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Fragen und AntwortenSo teuer ist ein Abschiebeflug

Lesezeit 4 Minuten
Bei einer begleiteten Abschiebung sind Bundespolizisten und Sicherheitsbegleiter anwesend.

Bei einer begleiteten Abschiebung sind Bundespolizisten und Sicherheitsbegleiter anwesend. 

Fast 17.000 Menschen wurden im vergangenen Jahr auf dem Luftweg abgeschoben – wie ist das Prozedere? Wir geben einen Überblick.

Die Zahl der Abschiebungen per Flugzeug hat sich erhöht: Nach Angaben der Bundesregierung sind im Jahr 2024 auf dem Luftweg 16.991 Personen abgeschoben worden. Das geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Ein Jahr zuvor lag die Anzahl noch bei 13.477.

Zuletzt startete in dieser Woche ein Abschiebeflug ab Hannover. An Bord: 47 Menschen aus elf Bundesländern, die in den Irak abgeschoben wurden, darunter auch Straftäter. Geht es nach CDU-Chef Friedrich Merz soll künftig die Anzahl der Abschiebung deutlich steigen – und damit auch die von Abschiebeflügen. Doch wie läuft das eigentlich ab? Was muss beachtet werden und wie hoch sind die Kosten? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wer bringt Ausreisepflichtige zum Flugzeug?

Die Abschiebung erfolgt meist in den frühen Morgenstunden, wie etwa auf der Webseite von „Refugees Welcome to Düsseldorf“ nachzulesen ist. Die Landespolizei holt die Person ab und bringt sie zum Flughafen, wo die Bundespolizei die Begleitung übernimmt. Die Beamten setzen die ausreisepflichtige Person ins Flugzeug. Im Pass tragen sie einen Abschiebestempel ein. Es erfolgt die Verhängung einer Sperre zur Wiedereinreise, deren Dauer die Ausländerbehörde festlegt.

Eine Abschiebung kann begleitet oder unbegleitet sein. Bei einer begleiteten Abschiebung sind Bundespolizisten und Sicherheitsbegleiter im Flugzeug anwesend. Diese Variante kommt infrage bei Gewalttätern, angekündigtem Widerstand, Suizidgefahr, bestimmten Krankheitsbildern oder einem gescheiterten unbegleiteten Abschiebungsversuch.

Dürfen erkrankte Menschen abgeschoben werden?

Vor einer Abschiebung prüft ein von den Behörden beauftragter Arzt die gesundheitliche Situation. Dabei geht es um die Beurteilung der Transportfähigkeit, informiert das medizinische Fachportal „Medical Tribune“. Der Mediziner bescheinigt, ob die Person den Flug überleben kann, indem er ein sogenanntes „fit to fly“-Formular ausstellt. Dabei handelt es sich um eine Standard-Bescheinigung von der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Die Behörden müssen auch prüfen, ob im Ankunftsland die notwendige medizinische Versorgung vorhanden, erreichbar und finanzierbar ist. Dazu nutzen sie Lageberichte des Auswärtigen Amtes und allgemeine Informationen über das Gesundheitssystem am Zielort.

Beamte der Bundespolizei begleiten einen Mann in die Kabine eines Abschiebefluges nach Pakistan.

Beamte der Bundespolizei begleiten einen Mann in die Kabine eines Abschiebefluges nach Pakistan.

Ein Abschiebehindernis liegt vor, wenn eine Rückführung durch eine Erkrankung als lebensbedrohlich gilt oder sich der Gesundheitszustand schwerwiegend zu verschlechtern droht, gibt das Institut für Menschenrechte an. Während eines Fluges ist oft ein Arzt oder medizinisches Personal anwesend, um im Notfall eingreifen zu können.

Welche Transportmittel kommen infrage?

Es gibt zwei Optionen: Linienflüge und Charterflüge. Linienflüge sind weitaus billiger und weniger personalaufwendig als Charterflüge. Sind einzelne Personen oder kleine Gruppen betroffen kommen Linienflüge in Betracht. Ausreisepflichtige gelangen in der Regel vor den anderen Passagieren ins Flugzeug. Eine Abschiebung per Linienflug kann allerdings scheitern, wenn sich Passagiere solidarisieren oder sich der Pilot aus Sicherheitsgründen dagegen entscheidet.

Charterflüge sind besonders nützlich für größere Gruppen von Menschen. Sie gelten als organisatorisch effizienter und ermöglichen es, mehr Personen gleichzeitig zu transportieren. Die Wahl fällt auch dann oft auf Charterflüge, wenn die Sicherheitslage im Zielland besonders angespannt ist. Ein weiterer Grund für einen Charterflug kann die Einstufung eines Betroffenen als besonders gefährlich oder widerstandsfähig sein. Zuletzt starteten Charterflüge aus Hannover in den Irak und aus Nordrhein-Westfalen nach Bulgarien.

Wie hoch sind die Kosten für die Flüge?

Die Kosten für einen Charterflug können stark variieren. Für eine Rückführung nach Nigeria mit 29 Personen mussten im vergangenen Jahr etwa rund 227.000 Euro gezahlt werden, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf die Linken-Anfrage hervorgeht. Im Einsatz waren 91 Bundespolizisten. Eine Abschiebung von 24 Personen mit einem Charterflug nach Pakistan kostete rund 470.000 Euro – und war damit mit am teuersten. Die Rückführung begleiteten 61 Bundespolizisten. Zu den Flugkosten müssen noch die Aufwendungen für die Sicherheitsbegleitung hinzugerechnet werden. Diese beliefen sich für den Bund im Jahr 2024 auf rund 7,4 Millionen Euro.

Bei Abschiebungen in Herkunftsländer und Überstellungen in andere EU-Staaten waren für 2024 auch Mini-Charterflüge aufgeführt. Auf diese Weise erfolgte eine Rückführung von insgesamt fünf Personen. Für einen Flug von Berlin in den Libanon mit drei Personen schlugen Kosten in Höhe von knapp über 100.000 Euro auf. Für die Begleitung waren zehn Bundesbeamte im Einsatz. Ein weiterer solcher Flug ging von Frankfurt nach Kenia, bei dem eine Person rückgeführt wurde. Dieser kostete sogar rund 138.000 Euro. Fünf Bundesbeamte waren eingeteilt.

Gibt es spezielle Flughäfen, die häufig genutzt werden?

Die meisten Abschiebungen erfolgten im Jahr 2024 vom Flughafen Frankfurt/Main. Die Anzahl abgeschobener Personen lag laut einer Auflistung der Bundesregierung bei 6342. Es folgten Düsseldorf (2815), Berlin-Brandenburg (2247), München (2241) und Hamburg (1045). Auch vom Flughafen Hannover starteten Abschiebeflüge. Hier betrug die Anzahl abgeschobener Personen 756. Vom Flughafen Leipzig/Halle waren es 763 Abschiebungen, vom Flughafen Stuttgart 336 und vom Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden 236.

Welche Fluggesellschaften waren verantwortlich?

Die Bundesregierung ist dazu übergangen, die Angaben zu Fluggesellschaften geheim zu halten. Das Vorgehen soll vor öffentlicher Kritik schützen. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass diese Unternehmen künftig für die Beförderung ausreisepflichtiger Personen nicht mehr zur Verfügung stünden. Dadurch könnten Rückführungen weiter erschwert werden, hieß es.