Frage des TagesIst mehr Einheitlichkeit in der Bildungspolitik nötig?
Berlin – Die Absage von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an den Nationalen Bildungsrat hat ihre Wirkung nicht verfehlt: Das politische Berlin und die Kultusministerien der Länder sind seit Sonntag in Aufruhr. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was ist der Bildungsrat und welche Ziele hat das Gremium?
Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag verständigt, einen Nationalen Bildungsrat schaffen zu wollen. Dem Gremium sollten neben Bildungsexperten auch Vertreter der Zivilgesellschaft, der Länder und dem Bund angehören. Es sollte Vorschläge für mehr Transparenz, Qualität und Vergleichbarkeit im Bildungswesen vorlegen – Entscheidungen sollte es nicht fällen dürfen. Der Rat sollte Bund und Länder an einen Tisch bringen, um den gesamten Bildungsweg von der Kita bis zur Berufsschule oder Universität zu optimieren. Gestartet war das Gremium noch nicht.
Warum ist der Rat aus Sicht der Bundesregierung notwendig?
Die Idee für einen Rat entstand vor dem Hintergrund, dass die Länder für die Bildung in Deutschland zuständig sind. In diesem föderalen System sind die Unterschiede zwischen den Ländern aber teils gewaltig – das betrifft beispielsweise das Leistungsniveau der Schüler, das Ganztagsangebot, die Chancengleichheit und die Möglichkeiten der Anerkennung unterschiedlicher Abschlüsse. Um mehr Vergleichbarkeit, Transparenz und einheitlich hohe Bildungsstandards zu schaffen, sollte der Rat entsprechende Maßnahmen entwickeln.
Warum sind Bayern und Baden-Württemberg ausgestiegen?
Ministerpräsident Söder begründete den Schritt damit, dass er nicht an „die Zukunft dieser Idee“ glaube. „Es war ein nett gemeinter Versuch, das mal zu probieren.“ Aber er sehe einen Widerspruch zu der föderalen Bildungsverfassung Deutschlands. Den Rat nannte er „Bürokratiemonster“.
Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) leistete zu Söders Einschätzung Schützenhilfe: „Auch ich halte den Nationalen Bildungsrat für ein komplett überflüssiges Gremium, auf das man folgerichtig verzichten kann.“ Intern gab es zudem Streit um die Stimmverteilung.
Auf welche Reaktionen stießen die beiden Süd-Länder?
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) wies die Kritik zurück. Der Bildungsrat sei keine Erfindung des Bundes. Die Länderpolitiker, „namentlich die CSU“, hätten sehr aktiv am Koalitionsvertrag mitgewirkt. Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Oliver Kaczmarek, sprach von einem „Taktieren auf dem Rücken der Qualität des Bildungswesens“.
Welche Alternativen gibt es zum Bildungsrat?
Eisenmann pochte auf einen Staatsvertrag, um Standards für Schulabschlüsse oder Lehrerbildung in allen Ländern einheitlich und verbindlich zu regeln. Im Gespräch ist zudem ein wissenschaftlicher Beirat bei der Kultusministerkonferenz (KMK), der Empfehlungen abgeben könnte. Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) ist dafür, er ist derzeit KMK-Präsident.
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Unterstützung bekam die Idee vom Chef des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger. Es brauche aber mehr Transparenz und mehr Vergleichbarkeit zwischen den Ländern, sagte er. Marlis Tepe, Chefin der Erziehungsgewerkschaft GEW, äußerte sich skeptisch. Die KMK blockiere sich teils selbst. „Ich habe Zweifel, ob ein wissenschaftlicher Beirat bei der KMK die notwendige Weiterentwicklung stemmen kann.“
Wie geht es nach der bayerischen Absage jetzt weiter?
Bundesbildungsministerin Karliczek sieht die Länder in der Verantwortung zu klären, wie sie weiter vorgehen wollen. „Am Ende geht es nicht darum, zu sagen, der Nationale Bildungsrat ist das Heiligtum“, sagte sie. Die KMK will kommende Woche zum Thema beraten, dann wird es auch die Ergebnisse der neuen Pisa-Studie geben.