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Das Wort zum SonntagVon Charles III. und dem Ritus der Salbung

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06.04.2023, Vatikan, Vatikanstadt: Blick auf eine Statue im Inneren des Petersdoms während der Chrisammesse. Mit der Chrisammesse leitet der Papst die Feierlichkeiten zum Osterfest ein. Während der Messe im Petersdom weiht er traditionell die heiligen Öle, die im Kirchenjahr etwa für Taufen, Priesterweihen oder Krankensalbungen verwendet werden.

Vatikanstadt: Blick auf eine Statue im Inneren des Petersdoms während der Chrisammesse. Während der Chrisammesse im Petersdom weiht der Papst die heiligen Öle, die im Kirchenjahr etwa für Taufen, Priesterweihen oder Krankensalbungen verwendet werden.

Hartmut Kriege von der katholischen Kirchengemeinde St. Nikolaus in Bonn macht sich Gedanken über die Geschichte und Tradition der Salbung.

Wenn sich Charles, als Nachfolger seiner Mutter Elisabeth II., jahrzehntelang auf diesen Tag vorbereitet, nun als Karl III. zum britischen König gesalbt (und gekrönt) wird, folgt diese Zeremonie in der Westminster Abbey einem langlebigen, religiös-mythischen Vorbild: der Salbung Sauls zum ersten König der Stämme Israels, wie es im „Buch (1) Samuel“ der Bibel nachzulesen ist (10,1).

Diese Salbung, später auch an König David und seinen Nachfolgern vollzogen, war Teil des im orientalischen Raum verbreiteten Ritus, auf diese Weise Herrschaftsansprüche zu legitimieren und abzusichern. In Ägypten sollen sogar hochgestellte Hofbeamte vom Pharao persönlich für ihre jeweiligen Aufgaben „gesalbt“ worden sein.

Im frühen Mittelalter wird dieser Brauch neu belebt. Der Staatsstreich Pippins III. (Vater Karls des Großen) gegen die Merowinger hatte das überkommene Sakralkönigtum brüsk beendet. Zur Absicherung des Dynastiewechsels von Childerich III. zu Pippin besann man sich mit Hilfe der Kirche der alttestamentlichen Königssalbung, die Papst Stephan II. bei seinem Besuch im Frankenreich 754 persönlich an Pippin vollzog, womit er auch den Staatsstreich der Karolingerdynastie anerkannte.

Gleichzeitig hatte die Königssalbung, wie schon bei der von Salomon (1 Kön 1, 28 ff), das weitergehende Ziel, konkurrierende Herrschaftsansprüche anderer Thronprätendenten auszuschließen. Nur der von der Kirche und mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung Gesalbte ist der gottgewollte und daher legitime Herrscher. Denn allein der Gnade Gottes verdankt er seine Macht, wie heute, mit der Salbung Karls III. erneut betont werden soll. Dem König das Herrscherrecht streitig zu machen, galt und gilt weiter als Verstoß gegen die göttliche Weltordnung, wie bereit Sauls Thronkonkurrent David wusste (1 Sam 24).

In seinem Drama „Richard II.“ (Akt 3/ Bild 3) läßt Shakespeare den auf seine Vorrangstellung pochenden König denn auch folgerichtig sagen: „Nicht alle Flut im wüsten Meer kann den Balsam vom gesalbten König waschen. Der Odem ird’scher Männer kann des Herrn geweihten Stellvertreter nicht entsetzen... Der Himmel schützt das Recht“. Geholfen hat es ihm aber nicht: Er wurde nämlich abgesetzt und ermordet.