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Ex-Wehrbeauftragter im Interview„Wir sollten so schnell wie möglich Panzer liefern“

Lesezeit 4 Minuten
Marder Panzer

Schützenpanzer vom Typ "Marder" 

  1. Der SPD-Sicherheitspolitiker und frühere Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter-Bartels, sieht in einer militärischen Stärkung Kiews auch mit deutschen Panzern einen Weg, Putin zu einer Waffenruhe zu zwingen.
  2. Schon jetzt sei dessen Armee „entzaubert“, sagt er im Interview mit Tobias Schmidt. Sollten wir schwere Waffen liefern?

Herr Bartels, Außenministerin Annalena Baerbock sagt, die Ukraine brauche ganz dringend „schwere Waffen“. Was könnte Deutschland liefern, auch Kampfjets?

Nein, es geht vor allem um Ausrüstung für das ukrainische Heer. Die schon gelieferten leichten Waffen samt Munition waren für die Bodentruppen nützlich. Aber damit hält man Putins geplante Großoffensive in der Ostukraine nicht auf. Immerhin sind die sinnlosen deutschen Vorbehalte gegen die Weitergabe früherer NVA-Panzer und -Geschütze anderer Nato-Partner an die Ukraine aufgegeben worden. Doch jetzt geht es um schwere Waffen direkt aus Deutschland.

Hans-Peter-Bartels 

Welche?

Wenn die Ukraine um Schützenpanzer vom Typ Marder bittet, sollten wir dem so schnell wie möglich nachkommen. Zunächst dürfte es um eine überschaubare Stückzahl aus Bundeswehrbeständen gehen, die unsere Industrie zügig ersetzen könnte.

Was heißt „so schnell wie möglich“?

Wenn wir Marder abgeben, müssten wir ukrainische Soldaten daran auch ausbilden, hier bei uns oder auch in Polen. Das ist nicht die gleiche Technik wie die alten sowjetischen Panzer, die im Moment in der Ukraine ankommen. Ich gehe davon aus, dass wir in wenigen Wochen Marder oder auch Panzerhaubitzen an das ukrainische Heer übergeben könnten, vielleicht sogar moderne Luftabwehrsysteme, die man kurzfristig aus Exportaufträgen unserer Industrie abzweigt.

„Sondervermögen wird für die Truppe gebraucht“

In Bezug auf das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen warnt Bartels davor, Teile des Geldes für andere Zwecke als die Bundeswehr zu nutzen. „Das Geld wird für die Truppe gebraucht, Punkt!“ Damit zeigte der SPD-Sicherheitspolitiker Verständnis für die Drohung von CDU-Chef und Unionsfraktionschef Friedrich Merz, gegen das Sondervermögen zu stimmen, sollte nicht der gesamte Betrag in die Ertüchtigung der Bundeswehr fließen. Der Schwerpunkt müsse auf dem Heer liegen, damit Deutschland seinen Beitrag zur Nato-Verteidigung erfüllen könne. „Dazu gehören drei einsatzbereite Heeresdivisionen mit acht bis zehn voll aufgestellten Kampfbrigaden. Im Moment ist keine einzige voll ausgestattet“, sagte er. „Allein dafür werden 36 bis 38 Milliarden Euro benötigt.“ (tob)

Bislang hieß es immer: Wir können nicht mehr liefern, weil wir uns dann selbst schwächen ...

Deutschland muss sich nicht gegen Russland verteidigen, sondern die Ukraine. Die Ukraine kämpft um ihre Existenz, aber auch um die Freiheit als Lebensprinzip für alle Menschen in Europa. Unsere Nato-Bündnisverteidigung schützt uns vor einer möglichen Aggression Russlands. Die richtet sich jetzt aber gegen die Ukraine. Das heißt: Wo russische Kampfkraft sich verbraucht, kann sie nicht mehr die Nato und unser eigenes Land bedrohen. Das Argument „Wir geben nichts, um uns selbst besser verteidigen zu können“ zieht da nicht.

Ist es nicht viel zu gefährlich, Putin durch Waffenlieferungen zu reizen?

Unsere Rolle kann nur in der Mitte des Nato-Bündnisses sein. Deutschland sollte keinen Sonderweg gehen. Es hat auch keinen Sinn mehr zu versuchen, sich in Putins Kopf hineinzuversetzen. Wir müssen auf die eigene Stärke und die der Ukraine setzen, natürlich ohne unvernünftig zu werden. Die Nato wird nicht mit eigenen Truppen auf ukrainischem Boden oder an anderer Stelle gegen Russland eingreifen. Unterhalb dieser Schwelle allerdings braucht es jede Unterstützung für Kiew, die möglich ist.

Um Putins Armee zu besiegen?

Der Ukraine-Feldzug nutzt das russische Militär enorm ab. Die Verluste sind hoch. Es ist offenbar geworden, was Russlands konventionelle Streitkräfte können und was nicht. Putins Armee ist entzaubert, die Weltmachtposition geschwächt. Aber: Russland ist weiterhin die größte Atommacht der Welt. Wenn Moskau so weit ginge, Atomwaffen einzusetzen, würde das durchaus der russischen Militärdoktrin entsprechen. Zynisch formuliert: Die nukleare Abschreckung funktioniert.

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