Roman „Schweigen über Köln“Wie ein Mordfall am Stadtwald Verbindungen zur RAF knüpft
Köln – Friedrich-Schmidt-Straße, Ecke Vincenz-Statz-Straße in Lindenthal. Kann es Zufall sein, dass hier ein Mann erschossen wird? Genau an der Stelle, an der RAF-Mitglieder am 5. September 1977 den Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer entführten? Theresa Rosenthal glaubt das nicht. Gemeinsam mit ihrem testosterongesteuerten und skateboardverrückten Kollegen Marco Bär macht sich die Kommissarin hochadliger Abstammung daran, das Gras, das über die „Offensive 77“ gewachsen ist, kräftig abzumähen.
Für die Kölner Ermittlerin ist „Schweigen über Köln“ der dritte Fall. Den ersten („Rheingolf“) ließ sie ihre Schöpferin Maren Friedlaender noch ausschließlich lokal lösen, beim zweiten („Die Macht am Rhein“) bekam sie Amtshilfe vom Aachener Kollegen Michael Fett. Und Friedlaender einen Co-Autor in Gestalt des Düreners Olaf Müller. Der ist zwar diesmal, schreibend, nicht mit von der Partie, aber seine Figur mit dem absolut unzutreffenden Namen taucht trotzdem wieder auf. Und bringt die Gefühle der in dritter Ehe verheirateten Kommissarin erneut mächtig in Wallung.
Weil Rosenthal in den Siebziger Jahren gerade erst geboren war, muss ihre mit 93 Jahren noch taufrische Tante Clarissa als Nachhilfelehrerin in Sachen RAF ran. Was die Autorin nicht daran hindert, die Fakten, die Nichte Theresa „nur aus zweiter Hand“ kennt, nochmals zu repetieren und durch Internetrecherche zu vertiefen. Aber um fair zu bleiben: für Leser, die noch wesentlich später zur Welt kamen als die Serienheldin, mag das vielleicht vonnöten sein.
Ins Visier des Kölner Ermittler-Duos geraten nicht nur Ex-Sympathisanten und immer noch aktive Informanten, sondern auch die Angehörigen der RAF-Opfer. Menschen, die nie verwunden haben, was ihren Liebsten widerfuhr und die noch immer auf Vergeltung sinnen. Ist das Tatmotiv womöglich Rache?Zeitgleich sucht ein Vater seit Jahrzehnten vergeblich nach seiner Tochter, die in die Terrorszene abgedriftet und untergetaucht ist. Dieser Erzählstrang entwickelt dann plötzlich eine ungeheure Brisanz und Dynamik und mündet am Ende in ein Ereignis, dessen Ironie kaum grausamer sein könnte.
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Rosenthal-Fans rätseln indes, wie es mit dem charmanten Kollegen aus Aachen weitergeht. Zumal Georg, der amtierende Gatte der Kommissarin, kaum vorkommt. Bis aufs laue Geständnis, er sei in seiner Studentenzeit „höchstens Salonsozialist“ gewesen, hat er nur wenig zu sagen.
Maren Friedlaender: Schweigen über Köln. Gmeiner, 251 S., 12 Euro