Das ging schnell: François-Xavier Roth verliert seinen Posten als Generalmusikdirektor der Stadt Köln.
„Die Stadt Köln und François-Xavier Roth haben ihre Zusammenarbeit in gegenseitigem Einvernehmen nun ein Jahr früher als geplant beendet.“ Beide Parteien haben sich auf einen Aufhebungsvertrag geeinigt, der rückwirkend zum 30. Juni gilt. Kurz und knapp die Mitteilung des Presseamtes, die am Ende eines ausgemachten Skandals steht. Ende Mai hatte das französische Magazin „Le Canard echainé“ darüber berichtet, dass Roth via Handy Nachrichten sexuellen Inhalts sowie Fotos seiner Genitalien verschickt habe. Der 52-jährige Roth räumte die Vorwürfe ein – mit einer schwammig klingenden Entschuldigung: „Wenn ich zu weit gegangen bin, möchte ich mich jetzt bei denjenigen entschuldigen, die ich verletzt haben könnte.“
Roth erhält gut 200 000 Euro
Danach ließ Roth seine Arbeit in Köln ruhen. Gürzenich-Orchester und Oper engagierten für die direkt anstehen Konzerte und Premieren Gastdirigenten. Die Stadt engagierte eine externe Anwaltskanzlei, um die Vorgänge aufzuarbeiten.
Doch noch während die Prüfung lief, gab es wohl von einer der beiden Parteien das Signal, den Vertrag aufzulösen.
Das bedeutet nun, dass alle Ermittlungen, die die Person Roths betreffen, eingestellt sind, so erklärt Stadtsprecher Alexander Vogel. Am Ende einer solchen arbeitsrechtlichen Prüfung könnte eine Ermahung, Abmahnung oder Kündigung stehen – aber da kein Vertrag mehr besteht, mache die weitere Prüfung auch keinen Sinn mehr.
Auf der Basis der bereits geführten zahlreichen Gespräche fertige die Kanzlei nun einen Bericht an. Anhand der Ergebnisse werde man prüfen, ob etwa die internen Meldeprozesse verbessert werden müssen, so Vogel. „Außerdem besteht die extra eingerichtete externe Meldestelle erst einmal weiter.“
Das könnte aber auch bedeuten, das weiterhin geprüft wird, ob etwa anderen Mitarbeitenden im Rahmen der „Causa Roth“ Fehlverhalten vorzuwerfen ist.
Teil des Aufhebungsvertrages ist aber auch die finanzielle Vergütung des Ex-GMD. Wie die Rundschau erfuhr, wird Roth ungefähr 30 Prozent von dem bekommen, was ihm für die kommende Spielzeit zugestanden hätte. Dabei soll es sich um gut 200 000 Euro handeln.
Roth geht mit einem ordentlichen Trostpflaster
Sicherlich ein ordentliches Trostpflaster für einen Mann, dessen Karriere für den Moment nicht weitergehen wird. Der SWR lässt bislang offen, wie man sich dazu verhält, dass Roth der designierte Chefdirigent seines Sinfonieorchester ab der Spielzeit 25/26 ist. Für anstehende Konzerte ab dem 18. Juli verpflichtete man die Finnin Eva Ollikainen. Auf seiner Homepage schrieb der Sender, dass es „informelle Hinweise“ in Sachen Roth gegeben habe, ließ aber offen, ob diese sich auf die Zeit von 2011 bis 2016 beziehen, als Roth Chefdirigent des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg war.
Eine für den Herbst geplante Asien-Tournee des von Roth gegründeten Orchesters Les Siècles wurde von Seiten der lokalen Veranstalter abgesagt. Auf der Homepage des Klangkörpers taucht Roth nur noch in der Diskographie auf und in Videos, jedoch nicht mehr unter Personal oder auf Fotos im Download-Bereich. Auf der Seite des Gürzenich-Orchesters kann man derzeit noch Pressefotos von Roth herunterladen.
Und wie geht es nun in Köln musikalisch weiter?
Das Gürzenich-Orchester gab bereits bekannt, dass beim Eröffnungskonzert am 7. und 8. September Lorenzo Viotti am Pult stehen wird. Und dass für ein Abo-Konzert Ende Februar 2025 Sakari Oramo gewonnen werden konnte. Alle weiteren Namen wolle man „zeitnah“ bekanntgeben, so Geschäftsführer Stefan Englert.
Die Oper will erst nach der Sommerpause verkünden, wer die Dirigate beim Doppelabend „Le Rossignol“ und „Les Mamelles de Tirésias“ (Premiere: 26. April) und der Uraufführung der Oper „Die letzten Tag der Menschheit“ (Premiere: 27. Juni) übernehmen wird.
Schon bei der Spielplanpressekonferenz vorletzte Woche stand fest, dass bei der Eröffnungsproduktion von Haydns „Die Schöpfung“ Marc Minkowski dirigieren wird (5. Oktober). Die musikalische Leitung der „Elektra“-Premiere am Tag darauf übernimmt Felix Bender.
Ein Aufatmen gehe nun durch die Reihen, denn die Situation mit der Causa Roth und dem erneut hinausgeschobenen Umzug an den Offenbachplatz sei in den letzten Wochen in der Kombination besonders schwierig gewesen. „Ohne Haus und ohne Dirigenten. Das ist schon absurd“, so Becker.
Über den Aufhebungsvertrag zwischen Roth und der Stadt Köln muss der Hauptausschuss entscheiden. Da dessen nächste Sitzung erst am 22. Juli stattfindet, wurde die Zustimmung per Umlaufverfahren eingeholt. Das Thema wird zwar auf der Tagesordnung auftauchen, die Abhandlung des Punktes allerdings nur noch eine Formalie sein.