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US-Journalist aus Sendung geworfen„Das ist geistesgestört“ – Donald Trump nutzt Flugzeugabsturz für haltlose Attacken

Lesezeit 3 Minuten
Donald Trump gibt die Schuld für den Flugzeugabsturz nahe Washington bei einer Pressekonferenz der Diversitätsförderung in den US-Behörden. Die Reaktionen in den USA fallen scharf aus.

Donald Trump gibt die Schuld für den Flugzeugabsturz nahe Washington bei einer Pressekonferenz der Diversitätsförderung in den US-Behörden. Die Reaktionen in den USA fallen scharf aus.

Für Trump stehen die Schuldigen bereits kurz nach dem Absturz fest. Kritik am US-Präsidenten wird laut.

Noch während im Potomac-Fluss nach dem tragischen Flugzeugabsturz mit 67 Toten nach Leichen gesucht wurde, sorgte US-Präsident Donald Trump für Empörung: Bei einer Pressekonferenz machte der Republikaner die ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden und Barack Obama sowie die von ihnen eingeführten Diversitätsprogramme für das Flugzeugunglück verantwortlich. Trump legte für seine Beschuldigungen keinerlei Indizien oder Beweise vor.

Auf die verständnislose Nachfrage von Journalisten, wie er auf die Vorwürfe komme, antwortete Trump: „Weil ich gesunden Menschenverstand habe, ok? Und leider haben viele Leute das nicht.“ Die Flugaufsichtsbehörde FAA rekrutiere Mitarbeiter, „die unter schweren geistigen Behinderungen, psychiatrischen Problemen und anderen geistigen und körperlichen Krankheiten leiden – können Sie sich das vorstellen?“, behauptete Trump.

„Trump hat den Ausschuss für Flugsicherheit entkernt“

„Trump hat letzte Woche den Ausschuss für Flugsicherheit entkernt“, konterte die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez die unbelegten Ausführungen des US-Präsidenten. „Fluglotsen – die ohnehin schon unterbesetzt sind – haben diese Woche Trumps ‚Buyout‘ bekommen, mit einem Ultimatum von einer Woche, um sich zu entscheiden“, schrieb die Demokratin weiter.

„Es liegt nicht an der Diversitätsförderung. Es liegt an ihm. Und an Elon auch“, fügte Ocasio-Cortez an und spielte damit auf die auch von Trump-Berater Elon Musk gewollten Sparmaßnahmen der US-Regierung an.

Pilotenlegende attackiert Trump: „Nicht überrascht, angewidert“

Nach ersten Erkenntnissen der Flugaufsichtsbehörde FAA war der Kontrollturm am Reagan-Flughafen zum Zeitpunkt des Unglücks unterbesetzt, wie die „New York Times“ berichtete. Die Besetzung sei „nicht normal für die Tageszeit und das Volumen des Verkehrs“ gewesen, zitierte die Zeitung einen FAA-Bericht.

Angesichts des offensichtlichen Mangels an Belegen für Trumps These wurden in den USA empörte Reaktionen laut. „Das ist geistesgestört“, kommentierte US-Journalist John Harwood die Aussagen des US-Präsidenten. „Präsident Trump nutzte den Moment der Tragödie und der Trauer nach dem tödlichen Flugzeugabsturz und gibt ohne Grundlage der Diversitäts-Diskussion die Schuld“, zeigte sich auch CNN-Moderator Anderson Cooper entsetzt vom Vorgehen des US-Präsidenten.

US-Journalist abgewürgt: „Können wir diesen Holzkopf rauswerfen?“

Auch der international nach seiner Notwasserung im Hudson River 2009 bekannt gewordene Pilot Chesley „Sully“ Sullenberger ließ kein gutes Haar an Trumps Worten. „Nicht überrascht, angewidert“, lautete die knappe Antwort von Sullenberger, der in den USA Heldenstatus innehat, auf die Frage des US-Senders MSNBC, was er von Trumps Aussagen halte.

Wirbel um den Flugzeugabsturz in Washington und Trumps unbelegte Vorwürfe gab es unterdessen am Donnerstag auch in Großbritannien. Beim Sender LBC beendete Moderator Iain Dale kurzerhand ein Interview mit dem US-Journalisten Kurt Schlichter, der Unterstützung für Trumps Behauptung, dass Diversitätsförderung Schuld am Absturz sei, geäußert hatte.

US-Behörden: Stimmrekorder und Flugschreiber geborgen

„Können wir diesen Holzkopf aus unserem Programm werfen, bitte?“ fiel Dale dem Amerikaner bei seinen Ausführungen ins Wort. „Ich will nie wieder mit ihm sprechen“, schob der LBC-Moderator hinterher. „Er ist die Art von Person, die Amerika auf der Weltbühne lächerlich aussehen lässt.“

Die US-Verkehrssicherheitsbehörde (NTSB) teilte unterdessen mit, dass sowohl der Cockpit-Stimmrekorder als auch der Flugschreiber des aus Wichita im Bundesstaat Kansas kommenden Passagierflugzeug geborgen worden seien. Die Maschine war beim Landeanflug zum Ronald Reagan Washington National Airport mit einem Militärhubschrauber zusammengestoßen. Beide Maschinen stürzten in den Potomac. (mit afp)