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Premiere am Schauspiel KölnWenn die Cyborgs den Stecker zieh'n

Lesezeit 3 Minuten
Eigentum
(Let's Face It We're Fucked)
Eine Komödie von Thomas Köck
Regie: Marie Bues
 
Regie: Marie Bues
Bühne: Heike Mondschein
Kostüme: Amit Epstein
Musik: Kat Kaufmann
Licht: Michael Frank
Video: Camille Lacadee
Choreographie: Mason Manning
Dramaturgie: Sarah Lorenz
 
Foto: Thomas Aurin

Katharina Schmalenberg und ihre Mitstreiter.

Das Schauspiel Köln bringt das Stück „Eigentum“ aus Uraufführung heraus. Darin erzählt Autor Thomas Köck von den Katastrophen, die Menschen anrichten.

Wer dank Erbe, Konten oder Kredit das Dach überm Kopf erwerben konnte oder können wird, muss stark sein: „Eigentum“ ist mit Übel behaftet. Das war schon immer so und wird auch in Zukunft zu Katastrophen führen.

So zumindest lautet der Tenor des gleichnamigen Stückes von Thomas Köck, das jetzt im Depot 1 des Schauspiels Köln uraufgeführt wurde.

Köck spannt den Bogen von einer Inseleroberung durch den Entdecker James Cook über die Interessenten bei einer Hausbesichtigung bis zu den letzten Mitgliedern einer Raumschiff-Besatzung.

Letzte Zuflucht: All

Denn am Ende ist die Erde unbewohnbar geworden, die Menschen haben einander – im Stück als Bewohner eines großen Hauses – durch ständiges Bekriegen, durch ihre permanente Gier nach mehr zu Grunde gerichtet. Ein Cyborg schließlich zieht ihrer Existenz den sprichwörtlichen Stecker.

Um diese theater-sprengende Geschichte auf die Bühne zu bringen, setzt der österreichische Autor (Jahrgang 1986) überwiegend auf Mauerschau und Botenbericht: Er lässt erzählen, erzählen, erzählen.

In der schriftlichen Fassung verzichtet Köck dabei auf Groß- und Kleinschreibung oder Zeichensetzung, lässt Sätze unvollendet oder über das Zeilenende hinausgehen, ordnet seinen Text fast grafisch an. Dazu streut eher immer wieder floskelhafte Passagen auf Englisch ein.

„Eigentum“ am Schauspiel Köln: Bekannte Elemente

Inhaltlich tauchen bekannte Elemente und Topoi aus Horror und Science-Fiction auf (das Höllenbalg, das mit sanfter Miene die Eltern tötet; der durchs Weltall schwebende Garten). Manche Passage im Scharmützel um die verschiedenen Räume des besetzen Gebäudes könnte auch aus „Doktor Schiwago“ stammen – oder erinnert an althergebrachte beziehungsweise aktuelle russische Rechtfertigungsrhetorik.

Ein ziemliches Brett für das zwölfköpfige Ensemble, das sich damit aber mehr als nur bemerkenswert gut schlägt. Melanie Kretschmann, Birgit Walter (mit Barbara-Rütting-Gedächtnis-Frisur!) und Jörg Ratjen loten die Untiefen der Erzählung brillant aus.

Metallic-Outfits und Manga-Perücken

Justus Maier führt die Schar der Cyborgs in Metallic-Outfits und mit Manga-Perücken (Kostüme: Amit Epstein) in chorischen Sprechgesängen an. Florence Adjidome, Alexander Angeletta und Yuri Englert testen in wechselnden Paarkonstellationen, wohin Zuneigung führen kann.

Und Katharina Schmalenberg macht aus der kleinen, aber entscheidenden Rolle der Maklerin einen Showauftritt sondergleichen: Auf einem Hoverboard hereinrauschend, über und über mit Handtaschen behängt, könnte sie in jeder Immobilien-Reality-Show bella figura machen.

Flut von Informationen

In einer regal-artigen Konstruktion (Bühne: Heike Mondschein) lässt Regisseurin Marie Bues ihren Darstellerinnen und Darstellern den nötigen Freiraum, um die Textmassen von A nach B zu bewegen. Der Flut von mit Anspielungen gespickten, bisweilen im Maschinengewehr-Stakkato vorgetragenen Informationen, setzt in der reduzierten Kulisse klare Bilder entgegen, wie man sie eher im Tanztheater verorten würde (Körperarbeit und Choreografie: Mason Manning).

Es gibt also reichlich Schauwerte, die versuchen, einem zentralen Satz des Stücks etwas entgegenzusetzen: „Dieser Text hier will keine Antwort geben.“

Das ein oder andere Buh

Dessen „Seht selbst zu!“-Haltung schlägt sich auf das Premierenpublikum nieder. Unter den freundlichen, aber nicht allzu energiegeladenen Applaus, der schon zur Pause mager ausfiel, mischt sich das eine oder andere durchaus berechtigte Buh.

145 Minuten (inkl. Pause). Wieder am 15., 17. und 28.10., sowie 9.,10. und 14.11., jeweils unterschiedliche Uhrzeiten.