Die offene Kritik von Angela Merkel an Friedrich Merz hat im Wahlkampf für viel Wirbel gesorgt. Nun hat die Altkanzlerin nachgelegt.
Freude bei Grünen über AuftrittMerkel bekräftigt Kritik an Merz – und sorgt mit einem Zögern für Gelächter
![Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) steht nach der „Die Zeit“-Veranstaltung „Eine Stunde Zeit mit“ auf der Bühne im Deutschen Schauspielhaus.](https://static.rundschau-online.de/__images/2025/02/06/1059dc9a-bddc-45e0-bf21-1bfad1a1a801.jpeg?q=75&q=70&rect=0,61,3510,1974&w=2000&h=1452&fm=jpeg&s=12370fd74f522f1928421d3c8d37dff0)
Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) steht nach der „Zeit“-Veranstaltung „Eine Stunde Zeit mit“ auf der Bühne im Deutschen Schauspielhaus.
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Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre vergangene Woche geäußerte Kritik am Umgang des Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) mit der AfD bekräftigt. Dabei habe es sich „um eine Frage grundsätzlicher Bedeutung“ gehandelt, sagte Merkel am Mittwochabend bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung „Die Zeit“ in Hamburg. „Ich habe es richtig gefunden, in so einer entscheidenden Situation nicht zu schweigen“, sagte Merkel. „Wir können da beide mit umgehen“, sagte Merkel mit Blick auf Merz.
Dass sie sich erst einen Tag nach der Bundestagsentscheidung zum Entschließungsantrag geäußert hat, begründete sie damit, dass sie nicht vorschnell habe vorgehen wollen. „Da habe ich noch mal eine Nacht auch darüber geschlafen und fand es dann doch richtig und für mich einfach auch notwendig, dazu meine Meinung zu sagen.“
Angela Merkel hält Friedrich Merz' Kursumkehr für falsch
Sie habe es „staatspolitisch richtig“ gefunden, dass Merz noch im November nach dem Bruch der Ampel-Koalition auch zufällige Mehrheiten im Bundestag mit der AfD ausgeschlossen habe. „Ich fand es sehr, sehr richtig und wichtig, dass Friedrich Merz am 13. November im Deutschen Bundestag angesichts des Zusammenbruchs der Ampel artikuliert hat, dass er diese mehrheitsmäßige, unübersichtliche Situation im Deutschen Bundestag nicht ausnutzen möchte“, erklärte Merkel.
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![05.02.2025, Hamburg: Altkanzlerin Angela Merkel (M, CDU) sitzt zwischen Moderatorin Mariam Lau und Moderator Roman Pletter während der «Die Zeit»-Veranstaltung «Eine Stunde Zeit mit...» auf der Bühne im Deutschen Schauspielhaus. Foto: Marcus Brandt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++](https://static.rundschau-online.de/__images/2025/02/06/0fad001d-1926-491a-88d2-5bb24e55b624.jpeg?q=75&q=70&rect=0,618,4000,2250&w=2000&h=1438&fm=jpeg&s=0930b65cae753e74720fee0896bb57eb)
Altkanzlerin Angela Merkel (M., CDU) sitzt zwischen Moderatorin Mariam Lau (l.) und Moderator Roman Pletter auf der Bühne im Deutschen Schauspielhaus.
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Die Kursumkehr in der vergangenen Woche dagegen habe sie falsch gefunden. Es solle weiterhin „auch unter schwierigen Bedingungen nicht dazu kommen“, dass Mehrheiten mit der AfD zustande kommen, sagte Merkel, deren Kritik an Merz immer wieder Thema bei der Veranstaltung war.
Kritik an Friedrich Merz steht im Fokus
So kam Merkel beim Thema Feminismus auf den Kampf gegen die Vergewaltigung in der Ehe, den feministische Vorreiterinnen geführt haben, zu sprechen. Von Moderatorin und „Zeit“-Redakteurin Mariam Lau wurde Merkel daraufhin gefragt, ob sie das Beispiel bewusst gewählt habe.
Merz hatte 1997 gegen einen Gesetzentwurf, der die Vergewaltigung in der Ehe ins Strafgesetzbuch aufnehmen sollte, gestimmt. Die Frage der von Lau wies Merkel jedoch zurück, sie habe dabei nicht an Merz gedacht, versicherte die Altkanzlerin, die dem CDU-Kandidaten echte Unterstützung jedoch erneut verwehrte.
Angela Merkel zögert bei Frage: „Habeck oder Merz?“
So zögerte Merkel, als sie aus dem Publikum heraus zum Abschluss ihres Auftritts nach dem CDU-Chef gefragt wurde. „Robert Habeck oder Friedrich Merz?“, lautete die Frage. Merkel ließ ein paar Sekunden verstreichen, bevor sie antwortete, was bereits für Gelächter sorgte.
![Angela Merkel beim Interview mit der „Zeit“ – die Altkanzlerin sorgte mitunter für Gelächter im Saal.](https://static.rundschau-online.de/__images/2025/02/06/d8425142-16f8-4c06-ab45-1b62323f41a3.jpeg?q=75&q=70&rect=0,80,4000,2250&w=2000&h=1334&fm=jpeg&s=b6320f7e41b6c536b2b91d1c9ac471e4)
Angela Merkel beim Interview mit der „Zeit“ – die Altkanzlerin sorgte mitunter für Gelächter im Saal.
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„Ich bin jetzt CDU-Mitglied …“, setzte Merkel an. „Ich bin vor allem überzeugt, dass die CDU, was die wirtschaftlichen Aufgaben …“, führte die CDU-Politikerin aus – erneut gab es Gelächter im Saal. „Wenn es heißt Habeck oder Merz, muss ich sagen: Merz“, erklärte die Altkanzlerin schließlich. Der Grund seien „gewaltige“ wirtschaftliche Aufgaben, da traue sie der CDU „eine Menge zu“, so Merkel.
AfD-Aufstieg: Merkel äußert sich kritisch über Streit in der Union
Die ehemalige CDU-Chefin hatte in der vergangenen Woche in einer ihrer seltenen Einlassungen zur Tagespolitik Kritik am Kurs von Merz geäußert, weil sich dieser eine Zustimmung der AfD zu seinen Migrationsplänen explizit vorbehielt. „Sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen“, halte sie für „falsch“, hatte Merkel dazu erklärt.
Merz wies die Kritik zurück und sagte, auch die Politik der CDU in der Flüchtlingskrise unter der damaligen Parteichefin Merkel habe zum Erstarken der AfD geführt. Merkel machte nun jedoch für den Aufstieg der AfD auch den Streit zwischen CDU und CSU in der Flüchtlingskrise verantwortlich. „Es war nicht richtig, dass wir so viel gestritten haben“, sagte Merkel.
„Als ich aus dem Amt gegangen bin, lag die AfD bei elf Prozent“
Anschließend habe die AfD auch durch ihre Kritik an den Corona-Maßnahmen zulegen können. Aber Merkel sagte auch: „Als ich aus dem Amt gegangen bin, lag die AfD bei elf Prozent. Dass sie jetzt bei 20 Prozent liegt, ist jetzt nicht mehr meine Verantwortung.“ Merkel war bis 2021 Bundeskanzlerin. Über die CDU heute sagte sie: „Es ist meine Partei, wenngleich sie mir manchmal Schmerzen bereitet.“
Gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl rief Merkel auch die Parteien dazu auf, Gespräche statt erbitterten Streit zu suchen. Nach der Wahl müsse „wieder ein Zustand gefunden werden, in dem später auch wieder Kompromisse zu finden sind“, sagte Merkel. „Ich hoffe, dass das möglich ist.“
Altkanzlerin hofft auf Gespräche: „Ich hoffe, dass das möglich ist“
Zuletzt schienen die Fronten im Streit um die richtige Migrationspolitik in Berlin verhärtet zu sein. Merkels Äußerungen hatten auch für Kritik innerhalb der Union gesorgt. So hätten einige CDU-Mitglieder Merkels öffentlichen Tadel für Merz als „Nestbeschmutzung“ empfunden, berichtete der NDR. „Es kann nicht sein, dass die Altkanzlerin dem Spitzenkandidaten so in die Parade fährt“, zitierte der Sender aus Bundestagskreisen.
Bei der politischen Konkurrenz versucht man Merkels kritische Worte über Merz unterdessen auch nach der zweiten Wortmeldung der Altkanzlerin für den eigenen Wahlkampf zu nutzen. Ich liebe einfach, dass es Merkel auch heute nicht über die Lippen bekommt, dass sie Merz gut findet, kommentierte etwa der Grünen-Bundestagsabgeordnete Johannes Wagner Merkels Auftritt am Mittwoch auf der Plattform X mit spöttischen Worten. (mit dpa/afp)