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Nach Brand der KathedraleSo wurden die Fenster aus Notre-Dame in Köln restauriert

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Restaurierung von Kirchenfenstern aus Notre-Dame in der Kölner Dombauhütte.

Restaurierung von Kirchenfenstern aus Notre-Dame in der Kölner Dombauhütte.

Nach dem verheerenden Brand in der Kathedrale Notre-Dame wurden vier der dabei beschädigten Glasfenster von der Kölner Dombauhütte restauriert.

Die Welt hielt den Atem an, als am Abend des 15. April 2019 die berühmte Kathedrale Notre-Dame in Paris in Flammen aufging. Auch der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verfolgte am Fernseher das dramatische Geschehen. Am nächsten Tag startete er sofort eine Hilfsaktion: „NRW hilft Notre-Dame“. Große Unternehmen, aber auch einfache Bürger spendeten Geld für den Wiederaufbau – als Zeichen des Mitgefühls und der Solidarität mit Frankreich.

Angetrieben habe ihn auch der Zorn, sagte Laschet am Montag bei der Vorstellung eines neuen Buchs über die Restaurierung von Glasfenstern aus Notre-Dame in der Kölner Dombauhütte. Zorn darüber, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk anders als andere Sender während der Brandkatastrophe nicht live darüber berichtete. Das ARD habe Tierfilme gezeigt, das ZDF einen Krimi. Das zeige, dass den Sendern europäisches Denken immer noch fehle, so Laschet.

Barbara Schock-Werner als Koordinatorin eingesetzt

Binnen weniger Tage habe man hunderttausende Euro Spenden sammeln können, insgesamt seien rund 750.000 Euro zusammengekommen. Doch es sei nicht nur um einen finanziellen Beitrag gegangen, sondern auch um konkrete Unterstützung. Als bei der Bundesregierung zahlreiche Hilfsangebote eingingen, berief Kulturstaatsministerin Monika Grütters die frühere Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner als Koordinatorin der Hilfe aus Deutschland.

Gemeinsam mit Laschet, dem deutsch-französischen Kulturbeauftragten, machte sie sich in Paris ein Bild von der Lage. Und kam bald zu der Erkenntnis, dass ein Einsatz deutscher Handwerker auf dieser hochkomplexen, schwierig zu organisierenden Baustelle   der in Teilen zerstörten Kathedrale nicht die richtige Lösung wäre.

Was sich hingegen angeboten habe, war die Restaurierung von   beim Brand verschmutzten und beschädigten Glasfenstern von Jacques Le Chevallier aus dem Jahr 1965. Sie waren   bereits   ausgebaut und in Kisten verpackt, so Schock-Werner. „Glasrestaurierung findet nie an Ort und Stelle statt, sondern immer in Werkstätten. Und so kam bei mir die Idee auf, wenn die irgendwo anders restauriert werden müssen, dann können die auch in Deutschland restauriert werden, denn Deutschland arbeitet mit Frankreich gerade in der Glasrestaurierung seit Jahren eng zusammen.“ Zudem habe die verantwortliche französische Glasspezialistin   Claudine Loisel nicht nur in Deutschland studiert, sondern sei auch mit Katrin Wittstadt, der Leiterin der großen und sehr erfahrenen Glasrestaurierungswerkstatt der Kölner Dombauhütte,   seit Jahren befreundet. „So etwas hilft.“

Buch über Restaurierung in Köln mit interessanten Details

Dennoch sei es alles andere als selbstverständlich gewesen, dass Frankreich seine nationalen Kulturschätze zur Restaurierung nach Deutschland gebe, betonte Schock-Werner. Man habe dafür eine Ausfuhrgenehmigung benötigt, die auf ein Jahr befristet war. Der Zeitplan sei also recht ambitioniert gewesen. Wie die Kölner Glasrestauratoren es geschafft haben, vier von insgesamt zwölf Fenstern von Le Chevallier neuen Glanz zu verleihen, schildert Katrin Wittstadt in einem neuen, lesenswerten Buch aus dem Greven Verlag mit Beiträgen verschiedener Autoren.

Darin erfährt man   interessante Details aus dem Projekt. Etwa, dass die vier Fenster aus Paris jeweils rund 22 Quadratmeter groß sind, aus 316 Glasmalereifeldern bestehen und am 7. April in Köln angeliefert wurden, verpackt in 44 Kisten. Weil beim Brand des Dachstuhls von Notre-Dame das historische Bleidach schmolz, waren die Glasfenster mit Bleistaub kontaminiert, der zuerst entfernt werden musste, unter Einhaltung strenger Arbeitsschutzvorschriften. Danach wurden die Schäden kartiert. Da die Fenster in großer Eile ausgebaut wurden, um die Statik der Kathedrale zu entlasten, waren beschädigte Teile teils nur mit Klebeband gesichert worden. Doch auch kleinste Glassplitter wurden noch zugeordnet, um möglichst viel Originalsubstanz zu erhalten.

Weitere Schritte waren die Reinigung, das Zusammenfügen gesprungener Gläser, das Ersetzen fehlender Gläser, die Rekonstruktion der Bemalung und die Erneuerung beschädigter Teile des Bleinetzes. Alles wurde pünktlich fertig und im Sommer 2023 wieder eingebaut.

Am 8. Dezember 2024 soll Notre-Dame wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden Der französische Generalkonsul Etienne Sur lobte bei der Buchvorstellung: „Der Beitrag Deutschlands in der Restaurierung der Kathedrale von Notre-Dame ist einzigartig. Dank der sorgfältigen und   außergewöhnlichen Arbeit der Handwerker in der Dombauhütte werden vier große Glasfenster des Kirchenschiffs, die durch den Brand beschädigt worden waren, wieder in neuem Glanz erstrahlen.“

Laschet würdigte die Restaurierung als ein Zeichen der Solidarität in einer Zeit, in der es um das deutsch-französische Verhältnis nicht zum Besten stehe. Dabei kritisierte er indirekt die Bundesregierung. Frankreichs Präsident Macron habe deutlich gemacht, dass er   ein engeres Verhältnis zu   Deutschland anstrebe. Von der deutschen Politik, so Laschet, würde er sich hier mehr Engagement wünschen.


Armin Laschet, Barbara Schock-Werner: „Zurück im Herzen Europas. Notre-Dame de Paris und die deutsch-französische Freundschaft“. Greven Verlag, Köln, 112 Seiten, 22 Euro.