In der Talk-Runde vom 4. Juli ging es wenig um Inhalte, sondern mehr um die Sprache in der Politik.
Kritik zum TV-TalkMarkus Lanz lässt Hubert Aiwanger in Populismus-Debatte auflaufen
Der Ton für die Debatte war direkt gesetzt, als Markus Lanz Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und „seine besondere Art“ ankündigte: „Das ist wie Auskuppeln und dann wie ohne Licht den Berg runterfahren“, zitierte der TV-Moderator, was über den Politiker früher einmal gesagt wurde. Der bayerische Wirtschaftsminister nahm es zunächst locker. Aiwanger geriet zuletzt vor allem in die Schlagzeilen wegen einer Demonstration in Erding.
Bei dem Protest gegen das Heizungsgesetz der Ampel-Koalition, versammelten sich Grünen-Gegner, Konservative und auch AfD-Wähler hinter Aiwanger, der mit seinem Auftritt Aufsehen erregte: „Die schweigende Mehrheit müsse sich die Demokratie zurückholen“, zitierte auch Lanz zum Beginn seines TV-Talks – ein Satz, der zu Populismus-Vorwürfen gegen Aiwanger führte. Lanz setzte mehrfach nach und eröffnete die Talkrunde mit mehreren Zitaten, sodass Aiwanger nur noch kopfschüttelnd seine Vorstellung weglachen konnte.
TV-Talk Markus Lanz: Moderator und Politiker Hubert Aiwanger diskutieren über Populismus
Aber von vorne: Die TV-Talk-Runde bei Markus Lanz am 4. Juli hatte kein explizites Thema. Neben Aiwanger waren Frankreich-Expertin Annika Joeres, Politologin Ursula Münch und Investigativ-Journalist Florian Flade zu Gast.
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Nach einem Gespräch zu den Hintergründen der Krawalle in Frankreich, bei dem ein 17-Jähriger von einem Polizisten erschossen wurde, ging Lanz wieder auf Aiwanger ein: Der Politiker äußerte sich und sagte, die Ampel-Regierung würde „den Syrern mit einem deutschen Pass hinterherlaufen“. Lanz stieß sich daran und hakte mehrfach nach: „Finden Sie, dass es eine adäquate Formulierung oder ist das wieder eine, die dazu angedacht ist, um dem Affen Zucker zu geben?“, so der Moderator, der auf den Auftritt in Erding anspielte.
Lanz teilte Aiwangers Meinung, dass „wir uns in diesem Land schwertun, über Probleme zu sprechen“, aber er kritisierte weiter die vom bayerischen Politiker genutzte Sprache, die schon in der Vergangenheit als populistisch beschrieben wurde.
„Machen wir jetzt hier eine Sprach-Debatte?“, konterte Aiwanger. Aus seiner Sicht ginge es „nur um Sachverhalte“ und diese seien „politisch völlig falsch aufhängt“. „So kann man das ja sagen“, sprang Lanz dazwischen. „Ja, so kann man das sagen, aber sie lenken schon wieder von der inhaltlichen Debatte ab“, schlug Aiwanger zurück und legte dann noch nach: „Wo wollen wir denn hin? Wollen wir die Dinge beim Namen nennen oder Wording-Debatten führen?“
Journalist Florian Flade: „Ich weiß nicht, ob es hilft, die Sprache der AfD zu übernehmen“
„Ist das egal, wie man redet?“, öffnete Lanz die Diskussionsrunde und Journalist Flade antworte: „Nein, natürlich ist das nicht egal, auch im politischen Umgang ist es nicht egal“, sagte er und wurde dann analytisch: „Sie sind als Vertreter einer konservativen Partei in einer schwierigen Situation, weil es am rechten Rand eine Partei gibt, die gerade wahnsinnige Umfragezahlen hat. Ich weiß nicht, ob es hilft, die Sprache dieser Leute zu übernehmen.“
Lanz wollte daraufhin Lösungen von Aiwanger, wie man etwa mit straffälligen Geflüchteten umgehen solle. Nachdem der Politiker zuerst die Migrationswelle 2015 unter Angela Merkel kritisierte, hakte der TV-Host noch einmal nach. Aiwanger forderte daraufhin eine schärfere Strafverfolgung, um auch Clan-Strukturen vorzubeugen. Er forderte außerdem, dass man „diese Leute“ schneller zur Arbeit bringen sollte und machte klar, dass er das „liberale Vergeben des Bürgergelds“ für einen Fehler hält.
Nach weiteren Wortgefechten über Semantik fragte Lanz deutlich: „Wovor haben Sie Angst? Sie haben komischen Verfolgungswahn“, so Lanz. Aiwanger beharrte auf seiner Position: „Ja, weil ich einfach merk', dass Sie mir das Wort im Mund umdrehen.“ „Nein!“, sagte Lanz darauf deutlich und fügte an: „Sie sind wahnsinnig misstrauisch, weil Sie merken, mit der Art und Weise, wie Sie reden, kann man was anfangen.“ Es folgten weitere Sprachgefechte, die Lanz nur mit einem Satz beenden konnte: „Wir drehen uns im Kreis, Herr Aiwanger.“
Was bleibt von diesem Abend? Inhaltlich leider kaum etwas. Aber die Debatte über die Sprache, die auch im politischen Diskurs tagtäglich so bedeutend und prägend ist, ist vielleicht genau die richtige Debatte.