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Lange BearbeitungszeitenZu hohe Hürden für die Einbürgerung in NRW?

Lesezeit 3 Minuten
Eine Einbürgerungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland und ein deutscher Reisepass

Eine Einbürgerungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland und ein deutscher Reisepass

Ein Gutachten erklärt die Praxis der Terminvergabe in den Städten für rechtswidrig.

Die Zahl der Menschen, die in den Städten in Nordrhein-Westfalen die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen, ist sprunghaft angestiegen, seit im Juni 2024 das neue Einbürgerungsgesetz in Kraft trat. Ein Ärgernis für viele Antragsteller ist die lange Bearbeitungszeit in den personell oft zu dünn besetzten Einbürgerungsämtern. Es dauert Monate, manchmal sogar länger als ein Jahr, bis der begehrte deutsche Pass überreicht wird. Ein Rechtsgutachten des Landtags stellt nun fest: Das müsse auch schneller gehen.

Auftraggeber für das Gutachten des Parlamentarischen Gutachterdienstes ist der Vorsitzende des Petitionsausschusses im Landtag, Serdar Yüksel. Weil sich viele Einbürgerungswillige hilfesuchend an diesen „Kummerkasten“ des Landtags wenden, wollte der SPD-Politiker wissen, ob städtische Ämter von den Antragstellerinnen und Antragstellern verlangen können, den Antrag und die erforderlichen Dokumente bei einem Termin persönlich abzugeben. Eindeutige Antwort der Juristen: Nein, das geht auch formlos per Brief oder Mail. Dafür müsse niemand auf einen Termin in der Stadtverwaltung warten.

Kommunen dürfen keine eigenen Hürden aufbauen

„Weder das Staatsangehörigkeitsgesetz noch die entsprechenden untergesetzlichen Bestimmungen sehen eine Pflicht vor, alle Unterlagen ausschließlich bei einem zuvor vereinbarten Termin persönlich abzugeben“, schreibt Yüksel dem Bürgerbüro in seiner Heimatstadt Bochum. Kommunen hätten zwar eine eigene Personal- und Organisationshoheit, dies erlaube es ihnen jedoch nicht, Antragsvoraussetzungen zu schaffen, die es laut Gesetz nicht geben dürfe.

Die Einbürgerungsbehörden könnten zwar zur Identitätsprüfung und zur Beratung Termine anbieten, dies dürfe aber nie eine Voraussetzung sein für die Gültigkeit des Antrags. Yüksel wird an dieser Stelle deutlich: Falls die Bearbeitung des Einbürgerungsantrags „zu lange“ dauere, könnten sich Betroffene an den Petitionsausschuss wenden oder eine „Untätigkeitsklage“ beim Verwaltungsgericht einreichen.

Rechtsgutachten des Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienstes sind allerdings nur juristische Einschätzungen und keine verbindliche Interpretation eines Gesetzes, erklärte ein Sprecher des Landtags auf Nachfrage. Vorsicht ist also angebracht.

Viele Städte an Rhein und Ruhr haben inzwischen die Antragstellung auf Einbürgerung erleichtert, weil der Ansturm so groß ist. In Essen beispielsweise stieg allein bei den Syrerinnen und Syrern die Zahl der Einbürgerungen von 62 im Jahr 2019 auf 1195 im vergangenen Jahr, wie eine Sprecherin mitteilte. Seit 2021 habe sich die Zahl insgesamt verdoppelt, was die Ämter vor große Probleme stelle.

Seit November bietet die Einwanderungsbehörde in Essen daher ein neues Verfahren an. Davor umfasste ein Antrag vier Schritte: Terminanfrage per E-Mail, Erstberatung, Antragsaufnahme und Aushändigung der Einbürgerungsurkunde. Das neue digitalisierte Verfahren verzichtet auf die Erstberatung, stattdessen laden Antragstellende ihre Unterlagen online für eine Prüfung hoch. Dann wird online ein Termin für die Aushändigung der Urkunde vereinbart. Essen geht davon aus, dass ein Einbürgerungsverfahren so von 1,5 Jahren auf vier Monate verkürzt werden kann.

Gelsenkirchen bietet seit September 2024 einen „Online-Dienst“ zur Einbürgerung an. Die Antragstellung erfolgt dort digital.

In vielen großen Städten in NRW ist der Antrag auf Einbürgerung in der Tat fest an eine Terminvergabe geknüpft. Auf den Internet-Seiten des Dortmunder Amtes für Migration heißt es zum Beispiel: „Eine Vorsprache beim Amt für Migration Dortmund ist nur nach vorheriger Terminvereinbarung über ein Kontaktformular möglich.“

In Köln braucht man für Abgabe des Antrags immer einen Termin

Die Stadt Köln stellt auf Nachfrage klar: „Für die Antragsabgabe benötigen Sie immer einen Termin.“ Duisburg scheibt: „Für die Beantragung einer Einbürgerung ist ein Beratungsgespräch bei der Einbürgerungsbehörde erforderlich. Hierzu müssen Sie einen Termin anfragen.“ Es folgt der Hinweis, dass die Antwort „einige Zeit“ dauern könne. Die Stadt Gladbeck hat gerade erst erklärt, dass die Termine für Einbürgerungs-Anträge für dieses Jahr schon ausgebucht seien.