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Opernpremiere konzerntantDie „Perlenfischer“ punkten beim Publikum in Köln

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Sopranistin Sara Blanch in Bizets Oper Die Perlenfischer.

Sopranistin Sara Blanch in Bizets Oper Die Perlenfischer.

Die Premiere von George Bizets Die Perlenfischer fand beim Publikum hohe Anerkennung. Dass die Aufführung konzertant war, trübte die Stimmung nicht.

Prächtige Sträuße mit Paradiesvogelblumen und azurblauen Hortensien lassen ein bisschen vom exotischen Flair der Oper „Die Perlenfischer“ von George Bizet (1838 – 1875) vermuten. Ansonsten bleibt die Bühne bei der konzertanten Aufführung geradezu keimfrei von Folklore – keine Kostüme, keine Requisiten. Allenfalls das Licht changiert im Hintergrund von Saal zwei des Staatenhauses und vermittelt Stimmungen vom betörenden Sonnenaufgang über dem Indischen Ozean bis zur gewitterschwarzen Suppe.

Unwägbare Gefahren des Meeres

Alles andere muss das Publikum in der Fantasie hinzufügen: Das Camp der Perlenfischer beschränkt sich auf die Reihen des Chors der Oper, der mal sitzend, mal stehend singt. Statt nach Perlen taucht ihr Oberhaupt Zurga (Insik Choi) erst einmal nach dem Notenständer, um ihn hochzuschrauben. Allerdings folgt darauf so traumwandlerisch schöne Musik, ein so starker Auftritt des Baritons, dass alle Sparsamkeit der Bühne schnell vergessen ist.

Intensiv ist der Kontakt zu den Solisten und dem Gürzenich-Orchester unter dem prägnanten Dirigat von Nicholas Carter, und es gibt beim Premierenabend fast nach jeder Arie tosenden Applaus, als wollte das Publikum selbst die Wetterkapriolen nachahmen, um die es in der Oper auch geht. Schauplatz des Librettos von Michel Carré und Eugène Cormon ist der Inselstaat Ceylon.

Der Job der Perlenarbeiter ist hochgefährlich, gibt es doch Hammerhaie und die Unwägbarkeiten von Stürmen. Gerade wird Zurga als Oberhaupt gewählt. Neu kommt die Tempelpriesterin Leïla (Sara Blanch) hinzu. Sie wird damit beauftragt, Tag und Nacht zum Schutz der Taucher zu beten und mit ihrem Gesang bei Gott Brahma seinen Beistand in Gefahren der See zu erflehen.

Eine Dreiecksgeschichte wird daraus, als Nadir (Anthony Leon), ein Jugendfreund Zurgas, auftritt. Die beiden erneuern einen alten Treueschwur: In ihrer Jugend drohte ihre Freundschaft zu zerbrechen, als sie sich beide in dasselbe Mädchen verliebten. Sie verzichteten, um ihre Verbindung zu erhalten. Hinter dem Schleier der Tempelpriesterin verbirgt sich natürlich just die gemeinsame Jugendliebe.

Und so wunderbar, wie der Chor von der auf einem Boot herannahenden Schönheit singt, ist die Neugierde auf diese geweckt. Sara Blanch gewinnt mit ihrem lyrisch-leichten Sopran im Nu die Herzen der Zuhörer und erst recht das von Nadir und von Zurga. Nadir bricht den Treueschwur, womit auch Leïla gegen ihr priesterliches Gelübde verstößt. Die Perlenfischer und Zurga, aufgestachelt von Oberpriester Nourabad (Christoph Seidl), erfahren vom doppelten Eidbruch und fordern die Hinrichtung der Treulosen.

Von Eifersucht getrieben

Die Dramatik schreit nach einer szenischen Darstellung, aber der Vorteil der konzertanten Aufführung liegt darin, dass nichts von der Musik und der Ausdruckskraft der Solisten ablenkt. Tenor Anthony Leon ist im Quartett der Solisten vergleichsweise leise, hat aber so ein feines, inniges Timbre und ein Lungenvolumen, dass er für Bizets Perlenfischer wie geschaffen scheint. Im Duett „Ta douce Voix m'appiorte le bonheur“ (Deine süße Stimme macht mich glücklich) mit seiner angebeteten Leïla gewinnt Nadir alle Aufmerksamkeit im Saal. Gänsehautmomente stellen sich ein.

Von Eifersucht und Wut getrieben ordnet Zurga, den Insik Choi so lebensnah interpretiert, dass es wirklich auf Spitz auf Knopf zu stehen scheint, als er das Todesurteil der Liebenden ausspricht. Der Chor, der mit Rustam Samedov die hochvirtuose Musik einstudierte, spiegelt die Emotionen zur Schreckensnachricht ebenso nahbar wie das Orchester das rumpelnde Gewitter, das Ungemach ankündigt. Doch es gibt — abgesehen vom Feuer in der Basisstation der Perlenfischer — ein Happy End. Das Publikum ist mit zwei Stunden hochkarätigen Musikgenusses für alle fehlenden Bilder entschädigt. Die Bravorufe wollten nicht enden.

George Bizets Oper „Les pêcheurs de perles“, uraufgeführt 1863 in Paris, wird im Staatenhaus mit Übersetzungstext am Bildschirm gesungen. Weitere Aufführungen sind am 11. und 24. Juni jeweils von 19.30 – 22 Uhr mit Pause. Karten-Tel.: 0221/ 221 28 400.