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„R(h)ein ins Museum“ (4)Das bietet das Duisburger Museum Küppersmühle

Lesezeit 4 Minuten
Ein Garten der Liebe: Hans Hofmanns „Jardin d'Amour“.

Ein Garten der Liebe: Hans Hofmanns „Jardin d'Amour“.

Die Sammlung Haniel präsentiert sich im Duisburger Museum Küppersmühle erstmals einer breiten Öffentlichkeit. Ein neuer Teil unserer Serie „R(h)ein ins Museum“

Das Rheinland ist auch wegen seiner weitgefächerten Museumslandschaft beliebt. In der Serie „R(h)ein ins Museum“ stellt unser Autor Welf Grombacher einige Häuser vor, die überregionalen Ruf entwickelten – in der heutigen Folge das Museum Küppersmühle in Duisburg.

Otto Piene wollte eigentlich nur kleinere Lachen von überschüssigem Fixativ auf der Leinwand entfernen. „Um sie zu eliminieren, habe ich sie angezündet und konnte beobachten, dass im Abbrennen eine andere Form und eine andere Oberfläche entstehen.“ Das gab den Impuls für seine „Feuerbilder“. Arnulf Rainer löschte mit Übermalungen seine Motive aus. Und Lucio Fontana schnitt in die Leinwand ein Loch, um die Grenzen des Bilderrahmens zu verlassen und in seiner Konzeption der Kunst frei zu sein.

Ottio Piene, Arnulf Rainer und Lucio Fontana im Museum Küppersmühle

Sein Malerkollege Jean Fautrier brachte all diese ikonoklastischen Ansätze auf den Punkt: „Die Malerei ist etwas, das sich zwangsläufig zerstört, ja zerstören muss, um sich immer wieder zu erneuern.“

Gemälde der genannten Maler sind derzeit im Museum Küppersmühle zu sehen, wo sich die Sammlung Haniel erstmals mit der Ausstellung „Der eigene Weg“ der Öffentlichkeit präsentiert. Es könnte keinen besseren Ort geben. Beherbergt die Küppersmühle mit der Sammlung von Sylvia und Ulrich Ströher doch eine der schönsten Kollektionen deutscher Nachkriegskunst, was Abstraktion und Informel angeht.

Im 2021 eröffneten und auf spektakuläre Weise gelungenen Erweiterungsbau des Architektenbüros Herzog & de Meuron (allein das Treppenhaus ist einen Besuch wert) haben die Bilder am Duisburger Innenhafen ausreichend Raum und beweisen eindrucksvoll, dass neben den USA und Frankreich auch Deutschland, was ungegenständliche Kunst angeht, jede Menge zu bieten hat.

1983 erhielt Christian Graf Dürckheim als Familien- und Aufsichtsratsmitglied von Haniel vom damaligen CEO Hans-Georg Willers den Auftrag, das Konzept für eine Kunstsammlung zu erarbeiten.

Informel als deutsche Spielart der Abstraktion

Durch seine eigene Sammelaktivität mit der deutschen Nachkriegskunst vertraut, entwickelte er eine Leitlinie, die als inhaltlichen Ausgangspunkt „das Informel und sein Umfeld“ setzte. Der Neuanfang des traditionsreichen Familienunternehmens nach dem Zweiten Weltkrieg sowie die Neuausrichtung Anfang der 1980er Jahre von der Montanindustrie hin zum modernen Handels- und Dienstleistungsunternehmen sollten sich inhaltlich in der Sammlung widerspiegeln.

Was eignete sich da besser als das Informel als deutsche Spielart der Abstraktion, die nach 1945 für den unbelasteten Neuanfang stand und in den USA mit dem Abstrakten Expressionismus und in Frankreich mit dem Tachismus zur abstrakten Weltsprache gewachsen war.

Der Düsseldorfer Maler Winfred Gaul, der in der Sammlung mit einer luftigen Improvisation vertreten ist, fasste die Stimmung in Worte, die unter den deutschen Künstlern nach dem Nationalsozialismus herrschte: „Wir machten es uns schwer, statt es uns leicht zu machen. Statt der bekannten, verbrauchten, akademischen Schönheit, suchten wir eine andere, eine, die uns gemäß war, in der wir uns wiedererkennen konnten. Wir, die wir noch einmal davongekommen waren, aber nicht wussten, ob wir nun froh darüber sein sollten oder nicht.“

Neue Ausdrucksformen in der Kunst

Egal, ob die ikonoklastischen Ansätze von Otto Piene, Raimund Girke und Yves Klein, oder die eher lyrischen Kompositionen von Hans Hofmann, Willie Baumeister, Georges Mathieu und Hann Trier, der so schön sagte, „ich tanze mit den Pinseln“: Sie alle suchten nach Ausdrucksformen abseits der ausgetretenen Pfade.

Bislang hingen die 100 Bilder in Büros, Fluren und Besprechungsräumen der Konzern-Zentrale in Duisburg-Ruhrort. Jetzt adelt eine Museumsschau sie und lässt sie im Wert sicher nicht sinken.

Mag es auf den ersten Blick verwundern, dass sich in der Sammlung auch Namen wie Georg Baselitz oder Damien Hirst finden, so ließ Graf Dürckheims weitsichtige Leitlinie („und ihr Umfeld“) doch einen solchen erweiterten Fokus zu. Hirsts „Spin Painting“ von 2005, bei dem er Farbe auf einer sich drehenden Scheibe zerfließen ließ, steht ganz in der Tradition der Informel-Maler.

Als Auftragsarbeit hat der Brite außerdem bei einer Reihe seiner Apotheken-Schränke die Medikamenten-Packungen mit Firmenlogos der Haniel-Firmentöchter bedruckt. Eine Arbeit, die nicht ins Konzept passt. Aber wer hätte bei einem derart auf den Sammler zugeschnittenen Werk abgelehnt?

Wer mehr von den Malern sehen will, hat in der ständigen Präsentation der Küppersmühle die Möglichkeit. Das trifft auch auf die zweite Generation der Künstler zu, die bei Meistern des Informel in die Lehre gegangen sind, wie Gerhard Richter, der mit drei abstrakten Bildern von 1983 in der Haniel-Sammlung vertreten ist, oder Georg Baselitz, dessen „Haubentaucher“ (1971) jahrelang über dem Schreibtisch von Hans-Georg Willer hing.

Als der langjährige CEO in den Ruhestand ging, bekam er das Bild zum Abschied geschenkt. Später hat er es dann an die Haniel Sammlung zurückverkauft. Es bleibt also in der „Familie“.

Bis 5. Mai,Mi 14–18 Uhr, Do bis So 11–18 Uhr, Feiertage 11–18 Uhr, Duisburg, Philosophenweg 55.


Als nächstes widmet sich das Museum Küppersmühle in Duisburg der Düsseldorfer Malerin Karin Kneffel (*1957 Marl). Mit ihren ins Monumentale vergrößerten hyperrealistischen Bildern von Menschen, Heiligenbildern und Früchten zählt die ehemalige Meisterschülerin von Gerhard Richter zu den gefragtesten deutschen Künstlerinnen der Gegenwart. Die Ausstellung läuft in Duisburg ab dem 24. Mai. (welf)