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Deutscher Musiker sagt US-Tour ab„Ich bin wütend“ – Trumps „Shitshow“ sorgt für Boykott in Kanada und Europa

Lesezeit 5 Minuten
US-Präsident Donald Trump. In vielen Ländern gibt es Boykott-Bewegungen gegen die USA, seit der Republikaner das Amt übernommen hat. (Archivbild)

US-Präsident Donald Trump. In vielen Ländern gibt es Boykott-Bewegungen gegen die USA, seit der Republikaner das Amt übernommen hat. (Archivbild)

Nicht nur in Kanada wehren sich Konsumenten gegen Donald Trumps Politik. Auch in Europa werden drastische Maßnahmen ergriffen.

Ob Drohungen mit einem Handelskrieg oder gar direkt mit einer Annexion – US-Präsident Donald Trump hat sich in den ersten Wochen seiner zweiten Amtszeit im Weißen Haus international kaum Freunde gemacht. Fast im Stundentakt droht Trump vor allem den amerikanischen Nachbarstaaten und europäischen Verbündeten mit neuen Zöllen oder will sie wie im Fall von Kanada und Grönland direkt annektieren.

Der aggressive Kurs des US-Präsidenten bleibt jedoch nicht ohne Reaktion – von Kanada bis nach Europa formt sich derzeit weltweit eine Boykottbewegung. Das gemeinsame Ziel der Protestierenden: Amerikanische Produkte beim Einkauf zu vermeiden und so die US-Wirtschaft schwächen.

Deutscher Top-Violinist sagt US-Tour wegen Donald Trump ab

Neben den Maßnahmen auf Verbraucherseite reagiert aber auch der Kunst- und Kulturbetrieb auf die Trump-Herrschaft in den USA. So sagte der deutsche Top-Violinist Christian Tetzlaff die eigentlich für den Sommer geplante US-Tour seines Tetzlaff Quartetts kurzerhand ab. Auch hier lautete die Begründung: Donald Trump. 

„Es scheint, als ob die Geschehnisse entweder verschwiegen oder verleugnet werden“, zitierte der britische „Guardian“ den deutschen Violinisten, der damit sein Entsetzen über die autoritäre Politik Trumps und die eher zaghafte Reaktion der US-Eliten auf die wachsende Demokratiekrise des Landes zum Ausdruck bringen wollte. „Ich bin völlig wütend“, fügte Tetzlaff an. „Mit diesem Gefühl in meinem Inneren kann ich nicht weitermachen. Ich kann nicht einfach losziehen und eine Tour mit wunderschönen Konzerten spielen.“

Elon Musk unterstützt Donald Trump: Tesla-Aktie stürzt ab

Die negativen Gefühle angesichts von Trumps Politik verbinden den Künstler mit tausenden anderen Menschen in Nordamerika und Europa, die Trump und seinem Gefolge mit Ablehnung gegenüber stehen. Zuletzt war vor allem die Talfahrt der Tesla-Aktie dahingehend in den Fokus gerückt.

Menschen gehen in Bukarest an einem Wandgemälde vorbei, das Tech-Milliardär Elon Musk beim Hitlergruß zeigt. (Archivbild)

Menschen gehen in Bukarest an einem Wandgemälde vorbei, das Tech-Milliardär Elon Musk beim Hitlergruß zeigt. (Archivbild)

Elon Musk, Chef des Autobauers, wurde von Trump zum „besonderen Regierungsmitarbeiter“ ernannt und fällt seitdem mit radikalen Sparmaßnahmen und noch radikaleren Tönen auf seiner Plattform X auf. Bei den Feierlichkeiten zu Trumps Amtseinführung sorgte Musk schließlich mit einem Hitlergruß auf offener Bühne für Entsetzen – spätestens seit diesem Eklat fallen Teslas Verkäufe in Europa in den Keller. Allein am letzten Montag verlor die Tesla-Aktie zudem rund 15 Prozent ihres Wertes.

Kanadier boykottieren US-Produkte und Buhen bei Hymne

In Kanada boykottieren unterdessen viele Konsumenten derweil amerikanische Produkte in den Supermärkten – von Whiskey bis Pizzabelag. Eine ganze Reihe von Apps stehen den Kanadierinnen und Kanadiern dafür mittlerweile zur Verfügung – sie heißen „Buy Beaver“, „Maple Scan“ oder „Is This Canadian“. Mit ihnen können die Verbraucher Barcodes scannen, dann bekommen sie Informationen über den Herstellungsort eines Produktes.

Das Missfallen der Kanadier wird jedoch nicht nur an der Einzelhandelskasse sichtbar: Bei Sportveranstaltungen wird die US-Hymne mittlerweile nahezu bei jeder Gelegenheit ausgebuht. Auch Reisen in die USA sind rapide zurückgegangen, berichtete „Statistics Canada“ zuletzt. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Anzahl von Autoreisenden aus Kanada in die USA in diesem Februar um rund 23 Prozent gefallen. 

„Ich werde so viele amerikanische Waren wie möglich ersetzen“

Auch in Europa gibt es immer mehr Widerstand gegen Trump, Musk und Co. „Ich werde so viele amerikanische Waren wie möglich ersetzen“, schrieb eines von rund 70.000 Mitgliedern zuletzt in einer schwedischen Facebookgruppe, die zum Boykott amerikanischer Unternehmen aufruft.

In Dänemark, wo Trump mit seinen Annexionsdrohungen in Richtung Grönland für enorme Empörung gesorgt hatte, ergriff der größte Lebensmittelkonzern des Landes, die Salling-Gruppe, ebenfalls eine Maßnahme: Alle in Europa hergestellten Waren sollen in Zukunft mit einem schwarzen Stern gekennzeichnet werden, damit Verbraucher sich bewusst gegen US-Produkte entscheiden könnten.

Norwegisches Unternehmen vs. Donald Trump: „Die größte Shitshow“

In Norwegen geht man derweil noch weiter: Dort brach das Unternehmen Haltbakk, das im Öl-Geschäft tätig ist, seine Beziehungen zu den USA kurzerhand ab, berichtete der „Guardian“ weiter. Auf Facebook hatte die Firma nach dem Eklat im Weißen Haus, als Trump versucht hatte, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vorzuführen, ein Statement veröffentlicht, das wenig Fragen offen ließ.

„Wir waren heute Zeugen der größten Shitshow, die jemals vom derzeitigen amerikanischen Präsidenten und seinem Vizepräsidenten ‚live im Fernsehen‘ präsentiert wurde“, hieß es dort. „Großes Lob an den Präsidenten der Ukraine, dass er sich zurückgehalten und Ruhe bewahrt hat, obwohl die USA im Fernsehen eine hinterhältige Show abgezogen haben. Es hat uns krank gemacht“, schrieb das Unternehmen weiter.

Donald Trump veranstaltet Tesla-Verkaufsshow

„Aus diesem Grund haben wir beschlossen, die amerikanischen Streitkräfte in Norwegen und ihre Schiffe, die norwegische Häfen anlaufen, nicht mehr mit Treibstoff zu beliefern“, teilte Haltbakk mit. „Wir ermutigen alle Norweger und Europäer, unserem Beispiel zu folgen.“

US-Präsident Donald Trump zusammen mit Tesla-Chef Elon Musk in einem Tesla-Fahrzeug, das Trump laut eigenen Angaben gekauft hat.

US-Präsident Donald Trump zusammen mit Tesla-Chef Elon Musk in einem Tesla-Fahrzeug, das Trump laut eigenen Angaben gekauft hat.

US-Präsident Trump reagiert unterdessen auf typische Manier auf die Boykott-Bestrebungen. „An alle Republikaner, Konservativen und alle großen Amerikaner: Elon Musk setzt alles aufs Spiel, um unserer Nation zu helfen, und er macht einen FANTASTISCHEN JOB!“, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social.

„Aber die radikalen Linken versuchen, wie so oft, Tesla, einen der größten Autohersteller der Welt und Elons Baby, illegal und kollusiv zu boykottieren“, fügte der US-Präsident an und veranstaltete schließlich eine Verkaufsshow vor dem Weißen Haus zugunsten seines reichen Mitarbeiters. Freudig nahm Trump dabei einen neuen Tesla in Empfang und betonte, den vollen Marktpreis dafür zahlen zu wollen.

Proteste könnten sich ausweiten: „Die Menschen sind so wütend“

„Niemand – niemand – hätte gedacht, dass westliche Unternehmen oder Verbraucher solche Instrumente gegen Amerika einsetzen würden“, zitierte der britische „Guardian“ Elisabeth Shaw vom „Atlantic Council“, einer Denkfabrik, die sich mit der Führungsrolle der USA und der „atlantischen Gemeinschaft“ beschäftigt.

Doch gehören die USA nun überhaupt noch zu dieser Gemeinschaft? „Die Vereinigten Staaten sind der Anführer der freien Welt. Oder sie waren es“, lautete Shaws Bilanz. Trumps Kuschelkurs gegenüber Kremlchef Wladimir Putin und die Demütigung von Selenskyj deute für viele Menschen offenbar daraufhin, „dass Amerika nicht länger ein Mitglied dessen ist, was wir den Westen nennen“, fügte sie an.

Die Proteste könnten unterdessen noch größer werden, glaubt zumindest Zoe Gardner, Organisatorin der britischen Aktivistengruppe „Stop Trump Coalition“, die sich dafür einsetzt, dass ein geplanter Staatsbesuch des US-Präsidenten in Großbritannien abgesagt wird. „Vieles von dem, was wir sehen, kommt organisch zustande, weil die Leute Dinge auf TikTok veröffentlichen“, erklärte Gardner der britischen Zeitung. „Die Menschen sind so wütend. Es geht darum, die Macht zurückzuerobern.“