der „Ampel“ Anfang November letzten Jahres nicht mehr der Regierung Scholz anlasten.
Verantwortlich dafür sind in erster Linie die schweren strategischen Fehler von Merz, so die falsche Konzentration auf das Thema Migration im Wahlkampf statt auf das für die Wähler wichtigere Thema der ökonomischen Lage in Deutschland, die gemeinsame Abstimmung mit der AfD im Bundestag und sein wenig kongruentes Verhalten nach der Wahl.
Hat der Umgang der CDU mit der AfD, etwa Jens Spahns Vorstoß zu einer „normalen“ Behandlung der AfD im Parlament, zu dieser Entwicklung beigetragen?
Dass zum ersten Mal seit 1945 eine rechtsradikale Bewegung wieder in Deutschland zur stärksten politischen Kraft werden konnte, hat Jens Spahn mit seiner „Normalisierungsforderung“ zu verantworten. Es gab überhaupt keinen Anlass, diese Debatte anzustoßen, zumal die Bundesbürger jetzt vor allem erwarten, dass sie konkret und nicht nur nebulös über die von ihnen für erforderlich gehaltenen Maßnahmen zur Modernisierung des Landes informiert werden.
Ob die AfD Ausschussvorsitze im Bundestag erhält oder nicht, interessiert hingegen kaum jemanden. Die Anbiederungen von Spahn an die AfD ebenso wie die von Merz bei der gemeinsamen Abstimmung mit dieser Partei nutzen ausschließlich der AfD und schaden der Union.
Hat auch Donald Trump einen Einfluss auf die steigenden Umfragewerte der Partei – platt gesagt, wer Trump gut findet, findet auch die AfD gut?
Umgekehrt: Nur die AfD-Anhänger huldigen Trump, während die übergroße Mehrheit der Wahlberechtigten Angst vor den Folgen der Trumpschen Politik hat.
Was müssten die Parteien der Mitte tun, um in den Umfragen wieder aufzuholen?
Sie müssen sich in erster Linie um die Interessen der über 80 Prozent der Wahlberechtigten kümmern, die die AfD bei der Bundestagswahl nicht gewählt haben und immer noch mit dieser Partei nichts zu tun haben wollen. Von der AfD müssen sie sich ganz klar abgrenzen, zumal es keine Gemeinsamkeiten zwischen den Anhängern der demokratischen Parteien und denen der AfD gibt.
Die AfD-Anhänger haben sich außerdem zunehmend radikalisiert und sind nur noch bedingt rationalen Argumenten zugänglich.
Welche Rolle spielt Friedrich Merz dabei – und wie wahrscheinlich ist es, dass eine Regierung unter seiner Führung so viel Zuspruch erhält, dass die AfD in den Umfragen wieder verliert?
Mit keinem Kanzler waren die Bundesbürger so unzufrieden wie mit Olaf Scholz. Doch dass der zukünftige Kanzler das Land besser regieren wird als sein Vorgänger, glaubt außer den der Union noch verbliebenen treuen Anhängern nur eine Minderheit aller anderen Wahlberechtigten.
Und nur immer weniger Wahlberechtigte halten Merz nach seinem Wahlkampf und seinem Verhalten nach der Wahl für sympathisch und vertrauenswürdig oder trauen ihm zu, dass er weiß, was die Menschen bewegt. Wenn er seinen Politikstil nicht nachhaltig ändert und einen klaren Kurs für die Erneuerung des Landes findet, wird es schwer, das verloren gegangene Vertrauen der Wähler wieder zurückzugewinnen.