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Behörden oft machtlosWie Putins Propaganda in NRW auf fruchtbaren Boden fällt

Lesezeit 3 Minuten
Prorussen-Demo

Pro-russische Demonstranten

Düsseldorf – Der Kampf gegen Falschnachrichten gleicht dem gegen das Ungeheuer „Hydra“: Verliert es einen Kopf, wachsen gleich neue nach. Putins Propagandisten umgehen Verbote trickreich. Der NRW-Verfassungsschutz ist alarmiert, und die Landesanstalt für Medien ruft nach besseren Gesetzen gegen Desinformation.

Falschnachrichten als Wahrheit: Im Internet tut sich eine Gegenwelt auf

Das deutschsprachige Angebot des russischen Senders Russia Today (RT) ist längst verboten, online aber weiter aktiv. Zwar werden seine Internet-Adressen immer wieder gelöscht, gleich darauf aber durch neue ersetzt.

Die prorussischen Autokorsos in Deutschland werden auch als Folge der Propaganda gesehen. Einen Autokorso in Frankfurt hatte die Stadt verboten.

Es gibt „Anleitungen“, zum Beispiel auf dem Portal „Nachdenkseiten“, wie Nutzer dennoch RT-Seiten aufrufen können. Wer die Adressen anklickt, findet sich in einer Art Gegenwelt wieder. Dort gibt es keine Verbrechen russischer Angreifer in der Ukraine. Es gibt nicht einmal einen Krieg. Das Massaker von Butscha ist hier bloß eine „ukrainische False-Flag-Operation“.

Russland-Demos

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben gestern in mehreren deutschen Städten erneut prorussische Kundgebungen stattgefunden. Es gab aber auch Gegendemonstrationen. In Frankfurt kamen auf dem Opernplatz Hunderte Menschen zu einer prorussischen Kundgebung zusammen. Diese schwenkten russische und sowjetische Fahnen und riefen in Sprechchören „Russland“.

In Hannover trafen sich laut Polizei mehr als 600 Menschen mit rund 350 Autos, um sich einem prorussischen Autokorso durch die Stadt anzuschließen. Zu sehen waren Russlandfahnen und deutschen Flaggen. In Osnabrück beteiligten sich laut Polizei rund 220 Menschen an einer Veranstaltung. (dpa)

Per Facebook, Instagram, Telegram, Youtube und über zig andere Kanäle streuen Putins Propagandisten Falschnachrichten. „Wie das Bundesamt für Verfassungsschutz sehen auch wir in NRW, dass Fake-Videos und -Fotos zunehmen. Ziel ist es, die Stimmung zugunsten Russlands zu drehen“, sagte NRW-Innenminister Herber Reul (CDU).

Mitte März wurde ein Fake-Video über einen Mord an einem 16-Jährigen Russen in Euskirchen verbreitet, das – obwohl die Tat frei erfunden war – noch immer kursiert. „Die russische Propaganda versucht, Menschen in Deutschland und konkret in NRW manipulativ zu beeinflussen“, sagt Alexander Vogt, medienpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.

Fake-Video aus Euskirchen sorgte für Aufsehen

Der Russlanddeutsche Viktor Weber (Name von der Red. geändert) lebt in Westfalen und organisiert humanitäre Hilfe für die Ukraine. Er verzweifelt an Putins Propaganda. Denn er beobachtet, dass ein Teil der in NRW fast eine Million Menschen zählenden Community mit Bezug zu Nachfolgestaaten der UdSSR der Desinformation aufsitzt. Eine der Folgen: Pro-Putin-Demos Ende März in Köln und Bonn.

Das Fake-Video aus Euskirchen lasse sich nicht mehr einfangen, sagt Weber. Große Sorgen macht ihm auch das russische soziale Netzwerk „Odnoklassniki“, das auf den ersten Blick wie das frühere „Studi VZ“ daher kommt – als Plattform für Leute, die Kontakte pflegen möchten. „Odnoklassniki ist eine reine Propagandamaschine“, warnt er.

Kampf gegen Propaganda fordert Personal

Zur Bekämpfung von Desinformation und Propaganda im Netz fehle es den NRW-Behörden an Personal, technischen Kapazitäten und Geld, mahnt Alexander Vogt. Urheber könnten zwar theoretisch zur Rechenschaft gezogen werden, „das Problem liegt in der Praxis darin, dass die Strafverfolgungsbehörden unterbesetzt sind, weil die Thematik bislang unterschätzt wurde“, so Vogt.

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Tobias Schmid, Chef der Landesanstalt für Medien in NRW, erklärt, dass das Verbot von Medieninhalten in einer Demokratie „nur durch staatsunabhängige Einrichtungen im rechtsstaatlichen Verfahren erfolgen“ könne. Dies geschehe auch, wie die Verfahren deutscher Medienanstalten gegen Russia Today Deutschland (RT DE) zeigten.

Das in Deutschland geltende Gebot der Staatsferne von Medien müsse in der ganzen EU gelten, um Umgehungen zu unterbinden, sagt Schmid weiter. „Und wir brauchen Gesetze, mit denen wir diese Verbote auch gegenüber Satellitenbetreibern und Telekommunikationsdienstleistern zügig durchsetzen können.“ Hier sei der europäische Gesetzgeber gefordert.