Debatte um WaffenlieferungProvoziert Deutschland? – Russland droht mit Konsequenzen
Berlin/Moskau/Kiew – Auf die Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland an die Ukraine folgt nun eine logistische Herausforderung. Panzer wie der Gepard und andere große Waffensysteme müssen erstmal ins Land und weiter an die Front gebracht werden. Dabei gilt: Bis zur ukrainischen Grenze führen die westlichen Partner Regie, im Land selbst sind die Ukrainer in der Verantwortung. Und die halten sich in genauen Details lieber bedeckt.
Getarnte Transporte im Visier
Russische Kampfflugzeuge und gezielte Raketenangriffe sind beim Transport schwerer Waffen in dem Land eine Gefahr, die Dunkelheit und dichte Vegetation dagegen natürliche Verbündete. Fachleute sprechen davon, die „Signatur“ der Fahrzeuge zu brechen, sie also für das Auge und auch darüber hinaus unkenntlich zu machen. Denn auch die Wärmeabstrahlung im Betrieb ist charakteristisch für einen Panzer, so wie das Rohr der Kanone oder Ketten gleich ins Auge springen. Viel spreche für einen Bahntransport, sagt ein Militärexperte. Aber auch eine Fahrt auf zivilen Tiefladern, abgedeckt und als Einzeltransport biete sich an. „Die Ukrainer haben sich als sehr clever herausgestellt“, heißt es dazu.
Schwarzer verteidigt Brief an Scholz
Feministin Alice Schwarzer hat Kritik an dem Offenen Brief zurückgewiesen, mit dem sie und andere Prominente vor einem Dritten Weltkrieg infolge der Waffenhilfe für die Ukraine warnen. „Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich ernsthaft von der Gefahr eines neuen Weltkriegs überzeugt“, sagte die Publizistin am Sonntagabend in der Bild-Talksendung „Die richtigen Fragen“. Zwar sei Hilfe für die Ukrainer bei der Selbstverteidigung richtig, doch gehe es „um die sehr schwierige Grenzziehung zwischen Unterstützung zur Verteidigung und Lieferung von Waffen, die von Herrn Putin als Angriffswaffen verstanden werden können“.
Bis Montagmorgen wurde der Brief von Schwarzer und anderen Prominenten von rund 140000 Menschen digital unterzeichnet. Im ZDF-„Morgenmagazin“ wies Schwarzer am Montag Vorwürfe zurück, man würde die Ukraine im Stich lassen. In Umfragen sei die Bevölkerung geteilt, ob man schwere Waffen in die Ukraine liefern solle. Darüber müsse man diskutieren. (dpa)
Russland klärt Ziele in der Ukraine mit Hilfe von Satelliten auf. Westliche Militärs haben zudem fest einkalkuliert, dass russische Spezialkräfte im Westen der Ukraine Streckenabschnitte im Blick haben und gezielte Angriffe einweisen können. Da sich russische Kampfflugzeuge dort wegen der Flugabwehr der Ukrainer nicht unbedroht bewegen könnten, setze Russland auf Raketenangriffe und auf ruhende Ziele – wie echte oder vermeintliche Waffenlager. Es geht um täuschen und tarnen. Schon in Deutschland befinden sich die 50 Gepard-Panzer nicht an einem Ort. Sie sind kontrolliert „eingemottet“ worden, aber auch kurzfristig lieferbar.
Große Herausforderungen
Nahezu überschwänglich dankte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow schon seiner deutschen Kollegin Christine Lambrecht für die angekündigte Lieferung von Flugabwehrpanzern. Aber auch der 55-Jährige weiß, dass dem Land nach gut zwei Monaten Blutvergießen und dem Verlust Tausender Soldaten „äußerst schwierige Wochen“ bevorstehen. Die Ausbildung an den Waffen und die Logistik bräuchten Zeit, meinte Resnikow. Ihm ist klar, dass Russland in der massiv aufgestockten Militärhilfe nicht nur eine weitere massive Eskalation in dem Konflikt sieht, sondern die schweren Waffen auch ins Visier nimmt. Fast täglich berichten die russischen Streitkräfte darüber, wie sie Lager mit Waffen und Munition, darunter Raketen, in der Ukraine vernichten. Der russische Generalmajor Igor Konaschenkow, erklärt in Videos des Verteidigungsministeriums morgens und abends kühl, wo welches Objekt getroffen wurde.
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Wie bei einer Waffenschau präsentiert er, wie Raketen abgefeuert werden – von Kriegsschiffen oder Flugzeugen oder bodengestützter Luftabwehr. Dabei wurden zuletzt immer wieder Bahn- und Gleisanlagen getroffen. Weil der See- oder der Lufttransport nicht in Frage kommen, können die Waffen nur über Landwege in die Ukraine gelangen. Die dürften künftig verstärkt ins Visier der russischen Armee geraten.
Gefahr der Eskalation?
In einem weltweit beachteten Interview des russischen Staatsfernsehens warnte der russische Außenminister Sergej Lawrow nun sogar vor der „realen“ Gefahr eines Dritten Weltkrieges. Besonders die „Zeitenwende“ in Deutschland stößt vielen in Russland auf – und führt sogar zu Vergleichen mit dem Russlandfeldzug des Deutschen Reiches von 1941 unter Diktator Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg. Das russische Außenministerium warf Kanzler Olaf Scholz schon im März eine „besonders zynische“ Politik vor, als es um die Lieferung von 1000 Panzerabwehrwaffen sowie 500 Boden-Luft-Raketen vom Typ „Stinger“ ging. Kremlchef Wladimir Putin drohte in dieser Woche erneut mit „blitzschnellen“ Gegenschlägen, sollte es eine Einmischung geben.