Kommentar zur hohen Zahl von KlinikenStudie verkauft Zynismus im Gewand der Vernunft
- Kosten im Griff zu haben ist sicher gut.
- Doch die jetzt geforderte Schließung vieler Krankenhäuser ignoriert die Bedürfnisse vieler Millionen Menschen.
- Wer weit ab von den Zentren lebt, hat der Bertelsmann-Studie zufolge einfach Pech gehabt.
Die Botschaft scheint eindeutig zu sein: Deutschland hat zu viele Krankenhäuser. Nur die wenigsten sind in der Lage, hohe Qualitätsstandards bei Diagnostik und Behandlung zu gewährleisten. Die Autoren der Studie suggerieren, dass Patienten in Gefahr sind, wenn sie sich dort in Behandlung begeben.
Die Zukunftsaussichten zeichnet die Studie düster: Zu wenig Pflegekräfte, zu wenig Ärzte, um das Angebot aufrecht zu erhalten. Der Therapievorschlag: Mehr als die Hälfte der Häuser schließen, Fachabteilungen bündeln und Patienten lieber weit durch die Gegend fahren, statt sie wohnortnah zu versorgen. Im Zweifelsfall sogar mit dem Hubschrauber einfliegen.
Wer soll erledigen, was Krankenhäuser künftig nicht mehr tun?
Was die Autoren im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung da fordern ist die Anwendung rein betriebswirtschaftlicher Kriterien auf ein existenzielles Thema. Grundsätzlich ist es sicher richtig, die Kosten im Griff zu haben. In dieser Zuspitzung sind die Forderungen jedoch beinahe skandalös, weil sie die Bedürfnisse von Millionen Menschen ignoriert. Das ist Zynismus im Gewand von Vernunft.
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Ein Beispiel: Gerade alte Menschen gehen gerne in Krankenhäuser in der Nähe ihres Wohnortes. Auch wenn sie dort nicht so optimal versorgt werden können wie in der zwei Stunden entfernten Uniklinik, bekommen sie doch Besuch und können ihr Leben organisieren. Wer weit ab von den Zentren lebt, hat nach dieser Studie eben Pech gehabt. Wer jemals mit chronisch kranken Menschen zu tun hatte weiß im Übrigen, wie schlecht ambulante Versorgung bisweilen funktioniert. Da wird eine plötzliche Entlassung am Freitagnachmittag schon mal lebensgefährlich. Wer soll erledigen, was die Krankenhäuser künftig nicht mehr tun? Außer technischen Lösungen gibt es keine Antworten. Aber Technik wird diese Probleme nicht beheben.
Private Krankenhauskonzerne profitieren
Die Vorschläge der Stiftung konterkarieren die Bemühungen der Bundesregierung, die ländlichen Räume am Leben zu halten. Krankenhäuser sind ein wichtiges Element der Daseinsvorsorge. Die Stiftung hält sie offenbar für Fabriken zum Abwickeln standardisierter Behandlungen.
Wem nützt diese Studie? Den Kostensenkern überall im Gesundheitswesen vor allem bei den Krankenkassen. Sie nützt den privaten Krankenhauskonzernen, denn die gerne in die Versorgung einsteigen, wenn es etwas zu verdienen gibt. Notwendige Investitionen schaffen am ehesten sie. Was das bedeutet ist derzeit in Sankt Augustin mit dem Asklepios-Konzern hautnah zu beobachten. Im Zweifelsfall sind Patienten und Mitarbeiter einfach egal.