Bertelsmann-StudieZu viele schlechte Krankenhäuser in der Region
- Eine neue Studie belegt, dass weniger Krankenhäuser besser für die Patienten wären.
- Allein im Großraum Köln/Leverkusen gibt es 24 Krankenhäuser zu viel.
Düsseldorf – Die Bertelsmann Stiftung fordert die massenhafte Schließung von Krankenhäusern in Deutschland. „Eine starke Verringerung der Klinikanzahl von aktuell knapp 1400 auf deutlich unter 600 Häuser würde die Versorgungsqualität für Patienten verbessern und bestehende Engpässe bei Ärzten und Pflegepersonal mindern“, heißt es in der Zusammenfassung einer neuen Studie, die am heutigen Montag veröffentlicht werden soll.
Dass die deutsche Krankenhauslandschaft wirtschaftlich kaum noch tragbar ist, hatten zuvor schon andere Studien gezeigt. Ende vergangenen Jahres rechnete in NRW nicht einmal mehr jedes zweite Haus mit schwarzen Zahlen. Die Untersuchung der Bertelsmann Stiftung weist nun erstmals nach, dass das Überangebot vor allem an kleineren Krankenhäusern auch eine Gefahr für die Patienten ist. Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsamann Stiftung, formuliert das so: „Wenn ein Schlaganfallpatient die nächstgelegene Klinik nach 30 Minuten erreicht, dort aber keinen entsprechend qualifizierten Arzt und nicht die medizinisch notwendige Fachabteilung vorfindet, wäre er sicher lieber ein paar Minuten länger zu einer gut ausgestatteten Klinik gefahren worden.“
Erster Schritt: Das Optimum ausloten
Für die Studie hat rund ein Dutzend führender Experten aus dem In- und Ausland zunächst Ziele für das theoretische Optimum einer deutschen Krankenhausversorgung definiert. Als vorrangige Qualitätskriterien definierten die Wissenschaftler eine gesicherte Notfallversorgung in der Fläche, eine Facharztbereitschaft rund um die Uhr, eine angemessene technische Ausstattung und ausreichende Erfahrung des medizinischen Personals.
Im zweiten Schritt wurde in einer Simulation berechnet, wie die konsequente Anwendung dieser Zielvorgaben sich auf eine konkrete Modellregion auswirken würde: Den Großraum um Köln und Leverkusen inklusive der angrenzenden ländlichen Regionen Rhein-Erft-Kreis und Oberbergischer Kreis. „Wie die Simulation zeigt, könnte die Region mit 14 statt den aktuell 38 Akutkrankenhäusern eine bessere Versorgung bieten, ohne dass die Patienten im Durchschnitt viel längere Fahrzeiten in Kauf nehmen müssten“, fasst die Stiftung das Ergebnis zusammen.
Studie spielt Gesundheitsminister in die Hände
Die Bündelung von medizinischem Personal und Gerät würde sogar „zu einer höheren Versorgungsqualität in den verbleibenden Häusern beitragen, vor allem in der Notfallversorgung und bei planbaren Operationen“. Denn im Großraum Köln/Leverkusen verfügten nur diese 14 überhaupt über die technische Ausstattung, um etwa Herzinfarktpatienten angemessen zu behandeln.
Die Studie spielt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) in die Hände, der unter wachsendem Protest schon seit Anfang 2018 die Ausdünnung der Krankenhauslandschaft in NRW vorbereitet. In seinem Auftrag ebnen Gutachter derzeit den Weg für neue Zentralkliniken, in denen mehrere Häuser Kompetenzen bündeln. Außerdem sollen die Berater Überangebote identifizieren. Die Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW) stellt sich nicht grundsätzlich quer, will die Reform aber über die Akteure vor Ort entwickelt und nicht von oben verordnet wissen. Große Betreiber wie die katholische Caritas haben hingegen bereits vor einer „Klagewelle einzelner Häuser“ gewarnt.
Gegenüber unserer Redaktion kündigte Laumann am Wochenende die Veröffentlichung des Gutachtens zum Jahres ende an: „Wir wollen den neuen Plan dann bis zum Jahresende gemeinsam mit dem Landesausschuss für Krankenhausplanung entwickeln“, so Laumann. Die Richtung gibt er bereits vor: „Gerade in Anbetracht begrenzter finanzieller Ressourcen und des Fachkräftemangels sind auch in der Krankenhauslandschaft ressourcenschonende Strukturen notwendig. Um dieses Ziel zu erreichen, werden sicherlich auch Zentralisierungen und Spezialisierungen eine Rolle spielen.“