Frank Schäffler war in der FDP einer der lautesten Akteure gegen das umstrittene Heizungsgesetz. Ein Porträt.
FDP-Politiker Frank SchäfflerVom Euro-Rebellen zu Habecks Gegenspieler
Frank Schäfflers Bundestagsbüro muss man erst mal finden. Es liegt einige Häuserblocks entfernt von den Büros derer, die in der FDP eigentlich den Ton angeben. Parteichef Christian Lindner oder Fraktionschef Christian Dürr sind, von hier aus gesehen, weit weg.
Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ex-Bundespräsident Joachim Gauck haben hier Büros und Mitarbeiter – und eben Frank Schäffler, dessen Zeit, als er als „Euro-Rebell“ der FDP die Schlagzeilen bestimmte, auch schon lange vorüber ist. Man hatte ihn fast vergessen. Seit er das umstrittene Heizungsgesetz von Robert Habeck maßgeblich mit aus den Angeln hob, ist Schäffler zurück.
Seither gehen bei ihm Hauptstadtjournalisten ein und aus, er gibt Interviews zur besten Sendezeit im Deutschlandfunk. Das muss man als einfacher Abgeordneter erst mal schaffen.
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Sein Comeback begann beim FDP-Bundesparteitag im April. Der 54-Jährige aus Bünde, Wahlkreis Ostwestfalen-Lippe, stellte einen Dringlichkeitsantrag zum Heizungsgesetz und nahm nach einer Rede, in der er „von einem Angriff auf das Eigentum in diesem Land“ sprach, die Delegierten für sich ein. Das Ergebnis ist bekannt: Nach wochenlangem Streit in der Ampel kam das Heizungsgesetz in seiner ursprünglichen Form erst gar nicht in den Bundestag – und wird jetzt mit zahlreichen Änderungen versehen.
Lichtjahre von AfD entfernt
„Gefährliche Effekthascherei“ wird Schäffler vonseiten der Grünen vorgeworfen. Sie sehen ihn als einen, den der Klimawandel nicht schert und dem es vor allem um die eigene Profilierung geht. Stimmt das?
Schäffler sitzt in seinem großen, spärlich dekorierten Büro und sagt: „Ich finde es absurd, wenn Grüne mir unterstellen, ich würde klingen wie ein AfD-Politiker. Aber es bereitet mir keine schlaflosen Nächte. Es ist mir nicht wichtig, von den Grünen gemocht zu werden.“ Gesellschaftspolitisch sei er von der AfD Lichtjahre entfernt. Er sei für die Cannabis-Legalisierung und habe auch kein Problem mit Zuwanderung – im Gegenteil.
Er stelle auch den Klimawandel nicht infrage, wie er heute sagt. Er kritisiert aus seiner Sicht nur den Weg zum Klimaschutz. „Und ich mache keine Religion daraus. Nicht jede Maßnahme ist per se gut und richtig, um dem Klimawandel zu begegnen.“ Früher allerdings klang er schon mal anders. 2014 etwa bezeichnete er sich noch als „Klimaskeptiker“. „Und wird es dennoch ein wenig wärmer, dann freue ich mich über die besseren Ernteerträge, die milderen Winter und den besseren Wein“, schrieb er damals.
Schäffler, der Fragen eher kurz beantwortet, kommt langsam in Fahrt. Es stimme auch nicht, dass die Welt immer schlechter werde. Vieles werde immer besser. In vielen Regionen der Welt gebe es Wachstum und weniger Kindersterblichkeit als früher, im Rhein könne man heute wieder schwimmen. „Auch die Klimafrage werden wir bewältigen, durch Vermeidung von Emissionen, aber auch durch Anpassung an die Erderwärmung.“ Alles halb so wild, also, denkt man, wenn man Schäffler so zuhört. „Die Grünen erzählen eine andere Geschichte, und das halte ich für falsch.“
Seinen Zukunftsoptimismus trägt Schäffler mit großem Ernst vor, er lächelt überhaupt selten. Dass der Mann rhetorisch zum Vulkan werden kann, wenn er denkt, es müsse sein, kann man sich eher nicht vorstellen. Dennoch gilt er in der FDP als Krawallmacher. Das Heizungsgesetz bezeichnete er immerhin als „Atombombe“. Manche halten Schäffler selbst für explosiv.
Seit er die damalige Rösler-FDP 2011 mit einer Mitgliederabstimmung zur Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung in die Zerreißprobe geführt hatte, zählte er nicht zu denjenigen, die Lindner beim behutsamen Wiederaufbau dabeihaben wollte. Bei der Aufstellung der Listenplätze für die Bundestagswahl in Nordrhein-Westfalen konnte er nicht auf Lindners Unterstützung zählen. Schäffler kam in den Bundestag, doch es wurde still um ihn. Bis jetzt.
Rückhalt für den Aufstand gegen das Heizungsgesetz empfand er vor allem in seiner Heimat, wie er erzählt. Nicht ohne Stolz spricht er von der eher unbekannten Gegend im Nordosten von Nordrhein-Westfalen, wo sich der gebürtige Schwabe heute auch mental tief verwurzelt sieht. Fernab der großen Zentren und Hauptstädte habe sich dort, rund um Paderborn, Minden, Bielefeld und Bünde ein Mittelstand entwickelt, der sich weltweit sehen lassen kann. Eine Region, die nie mit Subventionen gepampert wurde und es trotzdem geschafft hat.
Das imponiert Schäffler. Wenn ihm dann sein Schornsteinfeger und sein Heizungsinstallateur vor Ort sagen, dass das Heizungsgesetz von Habeck Quatsch ist, hat das für ihn mehr Gewicht als ein 30-stündiger Koalitionsausschuss in Berlin.
Und da ist es auch egal, dass Energiepolitik eigentlich nicht sein Thema ist. Im Bundestag ist er einfaches Mitglied im Haushaltsausschuss und Fachmann für Digitalpolitik. Er selbst ist überzeugt, er stehe viel mehr für den „Mainstream in der FDP, als es öffentlich dargestellt wird“. Er sei überhaupt kein „Krawallmacher“.
Innerparteiliche Harmonie
In den letzten Wochen aber hatte es zeitweise so ausgesehen, als hätten Lindner und Fraktionschef Dürr die Kontrolle verloren – und als könnte der Streit ums Heizen die Ampel-Koalition vorzeitig platzen lassen. Schäffler hält den Streit, der das Land wochenlang in Atem hielt, nicht einmal für ein Problem. „Ich finde das überhaupt nicht schädlich. Es gibt Länder auf dieser Welt, da entscheidet einfach einer alles allein. So möchte ich nicht leben.“
Als Beleg dafür, dass nun auch innerparteilich wieder alles in bester Ordnung ist, erwähnt Schäffler, dass Lindner seinen, also Schäfflers, Tweet zur letztlichen Einigung über die Leitplanken eines neuen Heizungsgesetzes weiterverbreitet habe. Darin schrieb Schäffler: „Es ist eine gute Grundlage für die weitere Beratung im Bundestag.“
Die Rebellion, so sagt er, habe sich doch gelohnt. „Ich empfinde eine gewisse Genugtuung, dass es geklappt hat.“ Wird er dem Gesetz, das er beim Parteitag als so grundsätzlich falsch bezeichnet hatte, also zustimmen? Schäffler sagt: „Ich werde am Ende zustimmen, aber es ist noch ein langer Weg.“ Der Rebell bleibt auf der Hut.