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„Galerie im Rathaus“Malerin aus Gemünd stellt ihre Gemälde im Mechernich aus

Lesezeit 4 Minuten
Kruse und Franke halten bei der Ausstellungseröffnung ein Gemälde von Mona Dia.

Fotografien des Kölner Künstlers Chargesheimer hat die Malerin Mona Dia als Inspiration für ihre Ölgemälde genutzt. Kurator Franz Kruse und Katia Franke, die die Laudatio auf ihre erkrankte Schwester hielt, eröffneten die Schau im Mechernicher Rathaus.

Für die 40. Ausstellung in der Mechernicher „Galerie im Rathaus“ hat die Künstlerin Mona Dia Arbeiten von Chargesheimer interpretiert.

Zwei Wahlverwandte treffen in der 40. Ausstellung der von Franz Kruse kuratierten „Galerie im Rathaus“ in Mechernich aufeinander. 25 Ölgemälde der in Gemünd lebenden Künstlerin Mona Dia und 25 Fotos von Chargesheimer, des bekanntesten Fotografen der Nachkriegszeit in Köln.

Wie nah sich die Weltsichten der beiden Seelenfreunde sind, ist in der Schau überraschend offenkundig. Denn mit Chargesheimer (eigentlich Carl-Heinz Hargesheimer, 1924-1971) teilt Mona Dia (geboren 1963) die pessimistische und schonungslos kritische Weltsicht.

Bei Chargesheimer ist es die sachliche, fotografische Bestandsaufnahme einer ernüchterten Nachkriegszeit, einer „Stunde Null-Resignation“. Die jüngere Malerin wendet diese Sicht ins Subjektive. Die Melancholie und Einsamkeit ihrer Bildprotagonisten braucht das dokumentarische Lokalkolorit im Hintergrund nicht mehr. Sie stehen ganz für sich allein.

Schwarz-weiße Vorlagen in Ölgemälde mit blassen Erdtönen übertragen

Bezeichnend, dass Mona Dia die Inspirationen zu den gezeigten 25 Ölgemälden gerade aus den kontrastreichen, manchmal dramatischen Schwarz-Weiß-Fotos des Kölners zieht. Denn Chargesheimer lässt ihr bei der Wahl der Farben ja alle Freiheit – dennoch entscheidet sich Mona Dia für blasse Töne, Erdfarben, und immer wieder für eine Ästhetik des scheinbar Unfertigen. In manchen ihrer klein- bis mittelformatigen Ölgemälde sind Körperteile angedeutet, Konturen nur gezeichnet, wie in einem der gezeigten Hauptwerke dem Bild „Junge in der Stadt“.

Im Bildvordergrund hat Chargesheimer einen blassen Jungen in beigem Mantel gemalt, umringt von einer Menschengruppe, offenbar in einer nicht näher identifizierbaren Industriekulisse. Auch dieses Bild hat Mona Dia in einem Bildband mit Arbeiten des Fotografen entdeckt und es hat sie – wie die anderen gezeigten Fotovorlagen zu den Gemälden beweisen – berührt.

Die Einsamkeit, auch Reglosigkeit, die die Szenerie ausstrahlt, ist für Mona Dia die Vorlage für ihre Interpretation: Zunächst rückt sie den Jungen noch mehr in den Bildvordergrund, sie gibt ihm noch größere Augen. Ausgemalt ist das Gesicht, doch quer über die Stirn gezogen wie eine Wunde ist eine grobe pastose beige Fläche, die sich im Mantel des Jungen fortsetzt. Sie stört das Abbild und leitet zur Menschengruppe dahinter über. Doch welche „Walking-Dead-Gruppe“ ist aus dem Kreis auf dem Foto Chargesheimers geworden? Wie bei James Ensor (1860-1949) sind es Fratzen, geisterhafte Gestalten, und dazu kommen gesichtslose Anzugträger.

Kölner Fotograf Chargesheimer fand seine Motive auch im Karneval

Diese vielschichtige erzählende Kunst des Bildtheaters, die auch mal bloße Farbflecken neben Ausformuliertes stellt und Ebenen und Perspektiven mischt, ist typisch für den Stil Mona Dias. Hier wirkt der Junge wie ein Ausgestoßener, mehr Vereinzelung ist kaum möglich.

Auch in der Arbeit „Frau mit Maske“, das Chargesheimer-Foto eines traurigen Harlekins stammt aus dem Kölner Karneval, hat die Malerin eine ähnlich melancholische Grundstimmung aus der im Foto angedeuteten Traurigkeit herausgefiltert und überhöht. Das Gesicht mit dem offenen und zugleich nach innen gerichteten Blick, der typisch für viele Bilder Mona Dias ist, wirkt erstarrt. Wie ein trauriger Trost ist ein expressionistisch verformter Kopf, eher eine Maske, dazugestellt, der sich an den Harlekin schmiegt.

Künstlerportäts von Josefine Baker und Gustav Gründgens

„In meinen Augen – eine malerische Interpretation von Chargesheimer“ – so ist die Ausstellung im Mechernicher Rathaus betitelt – und das bezieht sich auch auf einige bekannte Porträtaufnahmen, zum Beispiel der Tänzerin und Sängerin Josefine Baker (1906-1976). Das Foto betont die Sensibilität, im von oben ihr Gesicht sanft erhellenden Licht wirkt Baker wie erleuchtet.

Mona Dia entwickelt diese Aufsicht weiter in eine zarte Zerbrechlichkeit. Gleich daneben hängt ihre Interpretation auf die schillernde Persönlichkeit des Schauspielers und Intendanten Gustav Gründgens (1899-1963). Chargesheimer lässt Gründgens in grellem Scheinwerferlicht selbstbewusst strahlen: das ist Gründgens Welt. Mona Dia verwandelt das Strahlen in ein leicht irres Lachen, das Diabolische ist zu ahnen.

Gemünder Malerin Mona Dias fehlte erkrankt in Mechernich

Wer sich auf die Wahrheitssuchen Mona Dias einlässt, wird oft fündig werden, auch wenn es verstörende Weltsichten sind. Er entdeckt dabei eine bemerkenswerte Künstlerin. Um die Arbeiten Chargesheimers im Original zu sehen, bedarf es allerdings einer kleinen Reise, etwa in die Sammlung Gruber im Kölner Museum Ludwig. In beiden Fällen geht es um Kompromisslosigkeit, schöne neue Welten sind nicht zu erwarten.

Mona Dia, so ihre Zwillingsschwester Katia Franke, die die erkrankte Künstlerin bei der Vernissage vertrat und auch die Laudatio hielt, habe das „Projekt Chargesheimer“ nicht abgeschlossen. Es ist eine Art Lebensaufgabe, eine Befragung, die immer wieder neue Antworten geben wird.


Die Ausstellung von Mona Dia „In meinen Augen – eine malerische Interpretation von Chargesheimer“, ist noch bis Ende Juni in der Galerie im Rathaus in Mechernich zu sehen. Die Ausstellung ist während der Öffnungszeiten der Verwaltung geöffnet.