Berlin – Große Rauchwolken steigen über dem Wald auf, darunter stehen Bäume reihenweise in Flammen. In Brandenburg hat es jüngst auf einer Fläche von insgesamt 400 Hektar gebrannt - umgerechnet sind das etwa 600 Fußballfelder. Müssen wir uns künftig an solche Bilder gewöhnen oder gibt es Wege, wie wir unsere Wälder besser schützen können?
Für Sohid Saha vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) war der Brand beängstigend, kam aber nicht überraschend: „Deutschland ist jetzt ein Waldbrandland”, lautet sein Fazit. Forschende des KIT hatten im brandenburgischen Treuenbrietzen untersucht, wie sich ein Ökosystem von Bränden erholen kann. Doch die jüngsten Feuer zerstörten einen großen Teil der Versuchsflächen.
Im Schnitt bis zu ein Grad wärmer
„Als Folge des Klimawandels erleben wir nun extreme Hitzewellen sowie Dürren, und damit steigt natürlich auch die Feuergefahr”, sagt Saha, der am KIT eine Forschungsgruppe leitet. Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) haben jüngst ergeben: In Deutschland soll es in den kommenden Jahren im Jahresschnitt bis zu ein Grad wärmer werden als in den vergangenen drei Jahrzehnten.
Klar ist, dass Hitze selbst keinen Brand entzündet. Doch sie kann nach Worten des Klimaforschers Christopher Reyer die Entstehung von Waldbränden begünstigen. „Je heißer es wird, desto mehr Wasser verdunstet”, erläutert der Waldexperte vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Damit steht mehr trockenes Brennmaterial zur Verfügung.” Wenn Hitzewellen mit ausgedehnten Trockenperioden einhergehen, steigt laut Reyer das Waldbrandrisiko. Komme es zu einer Entzündung durch Blitz oder Mensch, „brennt es mehr”.
Für Johann Georg Goldammer ist Wind der wichtigste Faktor, wenn es um Größe und Ausbreitungsgeschwindigkeit von Waldbränden geht. Der Feuerökologe und Leiter des Zentrums für Globale Feuerüberwachung am Max-Planck-Institut für Chemie und an der Universität Freiburg erklärt: Bei Windstille könne ein Feuer sogar in extrem trockener Vegetation leichter aufgehalten werden als bei nur geringem Wind. Dieser Faktor sei „besonders wichtig für das Feuerverhalten und damit die Kontrollierbarkeit eines Wildfeuers”, so Goldammer.
Leichtbrennende Kiefern statt Eichen und Buchen
Besonders brandanfällig sind Monokulturen aus Nadelbäumen auf sandigem Boden wie in Brandenburg. Das Bundesland stand im Ländervergleich der Waldbrandstatistik 2021 mit 168 Bränden auf rund 42 Hektar Fläche erneut an der Spitze. Auf rund 70 Prozent der Waldfläche wachsen hier laut Potsdamer Forstministerium Kiefern - so viele wie nirgends sonst in Deutschland. Im 18. Jahrhundert wurden dort die bis dahin vorherrschenden Eichen und Buchen durch schnell wachsende Kiefern ersetzt, um den großen Holzbedarf zu decken. Diese Strategie setzte die DDR fort.
In solchen Kiefernforsten brennen nicht nur die Bäume leicht. Auch der aus Kiefernnadeln bestehende Boden trocknet schnell aus und kann ebenfalls brennen. Zudem ist die durchschnittliche Regenmenge in Brandenburg deutlich geringer als etwa in Bayern.
Nach Angaben der Helmholtz-Klima-Initiative gibt es in Deutschland inzwischen deutlich mehr Tage mit hoher Waldbrandwarnstufe: 1961 bis 1990 waren es demnach rund 27 Tage pro Jahr mit hohem oder sehr hohem Waldbrandrisiko. Im Zeitraum 1981 bis 2010 waren es rund 33 Tage pro Jahr, im Zeitraum 1991 bis 2019 schon rund 38 Tage.
Saha geht deshalb davon aus, dass in Deutschland regelmäßig mit großen Waldbränden über mehrere Hundert Hektar zu rechnen sein wird. Das schätzt Klimaforscher Reyer ähnlich ein. Verschiedene Simulationen am PIK hätten ergeben, dass das klimatische Waldbrandrisiko in Zukunft zunehmen werde. Die Bedingungen in Brandenburg mit hohen Temperaturen, vorheriger Trockenheit und Wind bezeichnet der Klimaforscher als „sehr extreme Feuerwetterlage”.
Was kann jetzt getan werden? Saha führt die USA an, in dem die nationale Forstbehörde die Hälfte ihres Jahresbudgets in den Feuerschutz investiert. Für Deutschland empfiehlt er, mehr Fachleute für die Waldbrandbekämpfung auszubilden, Strukturen und Verantwortlichkeiten zu reformieren und mehr Ressourcen für die Forschung zu Brandvermeidung, Brandbekämpfung, Feuerökologie und Wiederherstellung von Wäldern nach Bränden bereitzustellen.
Wie unterschiedliche Baumarten auf Feuer reagieren, erfordere einen sehr hohen Forschungsaufwand, erklärt der KIT-Experte. Er ist überzeugt, dass es mit einer langfristigen Strategie möglich sei, den deutschen Wald widerstandsfähiger zu machen: „Unsere künftigen Wälder, die nach den Bränden wiederhergestellt werden, müssen in ihrer Artenzusammensetzung vielfältiger sein.” Auch Reyer spricht sich für einen solchen Waldumbau aus. Es müssten strukturreichere Bestände mit einer Baumarten-Mischung entstehen, die „den Herausforderungen des Klimawandels gewachsen sind”, sagt der Klimaforscher und Waldexperte.
Also heißt die Zauberformel beim Waldumbau Misch- statt Nadelwald? So einfach sei das nicht, sagt Feuerökologe Goldammer. Einige Laubholzarten, die noch vor wenigen Jahren als Kandidaten für den Wald der Zukunft gehandelt wurden, zeigten sich jetzt als anfällig. Das verändere die Lage. In der Waldbrandstatistik lasse sich das über die Jahre anhand der Zunahme des Anteils an Laubwäldern an der Brandfläche ablesen, erklärt Goldammer. Allgemein gelte: „Ein Mischwald kann bei anhaltender Trockenheit in eine vergleichbare Brennbereitschaft geraten.”
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