Kerstin Herrenbrück ist Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Höhenhaus. Sie spricht über den besonderen Wunsch Salomos.
Das Wort zum SonntagWie Gott Salomo im Traum verändert
Der junge Salomo übernimmt die Thronfolge seines Vaters. Und wie das so ist bei vielen Machthabern, hat auch er Angst um seine Autorität. Also zeigt er auf gewaltvolle Weise, wer das Sagen hat. Bis hierher ist das eine Geschichte, die schon viele Leben geschrieben haben und schreiben – irgendwie scheint es der ganz normale Wahnsinn zu sein.
Aber dann passiert etwas: als der neue König schläft, träumt er und Gott nimmt diesen Traum für eine Begegnung. Wie eine gute Fee sagt Gott zu Salomo: „Was immer du bittest, will ich dir geben!“ (1. Könige 3,5) Einen Wunsch hat Salomo also frei. Mehr Besitz, noch mehr Macht – niemand hätte sich über solche Wünsche gewundert.
Aber Salomo wünscht sich ein „hörendes Herz“ (1. Könige 3,9), ein Herz also, in dem der Verstand und das Gefühl sich miteinander verbinden, um aufmerksam sein zu können für die Menschen und um gute Entscheidungen für das Volk treffen zu können. Das ist so schön, dass es wirklich nur ein Traum sein kann.
Aber tatsächlich verändert dieser Traum den König, oder besser: Gott verändert Salomo im Traum. Aus dem kleinen Despoten wird ein großer Diplomat, der künftig genau hinhört, bevor er ein Urteil fällt. Die Stimmen anderer Menschen und die Stimme Gottes werden für ihn zu wichtigen Maßstäben seines Regierungshandelns.
Wie schön wäre es, wenn alle Regierenden auf diese Weise, quasi über Nacht, verändert würden – und die Logik der Gewalt grundsätzlich ersetzt würde durch die Logik des Lebens und der Liebe. Ich glaube, überall da, wo Menschen mit einem hörenden Herzen leben und damit auch Gott eine Stimme für ihr Leben geben, da kann aus Träumen Wirklichkeit werden, da werden Leben und Liebe größer sein als Gewalt und Macht.