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The Weeknd in DüsseldorfWarum die Show des Megastars unter die Haut geht

Lesezeit 3 Minuten
Abel Makkonen Tesfaye alias The Weeknd beim Auftritt in Düsseldorf.

Abel Makkonen Tesfaye alias The Weeknd beim Auftritt in Düsseldorf.

Superstar The Weeknd macht auf seiner Tournee Station in Düsseldorf. Die 30.000 herausgeputzten Fans begleiten das Konzert mit ohrenbetäubendem Kreischen.

„Wozu brauchen wir dieses Armband?“, fragt eine Konzertbesucherin einen Mann vom Sicherheitsdienst. Der zuckt nur mit den Achseln und lässt die junge Frau etwas irritiert zurück - mit dem weißen Armband am Handgelenk, das sie bei der Kartenkontrolle angelegt bekommen hat. Sehr jung ist das Publikum an diesem schwülen Dienstag-Abend in der Düsseldorfer Merkur Spiel-Arena. Aber wen wundert’s, gastierte doch Abel Makkonen Tesfaye alias The Weeknd, der kanadische R'n'B-Sänger und mehrfache Grammy-Award Gewinner, im Rahmen seiner „After Hours til Dawn“-Tour in der Landeshauptstadt.

Um kurz vor neun dann läuft „Have a Cigar“ von Pink Floyd aus den Lautsprechern. Das entspannt noch einmal die etwa 30.000 herausgeputzten Fans des Superstars, die bei jeder klitzekleinen Bewegung im Bereich der Bühne anfangen zu kreischen. Ohrenbetäubend ist das.

Zu viel der Aufregung für einige

Für einige von ihnen ist das zu viel Aufregung und zu wenig frische Luft. Sie kippen um, noch bevor Tesfaye überhaupt den langen Steg betreten hat, in dessen Mitte eine etwa sieben Meter hohe silberfarbene Statue steht, die wie eine Mischung aus Silver Surfer und Iron Man aussieht. Am Ende des Stegs hängt ein überdimensional großer Mond. Diese Teile des Bühnenbilds also kurbeln die Fantasien der Zuschauer an, geschickt installierte Lichtstrahler vor der Hauptbühne sorgen dafür, dass der dahinter liegende Teil des Bühnenbildes im Verborgenen bleibt.

„Aber jetzt geht’s los“, schreit ein Mann seiner Freundin ins Ohr. Der grenzenlose Jubel der Jugend wird sodann durch eine Art dröhnendes Bass-Gewummer in seine Schranken verwiesen. Das eigene Skelett vibriert, gleichzeitig wird man an zahlreichen Muskelpartien regelrecht durchgekitzelt. Ganz schön schräg ist das.

So wie auch die Tänzer, die in diesem Moment sowohl von hinten als auch von vorne in weißen Mönchskutten langsam wie Marionetten im Rhythmus des Songs „Take My Breath“ den Steg betreten und dabei der Statue wie auch dem Mond ehrfürchtig und hingebungsvoll huldigen. Eine Ku-Klux-Klan-Party stellt man sich ein bisschen so vor.

Tanz vor der Skyline

Ein paar Sekunden später dann steht Tesfaye ganz lässig in einem weißen Frack vor den Wolkenkratzern einer zerstörten Skyline. Sein Gesicht ist von einer simplen venezianischen Maske bedeckt. Dystopisch mutet das alles an. Nur das Empire State Building scheint eines der wenigen Gebäude zu sein, das wohl noch nicht in Schutt und Asche gelegt worden ist.

Die Arena, nun gleicht sie einer einzigen Kreisch-Orgie. Die Fans sind völlig von der Leine gelassen, alle schreien, tanzen und singen textsicher zu den Beats von „How Do I Make To Love Me?“ oder „Lost in the Fire“.

Apropos: Der Begriff „Fan“, so steht es in einer bekannten Enzyklopädie, stamme vom Lateinischen „Fanaticus“ und bedeute so viel wie von einer Gottheit ergriffen oder in rasende Begeisterung versetzt zu sein. Hier und jetzt kommt man dem Eintrag dieses Lexikon-Artikels haut-nah. Und Tesfaye: Der genießt seinen Auftritt. Sichtlich. Vielleicht auch, weil er sieht, dass die weißen Armbänder der Zuschauer plötzlich anfangen im Rhythmus der Bässe aufzublinken. Wie tausende kleine Glühwürmchen. Dieses Geheimnis zumindest ist gelüftet

Sehnsuchtsvolle Blicke gen Himmel

Das Gesamt-Narrativ der Show jedoch – also die Städte, so wie wir sie kennen, sind zerstört, die Anbetung einer roboterartigen Gottheit und der allnächtliche sehnsuchtsvolle Blick hinauf in den Sternenhimmel – bleibt zu sehr stecken im Morast der recht belanglosen R'n'B- und Elektro-Nummern. Eine wirklich erzählerische und choreografische Entwicklung gibt es bis zum Schluss nicht mehr. Ein Lied jagt das nächste, das eine klingt wie das andere.

Erst, als The Weeknd sich bei „After Hours“ demaskiert und „Germany, how are you feeling tonight?“ ins Mikro brüllt, wirkt das Spektakel etwas weniger gewollt. Und wem der Brustkorb bisher noch nicht geplatzt ist, dem platzt er bei der bass-durchtränkten Zugabe. Ganz bestimmt. Nach etwa zwei Stunden ist der dystopische Einheitsbrei vorbei.