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BSW sieht „rumänische Verhältnisse“Wagenknecht-Partei will juristische Schritte prüfen – und erntet Trump-Vergleiche

Lesezeit 4 Minuten
Sahra Wagenknecht am Montag bei einer Pressekonferenz.

Sahra Wagenknecht am Montag bei einer Pressekonferenz.

Schon am Wahlabend deutete sich an, dass es für das Bündnis Sahra Wagenknecht nicht reichen könnte. Das BSW gibt sich aber kämpferisch.

Dass das Bündnis Sahra Wagenknecht mit dem Wahlausgang nicht zufrieden ist, wurde bereits am Sonntagabend deutlich. Ohne weitere Begründung nahm statt Gründerin Sahra Wagenknecht die Co-Parteichefin Amira Mohamed Ali an der „Berliner Runde“ nach den ersten Hochrechnungen teil. Zu diesem Zeitpunkt war noch offen, ob die junge, oftmals auf Populismus setzende Partei, den Sprung in den Bundestag schaffen würde.

Am Montagmorgen stand dann fest: Das BSW hat es nicht geschafft. Mit 4,97 Prozent der Zweitstimmen verpasst die Wagenknecht-Partei denkbar knapp den Einzug in den Bundestag. Nun erwägt man in den Reihen der Partei, das Ergebnis der Bundestagswahl juristisch überprüfen zu lassen, das erklärten Wagenknecht und Mohamed Ali am Montag.

Sahra Wagenknecht will Wahlergebnis juristisch überprüfen lassen

Bereits in der Nacht hatte BSW-Politiker Fabio De Masi entsprechende Andeutung auf der Plattform X gemacht – und sich dafür auch kritische Kommentare eingehandelt. Für Ärger sorgt bei Wagenknecht und ihren Mitstreitern, dass viele deutsche Wahlberechtigte im Ausland wegen der kurzen Fristen ihre Stimme nicht hätten abgeben können.

Angesichts des sehr knappen Wahlergebnisses, bei dem dem BSW rund 13.400 Stimmen zum Einzug in den Bundestag gefehlt hätten, „stellt sich schon die Frage nach dem rechtlichen Bestand des Wahlergebnisses“, sagte Wagenknecht. Die Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali sagte: „Wir werden die Sache jetzt juristisch überprüfen lassen.“

Fabio De Masi sorgt mit nächtlichen Beiträgen für Wirbel

Parteikollege De Masi hatte sich bereits zuvor in diese Richtung geäußert. „Ich fürchte diese Wahl wird noch Karlsruhe beschäftigen“, schrieb der BSW-Politiker in der Nacht auf X und bemängelte nicht nur die Problematik rund um die Auslandsdeutschen, sondern sprach auch von einer „massiven Medienkampagne“ und „falschen Exit Polls“, die sich am Wahltag „wie ein Lauffeuer“ verbreitet hätten.

„Die vermeintlichen Exit Polls deckten sich mit einer absurden Forsa-Umfrage, die wenige Tage vor der Wahl aus dem Rahmen der anderen Umfragen fiel und uns plötzlich bei drei Prozent führte – was erwiesenermaßen Einfluss auf Wahlentscheidungen nimmt“, beklagte der Europaabgeordnete des BSW.

In einem weiteren Beitrag hatte De Masi unterdessen von „rumänischen Verhältnissen“ geschrieben und gefordert: „Wir müssen über Desinformation in Deutschland sprechen!“ Wenige Stunden zuvor klang De Masi derweil noch anders: „Wir haben jetzt schon Parteiengeschichte geschrieben – egal ob morgen eine 5 vor dem Komma steht“, fand er lobende Worte für seine Partei. Für die nächtlichen Äußerungen gab es dann Kritik bei X – und so manche Anspielungen auf das Verhalten von US-Präsident Donald Trump nach seiner Wahlniederlage gegen Joe Biden.

De Masi spricht von „rumänischen Verhältnissen“ und „Desinformation“

„Es ist bemerkenswert, mit welcher Aggressivität allein dem Erwägen dieser Möglichkeit von vermeintlich aufgeklärten Zeitgenossen begegnet wird und Vergleiche mit Donald Trump gezogen werden“, konterte De Masi die Anspielungen schließlich am Montagmorgen.

In der Nacht hätten ihn „zahlreiche Zuschriften“ von Auslandsdeutschen erreicht, „die wütend sind, dass sie an ihrem Wahlrecht faktisch gehindert wurden und darum bitten, die Wahl überprüfen zu lassen“, führte der BSW-Politiker aus. „Für Beschwerden ist zunächst der Wahlausschuss des Bundestages zuständig. Dann steht der Weg nach Karlsruhe offen.“

Sahra Wagenknecht lässt ihre Zukunft offen

Welche Konsequenzen das BSW nach dem knappen Scheitern bei der Bundestagswahl ziehen wird, blieb am Montag unterdessen offen. BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht legt sich vorerst nicht fest, ob sie weiter an der Spitze ihrer jungen Partei bleibt. Dies werde nun in den Gremien beraten, sagte Wagenknecht in Berlin. Wenn es ein Ergebnis gebe, werde man dies mitteilen.

Sahra Wagenknecht (r.) und Amira Mohamed Ali verlassen das Podium nach ihrer Pressekonferenz.

Sahra Wagenknecht (r.) und Amira Mohamed Ali (l.) verlassen das Podium nach ihrer Pressekonferenz.

Auf Nachfrage wollte sie ausdrücklich nicht sagen, ob sie sich zurückzieht. „Ich weiß, dass Sie das sehr gerne jetzt hören möchten, und deshalb werde ich Ihnen diesen Gefallen jetzt nicht tun.“ Vor der Wahl hatte Wagenknecht noch erklärt: „Die Wahl ist natürlich auch die Entscheidung über meine politische Zukunft. Wer nicht im Bundestag ist, ist in der deutschen Politik kein relevanter Faktor mehr.“

Häme von Linken – Kritik von Politik- und Osteuropa-Experten

Häme bekam das BSW unterdessen von der Linken, aus der die Partei mehrheitlich hervorgegangen war. „Ich glaube ja, das wird ein Phänomen wie die Piratenpartei. Die werden wir in zwei, drei Jahren gar nicht mehr erinnern, aber das müssen wir mal abwarten“, sagte Linken-Chef Jan van Aken im ARD-Morgenmagazin.

Schadenfreude empfinde er deshalb aber nicht, sagte der Linken-Chef. Auf die Frage, ob die Partei das BSW wieder absorbieren könne, entgegnete er: „Das schauen wir mal. Da haben wir noch gar nicht darüber nachgedacht.“

„Statt in Trump-Manier die Wahl anzuzweifeln, sollte sich BSW besser hinterfragen“

Auch Politik- und Osteuropa-Experten kommentierten das Abschneiden der Partei – und die nun vom BSW angestrebte Überprüfung der Wahl. „Statt in Trump-Manier die Wahl anzuzweifeln, sollte sich das BSW besser selbst hinterfragen“, schrieb der Osteuropa-Experte Thomas Dudek bei X.

Auch der Sicherheitsexperte Peter R. Neumann lieferte einen spitzen Kommentar. „Um aus den Auslandsdeutschen nochmal 13.000 zusätzliche Stimmen rauszuquetschen, müsste das BSW etwa 13 % bekommen“, rechnete Neumann vor. Dies sei „sehr unwahrscheinlich“, führte er aus und fügte mit Blick auf den russlandfreundlichen Kurs der Partei an: „Außer bei denen in Russland vielleicht.“ (mit dpa/afp)