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Neue AusstellungMAKK in Köln zeigt Schmuck aus 7000 Jahren

Lesezeit 4 Minuten
Dieter Roths "Zoo-Ring" gehört zu einer Kiste, in der diverse Tierköpfe liegen, die je nach Lust und Laune auf den Ring geschraubt werden können, Hamburg, 1975.

Dieter Roths "Zoo-Ring" gehört zu einer Kiste, in der diverse Tierköpfe liegen, die je nach Lust und Laune auf den Ring geschraubt werden können, Hamburg, 1975.

Das Museum für Angewandte Kunst Köln öffnet eine Schmuckausstellung mit 370 Raritäten aus 7000 Jahren. Erstmals digital zugänglich, zeigt sie die Rolle des Schmucks durch Kulturen und Epochen.

Manchmal ist es ein lächelndes Antlitz, dann wieder nur das einzelne Auge, das die Brosche oder den Anhänger ziert. Schon weit vor den Sozialen Medien war das Weitergeben von Bildern üblich. Nur aufwendiger. Griechen und Römer verzierten Siegelringe mit Gesichtern. Im 16. Jahrhundert nutzten regierende Häuser kostbare Porträtminiaturen als Mittel zur Brautwerbung.

Tropischer Juwelenkäfer

Klein, aber fein sind die in 28 Stationen hinter Glas ausgestellten Raritäten, die das Museum für Angewandte Kunst nun unter dem Titel „Faszination Schmuck. 7000 Jahre Schmuckkunst im MAKK“ zeigt. Tatsächlich ist das älteste Objekt ein kleiner Siegelring aus Mesopotamien aus der Zeit um 5000 vor Christus. Und der kunstgeschichtliche Exkurs anhand von Ringen, Gemmen, Colliers oder nützlichen Gürtelschnallen bis hin zum Manschettenknopf reicht in die Gegenwart.

Gisela Nicolaysen „Sektkorkenring“, Köln, 2015 (Foto:  DetlefSchumacher.com)

Gisela Nicolaysen „Sektkorkenring“, Köln, 2015

Dabei scheint die Frage nach der Echtheit so alt zu sein wie der Schmuck selbst: Feinst ziseliert wirkt die Oberfläche der intensiv grün schimmernden Kette. Tatsächlich sind es aber die Flügel des Tropischen Juwelenkäfers, eine Art Panzerdecke des Insekts mit der Stabilität eines Schneckenhauses und kein echter Juwel.

370 Exponate aus einem insgesamt 1700 Stücke umfassenden Fundus, der sich kontinuierlich erweitert, sind zu sehen. „Das wirft ein Glanzlicht auf die ganze Sammlung“, sagt Direktorin Petra Hesse. Sie sei froh, dass sie die Ausstellung zusammen mit Kollegin Lena Hoppe noch pünktlich vor dem großen Sparkurs der Stadt kuratiert habe. Die Schau ist zeitlich nicht befristet und über die neu gestaltete Webseite des Museums ab Mittwoch auch digital zugänglich.

Luxus für Massen

Die international bekannte Schmucksachverständige Beatriz Chadour-Sampson schrieb einen Beitrag für den neuen Katalog. Sie bescheinigt Köln neben der Schmuckstadt Pforzheim einen herausragenden Rang aufgrund der Sammlung im MAKK. Die gesellschaftlichen, sozialen, emotionalen und symbolischen Aspekte des Schmucks greift die Schau auch auf. Eine kostbare höfische Gürtelschnalle ist in der Vitrine zu sehen.

Aber auch der „Luxus für die Massen“ findet Platz. Als zum Ende des 18. Jahrhunderts in der Schmuckgestaltung Ersatzmaterialen wie geschliffener Stahl, Strass oder farbige Glaspaste Verwendung fanden, wurde es nicht nur preiswert, sondern auch modisch. Kurzum: Alle schmückten sich damit. Die Sammlung ist Ergebnis privater Stiftungen. So schenkte Kunstmäzen Wilhelm Clemens dem Museum eine Reihe seiner herausragenden Preziosen des Mittelalters und der Renaissance. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem 19. Jahrhundert, den die Stiftung Rosy Petrine Sieversen prägte.

James Menton Silversmith, Brosche, Birmingham, 1864 (Foto:  DetlefSchumacher.com)

James Menton Silversmith, Brosche, Birmingham, 1864

Es war eine der reichsten Epochen der europäischen Edelschmiedekunst mit Namen wie Lucien Falize, Carlo Giuliano oder den Gebrüdern Castellani. Diese orientierten sich in ihren Kreationen zum Beispiel an antiken Ausgrabungen aus Rom. Als Kölner Künstlerin wiederum bereicherte Elisabeth Treskow (1898 – 1992) das Museum mit ihrer umfangreichen Sammlung an Gemmen und antikem Schmuck. Aber auch eigenen Stücken – die einstige Professorin an den Kölner Werkschulen führte die antike Technik der Granulation wieder in die Schmuckkunst ein. Wie Lena Hoppe erklärt, lag die Schmuckgestaltung über Jahrhunderte fest in Männerhand.

Es gebe aber Belege, dass Frauen im antiken Ägypten und im europäischen Mittelalter als Goldschmiedinnen gearbeitet haben. Frauen war es dann aber wieder erst im frühen 20. Jahrhundert möglich, als Goldschmiedin zu arbeiten. Elisabeth Treskow war die erste Professorin der Zunft. Als erste Goldschmiedin in Deutschland legte Marga Jess (1885 – 1953) 1912 ihre Meisterprüfung ab. Den Frauen sei es gelungen, so Hoppe, einen eigenen Stil zu kreieren und die Schmuckgestaltung nachhaltig zu beeinflussen.

Coco-Cola-Collier

In den 1950er Jahren revolutionierte sich der Umgang mit Materialien und die Formensprache. Einfluss fanden auch die zeitgenössischen Strömungen der Bildenden Kunst wie Kubismus, Tachismus oder Informel. Auch bildhauerische Dimensionen erhielten die Schmuckstücke. Ein weiteres, zeitgenössisches Kapitel widmet sich dem Recycling, so dass auch das Coca-Cola-Collier von Wilhelm Tasso Mattar zu sehen ist. Oder der Wachsring von Susanne Sous, der mit seinem Docht als Kerze genutzt werden könnte. Als Schmuckstück ist er aber schöner.

Geöffnet ist Dienstag bis Sonntag, 10 - 18 Uhr. An der Rechtsschule 7.