AboAbonnieren

Fahrzeug-TreffenAuto-Tuner grenzen sich in Obergartzem von Posern und Rasern ab

Lesezeit 4 Minuten
Mehrere getunte Fahrzeuge stehen bei einem Treffen am Weiher auf dem Krewelshof in Obergartzem.

137 funkelnd polierte Fahrzeuge waren zu dem Tunertreffen am Krewelshof gekommen.

Den 137 Automobilisten beim Treffen am Krewelshof in Obergartzem ging es nicht um Motorenlärm und Machogehabe, sondern um Individualität.

Röhrende Motoren, Machogehabe und rücksichtsloses Verhalten – das Image der Tunerszene ist gelinde gesagt nicht das allerbeste. Wenn die Poser mit ihren PS-starken Fahrzeugen die Straßen blockieren, wird mittlerweile auch immer öfter die Polizei aktiv, um die Selbstdarstellung der Autoliebhaber in die Grenzen zu weisen, die auch noch für den Rest der Menschheit akzeptabel ist.

Einen ganz anderen Ansatz pflegen die Liebhaber schöner Autos, die sich in Mechernich als „Finest Selection“ organisiert haben. Funkelnde Felgen, glänzender Lack, auffällige Optik, alles gerne, doch mit dem Verhalten, mit dem die Poser immer wieder negative Schlagzeilen produzieren, wollen sie nichts zu tun haben. Am Sonntag präsentierten die Autoenthusiasten ihre auf Hochglanz polierten Fahrzeuge am Krewelshof bei Obergartzem. 137 Fahrzeuge waren gekommen und verwandelten die Wiese rund um den kleinen Weiher in einen Parkplatz der besonderen Art.

Die Liebe zum Auto wurde dem Mechernicher in die Wiege gelegt

Gründer von „Finest Selection“ ist Marco Müller aus Mechernich. Mit dem Verein möchte er demonstrieren, dass es auch Autonarren gibt, die zwar viel Zeit, Liebe und Geld in ihre Fahrzeuge stecken, dem Trend zum Posen aber kritisch gegenüberstehen. „Man muss zwischen Tunern und Posern unterscheiden“, betont er.

Tuner, zu denen er auch sich selber zählt, würden viel Arbeit in ihre Autos stecken, um sie zu etwas Besonderem zu machen. „Wir haben es aber nicht nötig, da einen raushängen zu lassen“, sagt er deutlich. Er wolle sich nicht mit der Szene, die beispielsweise an der Zeche Zollverein aktiv sei, zusammentun. Allerdings könne er niemandem in den Kopf schauen, also könne er auch nicht ausschließen, ob nicht hier auch schwarze Schafe dabei seien.

Wir wollen nicht mit denen in einen Topf geworfen werden, die Rennen fahren.
Melissa Nonnemann, Auto-Tunerin

Sein eigenes Fahrzeug, ein auffällig schwarz und weiß lackierter VW Polo GTI, steht an der Einfahrt, um den Besuchern direkt einen ersten Eindruck von dem zu liefern, was sie erwartet. „Die Liebe zu Autos ist mir in die Wiege gelegt worden“, so Müller. Mit anderen Felgen, einem modifizierten Fahrwerk und einer bedruckten Folie habe er seinen Wagen aufgemotzt – „das genügt mir“, betont er. Der müsse nicht laut und kräftig sein, um gut auszusehen.

Auch ein BMW-Oldtimer mit V8-Motor war beim Tuning-Treffen zu Gast

Vertreter der verschiedensten Fahrzeuggenerationen vom BMW 502 mit V8-Motor bis zu den neuesten Modellen waren an den Krewelshof gekommen und hatten sich einen Platz rund um den See gesucht. Motorengeröhre war nicht zu hören, und es fräste auch niemand mit einer Powerwende einen kreisförmigen „Doughnot“ in den gepflegten Rasen. Stattdessen genossen die Besitzer das – trotz der mäßigen Vorhersagen – schöne Wetter.

Aus verschiedenen Automobil-Epochen waren die Fahrzeuge, die beim dem Treffen präsentiert wurden.

Fahrzeuge verschiedener Automobil-Epochen gab es zu sehen.

Die Mitglieder der Gruppe Finest Selectionpräsentieren ihre schwarze Vereins-Fahne.

„Finest Selection“ nennt sich die Gruppe von Autotunern, die ihre Fahrzeuge am Sonntag am Krewelshof präsentierten.

Wie etwa Jens Nonnemann, der mit seiner Tochter Melissa aus Bochum angereist war. Mit seinem Kadett hatte er einen Anhänger gezogen, der aus der hinteren Hälfte des baugleichen Modells bestand. Fest eingebaut in den Hänger sind ein Großbildschirm für Videospiele und eine Carrerabahn. „Eigentlich gehört das Auto meiner Tochter, das war ein Vater-Tochter-Projekt“, sagte er. Den Wagen habe er vor 17 Jahren erworben, da habe sie sich im Alter von einem Jahr an das Lenkrad gestellt und gesagt: „Meins!“ Und das sei so geblieben.

Den halben Kadett habe er 2016 gesehen und sofort die Idee gehabt, mit seiner Tochter einen Anhänger daraus zu bauen. So sei es gekommen, dass Melissa als Hersteller in den Papieren stehe.

Unter dem schlechten Ruf der Szene leiden alle Autofans

Mit einem auffälligen T-Shirt gegen illegale Autorennen zeigt Nonnemann Flagge. „Wir wollen nicht mit denen in einen Topf geworfen werden, die Rennen fahren“, betont er. So habe sich die Initiative „It's tuning, not racing“ gegründet, die auf Youtube und Instagram ihre Position öffentlich mache. „Wir finanzieren uns selbst“, sagt Melissa. Für ihren Standpunkt musste sie auch schon einen Shitstorm einstecken, als sie den Zollvereinstreff kritisierte. „Da wurde ich über das Internet fertiggemacht“, berichtet sie. „Das gibt Gegenwehr von den Posern“, ergänzt Vater Jens, doch sie wollten immer positiv bleiben.

Denn bei den Leuten, denen es um das Protzen gehe, handele es sich auch oft nicht um Tuner, die mit eigenem Auto kommen würden. „Meistens sind es sogar Serienfahrzeuge wie Modelle von AMG, die ausgeliehen werden. Und dann ist wieder die Rede von der Tuningszene“, kritisiert er. Das habe auch für echte Tuner Folgen, weil die Polizei viel schärfer kontrolliere. „Viele trauen sich mit ihren Fahrzeugen nicht auf die Straße, weil sie Angst davor haben“, weiß er.

Rund 400 zahlende Zuschauer nutzten die Gelegenheit, einen entspannten Rundgang durch das Krewelshofgelände zu machen, die Fahrzeuge zu bestaunen und ein Schwätzchen mit den Tunern zu halten. Für das nächste Jahr sind bereits zwei derartige Treffen von „Finest Selection“ geplant, eines an der Burg Satzvey, ein weiteres wieder am Krewelshof.