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Islamistische GruppierungEU sucht Kontakt zu neuer syrischer Führung

Lesezeit 3 Minuten
13.12.2024, Syrien, Damaskus: Gläubige gehen zum Freitagsgebet zur Umayyaden-Moschee in Damaskus.

Gläubige gehen zum Freitagsgebet zur Umayyaden-Moschee in Damaskus.

Nach dem Umsturz in Syrien berät die Europäische Union über die Lage des Landes und will Kontakt zur neuen Führung des Landes aufnehmen.

Nach dem Umsturz in Syrien will die Europäische Union möglichst bald Kontakt zur neuen Führung des Landes aufnehmen. Die EU wolle mit den neuen Verantwortlichen auf Tuchfühlung gehen und ihnen die Erwartungen Europas verdeutlichen, sagte ein hochrangiger EU-Beamter am Freitag in Brüssel. Dazu zähle der Schutz von Minderheiten wie Kurden und Christen. Zudem will die EU auf das Risiko durch die verbleibenden zwei russischen Militärstützpunkte in Syrien hinweisen. Russland hatte den geflohenen Machthaber Baschar al-Assad jahrelang unterstützt.

Bisher unterhält die EU keinen Kontakt zur islamistischen Gruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS), die Assad am Sonntag gestürzt hatte. Die EU stuft die HTS wie die UNO als „Terrorgruppe“ ein. Inzwischen hat die Gruppierung ihren Vertreter Mohammed al-Baschir zum Chef einer Übergangsregierung ernannt und scheint laut Diplomaten gemäßigter aufzutreten.

EU will neue Flüchtlingswelle vermeiden

Die ersten Kontakte seien auf Arbeitsebene vorgesehen, sagte der EU-Beamte weiter, der nicht namentlich genannt werden will. Er verwies auf den für Syrien zuständigen EU-Botschafter, der wegen des rund zehnjährigen Bürgerkriegs in der libanesischen Hauptstadt Beirut sitzt. Es müsse erst geprüft werden, ob und wann er nach Damaskus zurückkehren könne, hieß es in Brüssel.

Die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas nimmt bereits am Samstag an einem internationalen Außenministertreffen in Jordanien teil, bei dem es um die Lage in Syrien geht. Daran nehmen die Chefdiplomaten zahlreicher arabischer Länder und der Türkei teil sowie US-Außenminister Antony Blinken.

Kallas hatte zuletzt vor einer Destabilisierung Syriens gewarnt und betont, das Land dürfe kein zweites Irak, Libyen oder Afghanistan werden. Die EU wolle eine neue Flüchtlingskrise vermeiden. Darüber hinaus müsse die Unabhängigkeit und Souveränität Syriens gewahrt bleiben, betonte sie mit Blick auf das israelische Vorrücken in die Pufferzone auf den Golanhöhen sowie das Vorgehen der Türkei gegen Kurden im Grenzgebiet zu Syrien.

EU-Außenminister beraten am Montag über Lage in Syrien

Am Montag beraten in Brüssel die EU-Außenminister über eine gemeinsame Botschaft an die neue syrische Führung. Ein am Mittwoch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) veröffentlichter Acht-Punkte-Plan zu Syrien sieht unter anderem vor, alle Minderheiten und politischen Gruppen bei der Regierungsbildung mit an den Tisch zu bringen und das Land nicht erneut zum „Spielball ausländischer Kräfte“ werden zu lassen.

Bei dem Außenminister-Treffen sollen außerdem neue Sanktionen gegen russische Geheimdienstagenten wegen „hybrider“ Angriffe auf die EU verhängt werden, wie am Freitag aus Diplomatenkreisen verlautete. Die EU und die Nato beschuldigen Moskau, hinter Sabotageakten, Brandstiftungen oder sogar Mordversuchen zu stecken, um den Westen zu destabilisieren und von der weiteren Unterstützung der Ukraine abzuhalten. Die EU macht Moskau außerdem für Cyberangriffe verantwortlich und wirft Russland Desinformationskampagnen im Zusammenhang mit Wahlen vor.

Am Montag soll darüber hinaus das 15. Sanktionspaket der EU gegen Russland wegen seines Angriffskriegs gegen die Ukraine verhängt werden. Die Strafmaßnahmen richten sich vor allem gegen die sogenannte russische Schattenflotte. Damit sind Tanker unter fremder Flagge gemeint, mit denen Russland das vor zwei Jahren verhängte Öl-Embargo umgeht. (afp)