In der Kölner Basilika St. Maria im Kapitol bot das Abschlusskonzert des Festivals „Romanischer Sommer“ einigen hundert Zuhörern entspannte Stunden unter dem musikalischen Sternenhimmel.
Festival Romanischer Sommer„Romanische Nacht“ in Köln: Ein Konzert wie eine Urlaubsreise
Da war ja richtig was los, bei der „Romanischen Nacht“ in St. Maria im Kapitol. Wie lange nicht mehr strömte die Menge in die Basilika, um den Höhepunkt des Festivals „Romanischer Sommer“ zu erleben. Noch kurz vor Beginn bildete sich eine längere Schlange an der Abendkasse. Zum Glück durften alle rein. So erlebten einige hundert Menschen die gut vierstündige Konzertveranstaltung mit vielen tollen Stimmen.
„Strahlen“ lautet das diesjährige Festivalmotto. In der „Romanischen Nacht“ wurde es vor allem als Sternenhimmel interpretiert. Der leuchtete sowohl in der Uraufführung von Harald Banters A-Cappella-Kantate „Die Sterne“ als auch – schon tief in der Nacht – im Stück „1000 Stars“ des mit dem WDR-Jazzpreis prämierten Schlagzeugers Jens Düppe. Zwischen beiden Stücken gab es sogar eine schöne Verbindung, und zwar den Jazz.
Tolles Musikerlebnis in Kölner Basilika St. Maria im Kapitol
So geben in Banters dreiteiligem Werk auf Texte von Annette von Droste-Hülshoff jazzige Akkordwechsel den Ton an. Das wundert nicht, gilt der 1930 in Berlin als Gerd von Wysocki geborene Komponist und Bandleader doch als Grenzgänger zwischen E- und U-Musik. Mit kraftvollem Harmoniegesang überzeugten der Kölner Kammerchor „Consono“ (Leitung: Harald Jers) und der Maulbronner Kammerchor (Leitung: Benjamin Hartmann). Von den schwebenden Vokalisen zu Beginn bis zum lautmalerisch vertonten Wort „Blinken“ am Schluss gelang eine klangschöne Interpretation.
Um die Uraufführung wurden Werke des Spätromantikers Karl Weigl oder György Ligetis ätherisches „Lux Aeterna“ für sechzehnstimmigen Chor platziert. So strahlte auch das ewige Licht von oben herab. Am besten genießt man diese Energie aus dem All natürlich liegend am Boden. Auch das war in einer Ecke der Basilika zu erleben. Fast schon wie in alten Zeiten, als die „Romanische Nacht“ einem Happening mit Klappstühlen und Yogamatten glich.
Sängerin Nancy Vieira begeistert
Endlich gab es auch wieder ordentlich Weltmusik auf die Ohren. So trat die kapverdische Sängerin Nancy Vieira auf, ein Star der Szene. In Union mit ihrem baskischen Gitarristen Olmo Marín kam echte Urlaubsstimmung auf, als sie von Sonnenuntergängen und romantischer Liebe sang. Schließlich forderte sie das Publikum auch noch zum Mitklatschen und Mitsingen auf. Als Dank dafür erhielt sie einen tosenden Schlussjubel.
Ein Wermutstropfen war nur die fehlende Verstärkung. Vieiras wunderbar sonore, aber eher zarte Stimme kam in den hinteren Stuhlreihen viel zu leise an. Auch beim Gitarristen musste man die Ohren spitzen. Schade. Das hätte besser gelöst werden können, zumal der Jazzsängerin Simin Tander später Mikro und Monitor zur Verfügung standen. Die Kölnerin mit afghanischen Wurzeln ist eine flexible Stimmkünstlerin, die expressive Vokalisen gegen sanfte Linien setzt. Jens Düppe musizierte dazu gleichzeitig an Schlagzeug und Fender-Rhodes-Elektropiano, mit lässigen Rhythmen und hypnotischem Sound. Ein Set mit viel Atmosphäre.
Zu so später Stunde hörten allerdings nur noch wenige zu. Fast alle erlebten davor jedoch einen weiteren Glanzpunkt: Den Auftritt des englischen Vokalensembles VOCES8. Was für perfekte Stimmen! Lupenreine Harmonien, ein weich abgerundeter und zugleich fülliger Klang flutete den Kirchenraum. Geboten wurden Werke von der Renaissance bis zur Moderne. Einen lautstarken Zwischenapplaus gab es nach dem achtstimmigen „Regina Caeli“ des Spaniers Tomás Luis de Victoria. Und das „Lux Aeterna“ des britischen Empire-Komponisten Edward Elgar korrespondierte wunderbar mit dem zwei Stunden zuvor erklungenen Gegenstück von Ligeti.
Nicht zuletzt bot diese „Romanische Nacht“ wieder einmal ein Sommerfest in lockerer Atmosphäre. Im Innenhof des Kreuzgangs von St. Maria im Kapitol machten es sich viele zwischendurch gemütlich und genossen bei warmen Temperaturen einen kühlen Weißwein. Diesen Raum für Begegnungen schuf die Veranstaltung ja immer. Nie wurde ein strenges Konzertritual zelebriert. Das gelang auch diesmal.
Eine Stimme zum Nachhören
Wer zu weit hinten saß, sollte sich die Sängerin Nancy Vieira noch einmal anhören. Die 1975 auf den Kapverdischen Inseln geborene und in Lissabon aufgewachsene Künstlerin veröffentlichte zuletzt beim Label Lusafrica ihr fünftes Album „Manhã Florida“ (2018). Darauf zu bewundern ihre elegante und warme Stimme, die Lebensfreude mit Nostalgie vereint. Die Platte zeigt fabelhaft, wie sich europäische, afrikanische und lateinamerikanische Kulturen befruchten können. (mco)