Der Forsa-Chef Güllner spricht im Rundschau-Interview über den Neuwahltermin Ende Februar.
Forsa-Chef zum neuen Wahltermin„Die Risiken sind deutlich niedriger“
Herr Professor Güllner, wie bewerten Sie die Kritik an der Mahnung der Bundeswahlleiterin vor einer zu hastigen Neuwahl?
Die Kritik an der Mahnung der Bundeswahlleiterin vor einer zu hastigen Neuwahl ist völlig unberechtigt. Ihre warnenden Hinweise auf die bestehenden Risiken für einen ordentlichen Ablauf bei einer zu frühen Neuwahl und die dadurch möglichen weiteren Vertrauensverluste demokratischer Institutionen sind absolut gerechtfertigt.
Die vorgezogene Neuwahl findet nun wahrscheinlich am 23. Februar 2025 statt. Wie ordnen Sie den Kompromisstermin ein?
Der Wahltermin Ende Februar entspricht dem Wunsch der Mehrheit der Wahlberechtigten nach einer schnellen Entscheidung darüber, wer das Land in den nächsten vier Jahren regiert. Und organisatorisch sind die Risiken deutlich niedriger als bei einer Wahl schon im Januar und gleichen eher denen einer „normalen“ Wahl.
Nicht mal eine Woche später steht in Köln mit dem Beginn des Straßenkarnevals der Höhepunkt der Session an. Sehen Sie den zeitlichen Zusammenhang als problematisch an?
Der zeitliche Zusammenhang der geplanten Neuwahl mit dem Karneval dürfte nicht problematisch sein. Zum einen sind nicht alle Kölner Karnevals-„Jecken“ und auch die Karnevalisten dürften die zur Stimmabgabe erforderliche Zeit erübrigen können.
Warum wäre eine Neuwahl rund um die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel schwierig?
Durch die Ballung der Feiertage – Weihnachten und Jahreswechsel – wäre die für eine einwandfreie Vorbereitung der Wahl erforderliche Zeit nicht vorhanden gewesen.
War die Abwicklung von Wahlen früher einfacher – und wenn ja, warum?
Eine einwandfreie Abwicklung war bei allen Wahlen schon immer eine große Herausforderung. Die Organisation von Wahlen ist heute jedoch um ein Vielfaches schwieriger und entsprechend die Fehleranfälligkeit größer geworden. Zum einen gibt es durch die Zersplitterung des Parteiensystems viel mehr Parteien, die im Vorfeld einer Wahl von den Wahlämtern betreut werden müssen. Zum anderen gibt es heute fünfmal mehr Wahlberechtigte als noch Anfang der 1980er Jahre. Bei der letzten Bundestagswahl hat fast die Hälfte der Wähler die Stimme nicht mehr im Wahllokal, sondern per Brief abgegeben. Das erfordert großen zusätzlichen Aufwand vor dem Wahltermin. Und für die Auszählung der Briefwahlstimmen muss es am Wahltag neben der generellen Organisation der Wahl in den einzelnen Wahllokalen eine zusätzliche Organisation mit entsprechend vielen Wahlhelfern geben. Die Briefwahl ist zudem – anders als die Wahl in den Wahllokalen – nicht vor verschiedensten Manipulationsmöglichkeiten gefeit. Und schließlich war früher die Bereitschaft, als Wahlhelfer am Wahltag zur Verfügung zu stehen, deutlich größer als heute.