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Zu Gast bei der lit.CologneWarum Cordula Stratmann künftig zweigleisig fährt

Lesezeit 4 Minuten
Cordula Stratmann lächelt.

Meistens gut gelaunt:Cordula Stratmann.

Die Komikerin hat ein neues Buch herausgebracht.

„Oh nein, gar nicht!“, ruft Cordula Stratmann beinahe entsetzt bei der Frage, ob nicht einige Texte Ihres neuen Buches „Wo war ich stehen geblieben?“ in die Kategorie „Lebenshilfe“ fielen.

Für sich genommen sei das ja ein schöner Begriff, räumt sie ein. Einzig wie er gehandhabt werde, bereite ihr Probleme. Daher würde sie „wahnsinnig gerne so verstanden, dass das ein ‚Anregungsbuch‘ ist. Weil ich an manchen Stellen die Leute sehr herausfordere.“

Buch passt in keine Kategorie

Dass die Frage nach der Kategorisierung im Interview überhaupt aufkommt, liegt daran, dass sich „Wo war ich stehen geblieben?“ kaum in eines der gängigen Genres einordnen lässt. Es ist ganz bestimmt kein belletristisches Werk, aber irgendwie auch kein Sachbuch.

Aufgeteilt ist es in kurze, oft nur zwei bis drei Seiten lange Kapitel, in denen Stratmann die Leser an ihren Gedanken zu Themen von A wie „Achtsamkeit“, „Ameisen“ und „Applaus“ bis W wie „Warten“, „Weihnachtsgrüße“ und „Würde“ teilhaben lässt. Einige Texte sind geradezu comedyhaft lustig.

Regelrecht philosophisch

Etwa, wenn sie zu dem Schluss kommt, dass der 70. Geburtstag allein schon deshalb erstrebenswert sei, weil die Silbe „iebz“ doch irgendwie ganz nett klingt, während das davorliegende Jahrzehnt zumindest phonetisch immer ein „ächz“ enthält.

Andere Kapitel sind regelrecht philosophisch, etwa ihre Gedanken zum Thema Mitmenschen. Wieder andere Texte, zum Beispiel über Selbstmitleid, sind – siehe oben. Nur dass „Anregungsbuch“ eben keine gängige Kategorie ist.

Rückkehr in den alten Beruf

Nachdem Stratmann eine Zeitlang in der Öffentlichkeit sehr präsent war, wurde es in den letzten Jahren etwas ruhiger um sie. Sie trat zwar weiterhin etwa bei der lit.Cologne auf und gestaltete dort mit anderen Prominenten Themenabende, größere eigene Projekte gab es zuletzt aber nicht mehr.

Anders als bei vielen Kolleginnen und Kollegen war das in ihrem Fall aber nicht Corona geschuldet, sondern geschah bereits vor sechs Jahren - aus freien Stücken und gutem Grund, der da lautete: Rückkehr in den alten Beruf als systemische Familientherapeutin und Gründung einer eigenen Praxis.

Folgerichtiger Richtungswechsel

Ein Entschluss, der für Außenstehende vielleicht ungewöhnlich klingen mag, für Stratmann aber völlig logisch ist. „Ich steuere üblicherweise kein ferner liegendes Ziel an, sondern lebe immer im Prozess.“ Und dieser Prozess bedeutete vor sechs Jahren eben einen Richtungswechsel – der zumindest für sie selbst auch nicht ganz überraschend kam.

Schon als sie 1996 den Therapeutinnenberuf gegen die Comedybühne tauschte, habe sie gewusst, dass es kein Abschied für immer sei. Der Zeitpunkt der Rückkehr sei ihr dann „quasi von meinem konkret gelebten Leben zugerufen worden“.

Tour mit dem neuen Buch

Künftig wird Stratmann also zweigleisig fahren, denn ihre Praxis wird sie auf jeden Fall behalten, auch wenn sie künftig wieder verstärkt in der Öffentlichkeit steht. Bis ins nächste Jahr tourt sie mit ihrem Buch. Statt einer trockenen Lesung erwartet die Besucher aber ein kleines Bühnenprogramm. Dieses bestreitet sie nicht allein, sondern mit Unterstützung einer Moderatorin oder eines Moderators. Die Premiere in Berlin wurde etwa von Bettina Rust begleitet. Wenn sie am 7. Oktober zu Gast bei der lit.Cologne Spezial ist, moderiert Michel Abdollahi.

Auch auf den Bildschirm kehrt Stratmann zurück: Noch in diesem Jahr steht sie für die ARD-Comedyserie „Smeilingen“ vor der Kamera. Bereits abgedreht ist die Serie „A better place“, in der sie die Justizministerin spielt. Einer kleiner Part zwar, aber das erste Mal, dass sie in einer ernsten Rolle vor der Kamera stand.

Keine Trennung zwischen U und E

Für sie ein logischer Schritt, hält sie doch die hierzulande noch viel praktizierte strenge Trennung zwischen „U“- und „E“-Unterhaltung für unsinnig. Deshalb vertragen sich auch ihre beiden Berufungen als Komikerin und Therapeutin für sie sehr gut, denn schließlich ist Humor auch in der therapeutischen Arbeit unverzichtbar.

Somit ist „Wo war ich stehen geblieben?“ eigentlich die Essenz aus allem, was sie in den letzten Jahrzehnten gemacht hat. Ihr erklärtes Ziel ist es, „Verbindung aufzunehmen zu anderen nachdenklichen Menschen und Perspektivenwechsel unter die Leute zu bringen.“ Beim Schreiben, in der therapeutischen Arbeit und auf der Bühne.

Fortsetzung nicht ausgeschlossen

Bei den im Buch versammelten Texten, betont sie, handle es sich übrigens nur um „eine Momentaufnahme meiner Gedanken“. Viele der Themen beschäftigten sie seit vielen Jahren und würden es auch weiterhin. In zwei Jahren könne diese Momentaufnahme schon wieder ganz anders aussehen.

„Wo war ich stehengeblieben 2.0“ ist also nicht ausgeschlossen? „Definitiv nicht! Da ist fast mit zu rechnen.“

Cordula Stratmann: „Wo war ich stehen geblieben?“ – Grübeleien und Geistesblitze, dtv, 240 Seiten, 22 Euro


Zur Person

Geboren wurde Cordula Stratmann 1963 in Düsseldorf. Nach dem Abitur studierte sie Diplom-Sozialarbeit und systemische Familientherapie in Köln und gründete mit Kommilitonen die alternative Karnevalssitzung „Fatal Banal“, für die sie die Figur „Annemie Hülchrath“ entwickelte. 1996 legte sie ihren Beruf als Therapeutin zugunsten ihrer Fernsehkarriere auf Eis. Sie lebt mit ihrer Familie in Köln. (dab)